Kein großes Kino
„Schneemann“– Erste Verfilmung eines Nesbo-Krimis erinnert an eine solide TV-Produktion
Mit „Schneemann“wurde erstmals ein Thriller des norwegischen Bestsellerautors Jo Nesbø verfilmt. Doch die britische Produktion mit Michael Fassbender als besessenem Kommissar Harry Hole kann trotz der hochklassigen Besetzung nicht recht überzeugen.
Eine junge Mutter verschwindet mitten in der Nacht spurlos. Vor ihrem Haus im verschneiten Oslo findet die Polizei einen Schneemann, der das Halstuch der Vermissten trägt. Kommissar Harry Hole wird zusammen mit der jungen Kollegin Katherine Bratt auf den mysteriösen Fall angesetzt und stellt schon bald fest, dass der Täter ein Spiel mit ihm spielen will.
„Schneemann“ist die erste Verfilmung eines Jo-Nesbo-Bestsellers, das siebte Buch aus der Thrillerreihe um den Kriminalbeamten Harry Hole. Fassbender spielt den trinkenden Ermittler als schlaflosen, abgewrackten, aber dennoch sympathischen Typen, der sich in die Arbeit stürzt, weil seine Beziehung kaputt ist und er außer Alkohol und Musik kaum Interessen hat.
„Ich brauche dringend einen Fall“, erklärt Hole seinem Vorgesetzten Gunnar zu Beginn. „Es tut mir leid, dass Oslo so eine niedrige Mordrate hat“, entgegnet der. Doch das ändert sich bald und Hole rätselt nicht nur über das Verschwinden mehrerer Frauen, das offenbar eine Vorgeschichte hat, sondern auch über das seltsame Verhalten seiner neuen Kollegin (Rebecca Ferguson).
Bevor „Schneemann“in Produktion ging, gab es einige Hindernisse. Ursprünglich sollte der Film in Chicago spielen und Hollywood-Veteran Martin Scorcese, der einer der ausführenden Produzenten des Films ist, die Regie übernehmen. Doch wegen anderweitiger Verpflichtungen Scorceses wurde schließlich der Schwede Tomas Alfredson („Dame, König, As, Spion“) engagiert.
Der Film spielt nun getreu der Literaturvorlage überwiegend in den norwegischen Städten Oslo und Bergen. Die malerische Schneelandschaft hat Alfredson als düstere Ödnis inszeniert. Das erkennbar Norwegische hat er bewusst verschleiert, um dem Film einen internationalen Anstrich zu geben. So haben die Polizeiwagen keine Beschriftung. Man sieht kaum Namen auf Geschäften oder irgendwelche Schilder.
Neben dem in Deutschland geborenen Iren Fassbender und der Schwedin Ferguson ist die Französin Charlotte Gainsbourg („Nymphomaniac“) als Holes Ex-Freundin Rakel zu sehen, die auch nach dem Ende der Beziehung Gefühle für ihn hegt. Oscargewinner J. K. Simmons spielt einen zwielichtigen Mäzen, Val Kilmer den Ex-Kommissar Gert Rafto.
Zunächst setzt Alfredson auf subtile Spannung, im späteren Verlauf überrascht der Film dann aber mit ein paar drastischen Gewaltdarstellungen. „Schneemann“hat durchaus spannende Momente. Aber das Drehbuch, an dem Jo Nesbo nicht beteiligt war, wirkt insgesamt zu konstruiert und einfach nicht schlüssig genug. Die Figuren verhalten sich oft zu irrational, einige Charaktere scheinen gar überflüssig. Und so bietet „Schneemann“trotz seiner hochklassigen Besetzung kein großes Kino, sondern geht eher als durchschnittlicher TV-Krimi durch. (dpa)
Regie: Tomas Alfredson. Mit Michael Fassbender, Rebecca Ferguson, J. K. Simmons, Val Kilmer. Großbritannien 2017. 119 Minuten. FSK ab 16.