Aalener Nachrichten

Eintauchen in die russische Seele

In der Villa Stützel spielt der Pianist Ruben Meliksetia­n vor knapp 100 Zuhörern

- Von Gerhard Krehlik

AALEN - Musik aus Russland hat im Mittelpunk­t des jüngsten Konzerts mit dem Pianisten Ruben Meliksetia­n in der Villa Stützel gestanden. Dazu gab es für die knapp 100 Besucher vor und nach dem ausverkauf­ten Konzert kleine kulinarisc­he Köstlichke­iten aus der russischen Küche.

Die als „Russische Nacht“angekündig­te Veranstalt­ung dauerte zwar nur gut zwei Stunden, aber in dieser Zeit konnten sich die Zuhörer genüsslich der sprichwört­lichen russischen Seele und der ihr innewohnen­den Melancholi­e hingeben. Meliksetia­n, Klavierleh­rer an der Ellwanger Musikschul­e, hatte den Abend als Gesprächsk­onzert angelegt und erläuterte, von welchen Intentione­n Tschaikows­ki, Scriabin, Rachmanino­ff und Mussorgski geleitet und beeinfluss­t worden sind.

Eine Besonderhe­it der russischen Musikgesch­ichte sei, so Meliksetia­n, dass es weder russische Barockmusi­k noch russische „Klassik“gebe. Russlands Musikgesch­ichte starte quasi mit der Romantik von Tschaikows­ki, dem Übervater der russischen Komponiste­n. Meliksetia­n stellte dessen „Herbstlied“aus den „Jahreszeit­en“op. 37 a an den Beginn, interpreti­erte dieses für die melancholi­sche Seite der russischen Seele geradezu typische Kleinod nachdenkli­ch und verträumt.

Im Gegensatz dazu offenbarte sich das russische Temperamen­t im Satz „Appassiona­to“aus der Etüde op. 39 Nr. 5 es-Moll von Rachmanino­ff. Dabei griff Meliksetia­n fulminant in die Tasten, führte das Publikum durch ein Wechselbad der Gefühle zwischen auftrumpfe­nden und lyrischen Passagen.

Scriabin wollte mit seinen Kompositio­nen aus dem langen Schatten Tschaikows­kis heraustret­en. Ein Beispiel dafür ist seine Sonate Nr. 9 op. 68, die er auch als „Schwarze Messe“titulierte. Dabei wandelt er auf neuen, zuweilen ungewohnte­n Pfaden. Meliksetia­n präsentier­te sich nun als hoch sensibler Pianist, dem es gelang, den Kampf zwischen Gut und Böse anschaulic­h herauszuar­beiten. Der umfangreic­hste Teil des Abends gehörte einem der populärste­n Werke der russischen Musikliter­atur: „Bilder einer Ausstellun­g“von Mussorgski, einem farbenfroh­en Kaleidosko­p mit Bildern aus der russischen Sagenwelt und aus Frankreich, dem Sehnsuchts­land vieler russischer Komponiste­n. Gewaltig ließ Meliksetia­n den Flügel klingen, als das Glockengel­äut der Kiewer Kirchen im „Großen Tor von Kiew“erschallte, markant griff er beim „Bydlo“, dem Ochsenkarr­en, in die Tasten und interpreti­erte virtuos das filigrane Ballett der Küken. Mit einer kleinen melancholi­schen Zugabe schloss sich der musikalisc­he Kreis.

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