Chorgesang für ein anstößiges Pferd
Intonata singt bei der Stadtführung mit Ruth Julius – 43 Interessierte
ELLWANGEN (R.) - Auf den Spuren adeliger Fürstpröpste, vornehmer Stiftsherren, wohlhabender Bürger und fleißiger Handwerker sind am Mittwochabend 43 Besucher gewandelt. Mit Stadtführerin Ruth Julius und dem Rindelbacher Chor Intonata unter Anke Renschlers Leitung entdeckten sie die schönsten Ecken des Klosterbezirks und der historischen Altstadt.
Erste Station war das Haus Zimmerle, der ehemalige Gasthof Zum Schwarzen Adler mit Posthalterei. Hier speiste 1777 Mozart zu Mittag. 20 Jahre später übernachtete Dichterfürst Goethe hier und fand Ellwangen immerhin „erwähnenswert“. Von den Stuttgarterinnen behauptete er, sie seien hässlich: „In Ellwangen hat er sich das nicht erlaubt“, so Ruth Julius. Intonata stimmte mit einer kleinen Nachtmusik auf den Abendspaziergang ein.
Zur gesungenen Aufforderung „I’m walking“ging’s vom Klosterbezirk, in dem der Klerus und reiche Bürger wohnten, zum mittelalterlichen Turm der Bürgergarde in der Hafnergasse. Die 1756 von Fürstpropst Anton Ignaz Reichsgraf Fugger gegründete Garde diente ausschließlich repräsentativen Zwecken. Die Hafnergasse ist nach den „Häfelesmachern“, den Töpfern, benannt. Was die Belästigung durch Gerüche angeht, waren sie angenehmere Nachbarn als die Gerber. Die hingen in der Pfarrgasse im Innenhof des einzigen Hauses mit Galerie Tierhäute zum Trocknen auf. Da konnte man sich nur mit Intonata „Weit weit weg“wünschen.
Am Brunnen gab’s den neuesten Klatsch
Vorbei an Karl-Heinz Knoedlers Stadtfischerbrunnen ging’s zur Marienkirche, bis 1802 Pfarrkirche im Stadtgebiet. Hans-Dieter Bohnets runder Brunnen an der Kirche lädt zur Begegnung. Das war schon so, als Ellwangen fast 40 Brunnen hatte: „An den Brunnen erfuhr man den neuesten Klatsch“, so Ruth Julius. 1895 wurden die städtische Wasserversorgung eingeführt und die Brunnen stillgelegt. Ähnliches widerfuhr dem Ross der Aktion „Schwing die Hufe“, das halb Mensch, halb Pferd neben der Marienkirche stand: „Eine halb nackte Dame an einer roten Laterne vor einer katholischen Kirche. Damit machte man sich nicht nur Freunde“, so die Stadtführerin. Intonata besang das anstößige Pferd, das an der Mauer begraben liegt.
Im Zollwärterhäuschen an der Stadtmauer parkte der Besitzer Motorräder, die er wie die Rex-Einmachgläser in Bad Homburg herstellte: daher der Namenszug „Horex.“Die Spaziergänger hörten von Intonata „Muss i denn“und im barocken Palaisgarten Beethovens Ode an die Freude.
Am Haus Adelmannsgasse 6, der alten Wagnerei von Köders Fritz, in der bis heute sein Kittel und Hut hängen, erfreute der Chor mit dem Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“. Vom schmucken Palais der Grafen Adelmann mit Bel Etage und Intonatas „Daydream Lullaby“ging’s am Knoedler-Brunnen vorbei zur Basilika.
Hier, wo Ellwangens Stadtgeschichte 764 begann, endete der Abendspaziergang mit Armstrongs „What a wonderful World“.