Xi Jinping träumt von globaler Führung
KP-Chef sieht den Sozialismus in China in einer „neuen Ära“angekommen
- Chinas Parteichef Xi Jinping kam schon im zweiten Satz seiner Eröffnungsrede vor dem Parteitag auf sein größtes Anliegen zu sprechen. Er las einen Aufruf vor, der auch auf dem roten Transparent stand, das sich durch die Große Halle des Volkes zog. Die Kommunistische Partei müsse „Chinas Traum“über die Entwicklung des Landes bis 2020 zu einer „mittleren Wohlstandsgesellschaft“realisieren und danach die „Wiederbelebung der Nation.“Das seien die Ziele innerhalb der „neuen Ära, in die Chinas besonderer Sozialismus eingetreten ist.“
Den Eintritt ins neue Zeitalter des chinesischen Sozialismus verdankt das Land – nach Meinung der Pekinger Propaganda – vor allem den Erfolgen der Herrschaft unter Xi in den vergangenen fünf Jahren. Der 64-Jährige demonstrierte bei seinem Auftritt vor 2300 Delegierten, wie selbstbewusst und unangefochten er inzwischen die 90-Millionen-MitgliederPartei führt. Um Punkt neun Uhr schritt er als Erster auf die Bühne des Präsidiums. In exakt eineinhalb Metern Abstand folgten ihm seine Vorgänger, die ehemaligen Parteichefs Hu Jintao und der 91-jährige Jiang Zemin. Auch andere Veteranen hatte Xi als Geste der Unterstützung für ihn eingeladen. Alle kamen, darunter drei frühere Premierminister.
In seiner dreieinhalbstündigen Rede zog der starke Mann Chinas ein Fazit der wirtschaftlichen und technologischen Erfolge seiner ersten Amtszeit. Er gab aber nur wenige neue Maßnahmen bekannt. So soll die Partei die Boden-Pachtrechte für die Bauern, die landesweit 2027 auslaufen, um weitere 30 Jahre verlängern. Beim Kampf gegen Korruption werde sie sich künftig an Recht und Gesetz halten, versprach Xi. Die berüchtigte „Shuanggui-Regel“, wonach Funktionäre ohne Richter und Anwälte von Parteiinspektoren festgenommen und an unbekanntem Ort verhört wurden, soll abgeschafft werden. Xi sprach sich aber nicht für neue Wirtschaftsoder politische Reformen aus. Er beharrte weiter auf der Reideologisierung, auf Zensur und Kontrolle der Schulen, Medien oder des Internets und der Verfolgung von Anwälten und Bürgerrechtlern.
Alleinherrschaft der Partei
Immer wieder kam Xi auf das „neue Zeitalter“des chinesischen Sozialismus zu sprechen. Er zog historisch den Bogen von der Oktoberrevolution 1917 bis zu Fehlschlägen, die er nicht weiter erklärte. Sie haben China veranlasst, nach einem eigenständigen, sozialistischen Weg zu suchen. Dazu gehört auch, die Marktwirtschaft zu nutzen. Dennoch halte die Partei am „Wirtschafts- und Verteilungssystem des Sozialismus“fest, sagte Xi, ebenso wie an der Alleinherrschaft und „Führung durch die Partei“. Manche Länder sehen das als Vorbild an, weil Chinas Mischsystem wirtschaftlich erfolgreich war, China seine absolute Armut überwinden konnte und zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufstieg.
Xi treibt der Ehrgeiz an, aus China eine moderne sozialistische Weltmacht zu machen. Das würde ihn innerhalb der Partei auf Augenhöhe mit Staatengründer Mao Tsetung und Reformarchitekt Deng Xiaoping setzen. Nach den bisherigen Plänen der Partei soll China sich bis 2020 zu einer im weltweiten Vergleich mittelstarken Großmacht mit durchschnittlich mittlerem Wohlstand seiner 1,3 Milliarden Menschen entwickeln. Bis 2050 würde die Volksrepublik, die sich noch als Entwicklungsland versteht, mit der industrialisierten Welt gleichgezogen haben. Das Land würde überall auf Spitzenplätzen stehen, „politisch, kulturell, ethisch, sozial und ökologisch.“ China wäre „globaler Führer, wenn es um nationale Stärke oder internationalen Einfluss geht“. Die Nation wäre zudem ein „stolzes und aktives Mitglied der Völkergemeinschaft“.
Solche Versprechungen stehen in krassem Widerspruch zu vielen anderen Aussagen und auch zur zunehmenden Kritik ausländischer Wirtschaftskammern am Reformstau in Peking. Der Partei wird vorgeworfen, sich nicht nur in Staatsbetrieben, sondern auch in privaten Wirtschaftsunternehmen festzusetzen und die alte Planwirtschaft wieder zum Leben zu erwecken. Für Xi aber ist der Eingriff der Partei eine der Besonderheiten in der „neuen Ära des chinesischen Sozialismus“: „Sie muss jeden Aspekt des Lebens in China leiten.“China sei ein sozialistisches Land, „das unter der demokratischen Diktatur des Volkes steht“.