29-Jähriger lenkte seinen Wagen auf die Gegenspur
Verhandlung vor dem Landgericht Ellwangen – Die Liste der Anklagepunkte ist lang
ELLWANGEN (ee) - Die Liste der Anklagepunkte ist lang. Im April 2016 soll ein 29-jähriger Mann ohne Führerschein und unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss gefahren sein, Fahrerflucht, Körperverletzung und versuchten Totschlag begangen sowie Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet haben. Seit Donnerstag läuft der Prozess gegen ihn vor der Schwurgerichtskammer in Ellwangen.
Verhandelt werden zwei Taten. Am 7. April 2016 soll der Angeklagte auf der Mutlanger Ortsumfahrung vorsätzlich seinen Polo auf die Gegenspur gelenkt haben, um sich mit einem Frontalzusammenstoß das Leben zu nehmen. Er rammte den Mini einer 63-jährigen Rentnerin, die aber so weit ausweichen konnte, dass nur das Heck ihres Autos erwischt wurde. Am 13. Juni 2016 nahm der Angeklagte heimlich das Geschäftsauto seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau, die daraufhin Anzeige erstattete. Als er von zwei Polizisten in Hussenhofen aufgegriffen wurde, soll er sich der Festnahme massiv widersetzt haben. Bei beiden Taten stand er unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss.
Der Angeklagte sagte, dass er seit Monaten keinen Alkohol mehr trinke und in Behandlung sei, um seine Abhängigkeit in den Griff zu bekommen. Nach seiner Scheidung habe er sich eine eigene Wohnung genommen. Zurzeit lebe er von Hartz IV. Er könne sich nicht erklären, weshalb er am 7. April so betrunken gewesen sei. Auf Nachfrage des vorsitzenden Richters Gerhard Ilg berichtete er, dass bis dahin alles gut gewesen sei. Erst nach dem Unfall habe er angefangen zu trinken. An den 7. April könne er sich nicht mehr erinnern, bis er im Krankenhaus aufgewacht sei. Er habe einen freien Tag gehabt und sei morgens auf dem Sofa gesessen, habe ferngesehen. Er habe keine Suizidabsichten gehabt. Richter Ilg warf ihm vor: „Sie beschönigen, verflachen, halten zurück. Ich glaube das nicht.“Er habe schließlich vormittags schon 2,6 Promille Alkohol im Blut gehabt und eine leere Flasche Wodka im Auto.
Dass er am Tag des Unfalls kaum ansprechbar war, bestätigten Notarzt und Rettungssanitäter. Der junge Mann habe wirr erzählt, dass er Tabletten genommen und Alkohol getrunken habe und dass er dabei die Absicht hatte, sich das Leben zu nehmen. Von einem Zusammenprall habe er nichts gewusst. Aber er habe versucht sich mit einem Messer den Hals aufzuschneiden, was zu einer tiefen Verletzung geführt habe.
Die Ex-Ehefrau bestätigte, dass ihr Ex-Mann freie Tage auf dem Sofa verbrachte. Er sei wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung gewesen. Oft habe er heimlich im Keller getrunken. Und es habe Streit mit seinen Adoptiveltern gegeben durch die Frage nach sexuellem Missbrauch in seiner Kindheit. Der 29-jährige war mit 18 adoptiert worden. Am 13. Juni, berichtete die Exfrau, habe er heimlich den Schlüssel für ihren Firmenwagen genommen und sei weggefahren. Sie zeigte ihn an.
Zwei Beamte stellten ihn auf einem Parkplatz. Laut Angeklagten wurde er aus dem Fahrzeug gezerrt und auf den Boden gedrückt. Im Krankenhaus, so Richter Ilg, seien mehrere Verletzungen bei ihm festgestellt worden. Die Beamten bestätigten, dass es vorkommen kann, dass Verdächtige, die sich widersetzen, bei der Festnahme verletzt werden können. Es sei eine große Kraftanstrengung gewesen, den Verdächtigen auf den Boden zu bekommen und zu fesseln. Er habe 1,46 Promille Alkohol im Blut gehabt, aber weniger betrunken gewirkt.
Gutachter Dr. Thomas Heinrich, stellte für den 7. April eine eingeschränkte Schuldfähigkeit fest, nicht aber für den 13. Juni. Er riet zu einer stationären Therapie. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.