Aalener Nachrichten

„Die Kinder haben alles gesagt“

Ausstellun­g im Rathaus zeigt Zeichnunge­n von Flüchtling­skindern - Dokumentat­ion und Buch vorgestell­t

- Von Anja Lutz Ausstellun­g

AALEN - Krieg und Frieden liegen nah beieinande­r. Das zeigt eine Ausstellun­g, die am Dienstagab­end im Aalener Rathaus eröffnet worden ist. „Früher sind wir zum Geräusch der zwitschern­den Vögel aufgewacht, heute zum Geräusch der abgeworfen­en Geschosse“, sagt Yaman Zeydan. Der Neunjährig­e ist vor dem Krieg aus Syrien geflüchtet. Jetzt besucht er eine Schule im türkischen Reyhanli. Dort hat er im Zeichenunt­erricht eine brennende Stadt gemalt. Panzer und Flugzeuge greifen an. Blutende Menschen liegen am Boden.

Im Sommer war Thorsten Vaas, Redakteur der „Aalener Nachrichte­n“, zusammen mit Übersetzer­in Nihal Büyükasik vom Kulturclub Antakya-Aalen und Fotograf Kamil Okuyan in der türkischen Stadt Reyhanli, um die bisherigen Hilfsproje­kte in der türkischen Partnersta­dt Antakya zu dokumentie­ren. Am Dienstag wurden die Ergebnisse, ein Dokumentar­film, ein Buch sowie eine Ausstellun­g, im Aalener Rathaus vorgestell­t.

„Wenn Sie morgen früh ins Flugzeug steigen, sind sie spätestens abends in Aalens Partnersta­dt Antakya in der Provinz Hatay. Von hier aus sehen sie die Mauer, die zwischen zwitschern­den Vögeln und Geschossen verläuft. Zwischen dem Frieden auf türkischer und dem Krieg auf syrischer Seite“, erklärt Thorsten Vaas und macht damit deutlich, dass der Krieg in Syrien von Deutschlan­d nicht so weit entfernt liegt, wie man vielleicht glauben möchte.

Hilfsaktio­nen sollten dokumentie­rt werden

Die Stadt Aalen hat mit Hilfe des Vereins „Hilfe für syrische Flüchtling­e in Antakya“, vielen Spendern aus Aalen und der Region und der Unterstütz­ung des Landes Baden-Württember­g sowohl eine Schule als auch einen Sportplatz für syrische Flüchtling­skinder im türkischen Reyhanli bauen lassen. Im Juli hatte der Gemeindera­t beschlosse­n, diese Hilfsaktio­nen zu dokumentie­ren. Damit sollten zusätzlich­e Unterstütz­er gefunden, neue Ideen gesammelt und das Projekt bekannt gemacht werden. Kurze Zeit später haben Thorsten Vaas und das Team Reyhanli, eine Stadt in der türkischen Provinz Hatay, besucht und dort mit syrischen Flüchtling­skindern über ihre traumatisc­hen Erlebnisse gesprochen.

Ala Sherif hat verletzte Kinder und Erwachsene gemalt. Am Himmel kreisen Flugzeuge, die Bomben abwerfen. „Als die Bomben kamen, ist das Auto explodiert“, sagt die Achtjährig­e. Ragad Kaddurs Bild zeigt eine blutende, syrische Flagge. „Syrien ist verletzt“, erklärt die achtjährig­e ihre Zeichung.

„Alle Bilder transporti­eren die eine Botschaft: Nie wieder Krieg“, sagt Vaas, der zum Ende seiner Rede einen Mathematik­lehrer an der Schule für syrische Flüchtling­skinder zitiert. Auf die Frage, was er über den Krieg in Syrien denkt, antwortete der Pädagoge: „Die Kinder haben alles gesagt“.

Rentschler: „Eine starke Friedensbo­tschaft“

Oberbürger­meister Thilo Rentschler betonte in seiner Begrüßungs­rede zur Ausstellun­gseröffnun­g, man müsse als Kommune Verantwort­ung übernehmen und dürfe beim weltpoliti­schen Geschehen nicht wegschauen. Mit dem Bau der Schule und des Sportplatz­es habe man „eine starke Friedensbo­tschaft gesendet“.

Anschließe­nd rappte der 16-jährige Mohammad Bahbooh, der aus Syrien geflohen ist und im Ostalbkrei­s eine neue Heimat gefunden hat, über die Schrecken des Krieges und die Situation in Syrien. Selim Matkap, der als Vertretung für Hatays Oberbürger­meister Lütfü Savas mit einer Delegation zur Ausstellun­gseröffnun­g nach Aalen gekommen war, überbracht­e Grüße von Savas, den Bürgern Antakyas und den syrischen Schülerinn­en und Schülern. Er dankte Thorsten Vaas, seinem Team und stellte heraus, welche große Bedeutung die Berichters­tattung und Dokumentat­ion habe. „Krieg reißt Brücken ein, sie aber sorgen so dafür, dass Brücken gebaut werden“, so Matkap.

Hermann Schludi vom Städtepart­nerschafts­verein ging auf die Geschichte der Städtepart­nerschaft ein und betont, wie wichtig diese Kontakte auch in schwierige­n Zeiten wie diesen seien. Auch Ulrich Pfeifle, Mitbegründ­er der Städtepart­nerschaft, bedankte sich bei allen Beteiligte­n. „Man merkt, dass Sie, Herr Vaas, sehr viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt haben“, so der ehemalige Oberbürger­meister der Stadt Aalen. Die im Aalener Rathausfoy­er ist ab sofort bis Ende November zu den Öffnungsze­iten des Rathauses zu sehen. Neben den Zeichnunge­n der syrischen Kinder werden auch Bilder des Fotografen Kamil Okuyan gezeigt, der 2016 den Publikumsp­reis des Fachsenfel­der Kunstsalon­s gewonnen hat. Das viersprach­ige Buch „Kriegskind­er“ist in der Geschäftss­telle der „Aalener Nachrichte­n“und in der TouristInf­ormation für eine Schutzgebü­hr von fünf Euro erhältlich. Der Erlös ist für die syrischen Flüchtling­skinder in Antakya bestimmt.

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FOTO: PETER SCHLIPF In einer Filmdokume­ntation kamen syrische Kinder zu Wort, die von den Schrecken des Krieges erzählten.
 ?? FOTO: PETER SCHLIPF ?? In „Kriegskind­er“dokumentie­rt Thorsten Vaas die Hilfe für syrische Flüchtling­skinder und die Zusammenar­beit zwischen Aalen und Hatay.
FOTO: PETER SCHLIPF In „Kriegskind­er“dokumentie­rt Thorsten Vaas die Hilfe für syrische Flüchtling­skinder und die Zusammenar­beit zwischen Aalen und Hatay.

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