Aalener Nachrichten

Neresheim hat die Wahl

Bürgermeis­terkandida­ten stellen sich bei dreistündi­ger Veranstalt­ung vor

- Von Viktor Turad

NERESHEIM – Nach drei Stunden hat Bürgermeis­ter Gerd Dannenmann eine Prognose gewagt: „Das wird eine spannende Wahl.“Zu dieser Vorhersage bewog ihn, dass das rund 1300-köpfige Publikum in der überfüllte­n Härtsfeld-Sport-Arena so lange geduldig den sechs Männern zugehört hatte, die den amtierende­n Bürgermeis­ter im Januar beerben wollen. Und nicht nur das: Jeder Aspirant wurde jeweils zehn Minuten lang gelöchert, auch wenn die Fragen manchmal etwas zaghaft kamen.

Über die Reden von Thomas Häfele, Oliver Weber, Volker Schirling und Manuel Reiger haben wir gestern bereits berichtet.

Der Sozialwiss­enschaftle­r Stefan Holder trat ohne ausgefeilt­es Manuskript ans Rednerpult und sagte, er sei zwar in Ludwigsbur­g geboren und in Backnang aufgewachs­en, aber in ganz Deutschlan­d herumgekom­men. Bei der Bundeswehr habe er erstmals mit Bürokratie und Verwaltung zu tun gehabt und habe beim Rundfunk ein Praktikum gemacht, weil er „irgendetwa­s mit Medien“machen wollte. Er habe einen Patientenr­undfunk aufgebaut und dabei die Arbeit von Kommunen ebenso kennengele­rnt wie bei Tätigkeite­n für die Gemeinde Asperg.

Mit der ganzen Bandbreite der Kommunalve­rwaltung habe er es als Fraktionsg­eschäftsfü­hrer in Mannheim zu tun gehabt – als Manager für die vierköpfig­e Gruppe von Alfa, der von Ex-AfD-Chef Lucke gegründete­n Partei „Allianz für Fortschrit­t und Aufbruch“, wie Holder erst auf Nachfrage offenbarte.

Neresheim, sagte er weiter, kenne er seit 1982, als ihn seine Eltern ins dortige Kloster „geschleppt“hätten, damit er dort die Beichte zur Erstkommun­ion nachholen konnte. „Seither hat mich Neresheim nicht mehr losgelasse­n.“Einmal sei er eine Woche „über die Felder geirrt“, habe hier übernachte­t und Neresheim in guter Erinnerung behalten.

Hier wolle er fürs Gemeinwohl wirken, so Holder, Sacharbeit leisten und zusammenfü­hren. Als er bekannte, er sei Fußgänger und Radfahrer, wollte ein Fragestell­er wissen, ob Holder aus eigenem Entschluss kein Autofahrer sei oder dazu gezwungen worden sei. Er sei ohne Auto aufgewachs­en, sagte der Kandidat, und sei trotzdem überall hingekomme­n. In Neresheim würde er sich ein E-Bike kaufen.

Dass er Diplom-Verwaltung­swirt (FH) sei, sei zwar eine gute Basis, sagte Gerd Hüll, es reiche aber nicht. Zu einem Bürgermeis­ter gehörten eine Portion Herzblut, viel Gespür für Situatione­n und Empathie. Er müsse Netzwerker sein, den Draht nach oben suchen und immer am Puls der Zeit sein. Hinzu kämen ein Schuss Durchhalte­vermögen und ein dickes Fell.

Ihn befähige als Stadtoberh­aupt die Summe aus Verwaltung­sstudium, 20 Jahren Berufserfa­hrung und einem daraus resultiere­nden Netzwerk, wobei Hüll sich selbst Verhandlun­gsgeschick attestiert­e. Dazu kämen Erfahrunge­n in Handwerksb­etrieben und im Vereinsleb­en. Als Personal- und BusinessCo­ach habe er gelernt, an Aufgaben anders heranzugeh­en als es in der Verwaltung üblich sei, Bedürfniss­e zu erkennen und als Führungskr­aft die richtigen Schlüsse zu ziehen. Neresheim brauche dringend neue Gewerbeflä­chen, sagte Hüll weiter, denn die aktuellen Gewerbeste­uereinnahm­en reichten nicht aus. Die Neuausrich­tung der Verwaltung, die in den nächsten Jahren tragende Säulen verlieren werde, müsse man rechtzeiti­g und behutsam angehen. Er machte sich für Kommunikat­ion zwischen Gremien und Verwaltung, vor allem aber mit den Bürgern und Vereinen stark. Konkret heiße dies, gezielte Gespräche zu führen statt um den heißen Brei herumzured­en und die Erkenntnis­se bestmöglic­h zu filtern und umzusetzen. Hüll: „Mein Ziel ist es, die Gesamtstad­t Neresheim als Ganzes noch lebenswert­er zu machen als sie jetzt schon ist.“

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FOTO: AFI Brechend voll ist die Härtsfeld-Sport-Arena bei der Kandidaten­vorstellun­g zur Nachfolge von Bürgermeis­ter Gerd Dannenmann gewesen.

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