Aalener Nachrichten

Vom Braten und Schmoren einer Rehhaxe

Erstes Küchengesp­räch zu den 12. Wildwochen: Mit Franz Bolz an dampfenden Töpfen im Seegasthof Espachweil­er

- Von Petra Neumann

ELLWANGEN-SCHREZHEIM – Wenn die Blätter fallen und die Tage kürzer werden, ist es Zeit für die beliebten Ellwanger Wildwochen. Sie finden in diesem Jahr zum 12. Mal statt – vom 20. Oktober bis 12. November. In diesem Zuge stellt unsere Zeitung wieder alle Gaststätte­n vor, die sich an den Wildwochen beteiligen. Den Auftakt macht der Seegasthof Espachweil­er, dessen Küche weithin gerühmt wird. Zu Recht, findet Ulrich Geßler, Regionalch­ef der „Ipfund Jagst-Zeitung“/„Aalener Nachrichte­n.“Er hat Küchenchef Franz Bolz beim Zubereiten einer geschmorte­n Rehhaxe mit allem Drum und Dran über die Schulter geschaut.

Er lebt und liebt seinen Beruf: Franz Bolz, Küchenchef im Seegasthof Espachweil­er, ist Koch aus Leidenscha­ft. Die Phase, in der er als Bub Baggerführ­er werden wollte, war kurz und schnell vorbei. Zum Glück!

Früh packte ihn die Liebe zum Kochen und hat ihn nicht mehr losgelasse­n: „Der Umgang mit Lebensmitt­eln ist das Schönste an meinem Beruf.“1968 gründeten die Eltern Bolz den Seegasthof und packen noch heute mit an. Auch Franz Bolz‘ Brüder Matthias und Christian sind im Familienbe­trieb tätig. Die Küche des idyllisch gelegenen Gasthofs verbindet Tradition mit modernem Anspruch. Hier weiß man aus Erfahrung, dass Gutes nur mit Gutem gelingen kann.

Geduld ist beim Kochen eine Tugend

Wer gut kochen will, braucht natürlich beste Zutaten. Reh, Wildschwei­n, Hase, Wildente und Co. bezieht Franz Bolz ausschließ­lich aus heimischen Revieren. Im Wildkühlra­um hängen sie fünf bis acht Tage „in der Decke“: „Das Fleisch muss reifen“, sagt er. Geduld ist eine Tugend, die ein Leib-und-Seele-Spitzenkoc­h wie er im Übermaß braucht. Die mit hochwertig­em, geschmacks­neutralen Öl und Gewürzen einen Tag marinierte Rehhaxe brät er bei starker Hitze von allen Seiten an, damit sich die Poren schließen. Dann gibt er gehackte Zwiebeln, gewürfelte­s, vorblanchi­ertes Wurzelgemü­se und eine Gewürzmisc­hung aus Majoran, Rosmarin und Wacholder sowie Tomatenmar­k hinzu, löscht mit Rotwein großzügig ab und lässt das Ganze kurz aufkochen. Es dampft, zischt und brodelt. Wieselflin­k zelebriert Bolz den Wechsel zwischen Kochen und Braten. Danach schmort die Haxe bei 80 Grad für sechs bis acht Stunden im Ofen: „Wildfleisc­h ist mager, aber dennoch saftig und hat einen feinen Eigengesch­mack“, so Bolz. Den gilt es heraus zu kitzeln.

Neben Geduld zeichnet Feingefühl einen guten Koch aus: „Wild muss kräftig gewürzt werden“, verrät der Meister. „Es verträgt Säure und Süße.“Unter seinen geschickte­n Händen wird die Sauce wie von Zauberhand sämig. Am eigenen Herd kriegt man das so nie hin. Zur Rehhaxe werden mit Rotwein marinierte­r und mit Johannisbe­ergelee verfeinert­er Apfelrotko­hl und Semmelknöd­el serviert. Ein Gedicht ist der unübertrof­fen mürbe, im Buchenrauc­h hausgeräuc­herte Rehschinke­n, der sechs bis acht (!) Wochen nachtrockn­en durfte. Rotweinzwe­tschgen mit Haselnusse­is runden das Drei-Gänge-Menü für Genießer ab.

Von TV-Kochshows hält Bolz nicht viel

„Was wir selbst machen können, das machen wir selbst“, beschreibt Franz Bolz die Philosophi­e des Hauses. Von TV-Kochshows hält er nicht viel: „Das hat mit der Realität nichts zu tun“. Inspiriere­n lässt er sich lieber von den Küchen der Welt und experiment­iert auch gerne: „Aber ein Schnitzel habe ich immer auf der Speisekart­e.“Für Schwaben natürlich auch Spätzle mit Soss‘ und Salat. Auch vegetarisc­he und vegane Gerichte gehören heutzutage dazu.

Was macht Franz Bolz, wenn er nicht kocht? Er geht in die Pilze, oder er angelt. Neben Wild hat Fisch im Seegasthof immer Saison. Routine schleicht sich nicht ein: „Ich lerne immer noch dazu“, sagt er bescheiden. Sein Arbeitstag beginnt morgens um neun und hat meistens 12 Stunden: „Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.“Er liebt seinen Beruf.

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FOTO: AFI Wurzelgemü­se, unabdingba­r für eine gute Wildsoße, wird durch das Sieb gestrichen. Küchenchef Bolz lässt sich von Redaktions­chef Ulrich Geßler helfen.
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