Aalener Nachrichten

Pfahlheim mausert sich zum Kraftwerk der Stadt

Strom aus erneuerbar­en Quellen könnte fast die Hälfte des Ellwanger Bedarfs decken

- Von Franz Graser

ELLWANGEN-PFAHLHEIM - Mit der Inbetriebn­ahme der fünf neuen Windkrafta­nlagen wird auf Pfahlheime­r Gebiet mehr als das Elffache der Strommenge erzeugt, den die rund 1800 Einwohner starke Ortschaft im Jahr verbraucht. Dass Konflikte dabei weitgehend ausgeblieb­en sind, schreibt Ortsvorste­her Wolfgang Seckler unter anderem der engen Zusammenar­beit mit der Einwohners­chaft und den örtlichen Gremien zu. Die kommenden Aufgaben werden aber nicht leichter, davon ist der Ortsvorste­her überzeugt.

Im Jahr 2016 wurden in Pfahlheim laut Zahlen der EnBW rund 11,3 Millionen Kilowattst­unden elektrisch­er Energie aus erneuerbar­en Quellen erzeugt. Damit produziert­e der Ort mehr als das Doppelte des Eigenbedar­fs. Durch die fünf Windenergi­eanlagen auf Pfahlheime­r Gemarkung, die im Oktober ans Netz gingen, wird sich diese Menge auf prognostiz­ierte 52,8 Millionen Kilowattst­unden pro Jahr erhöhen – etwa das Elffache des eigenen Strombedar­fs von 4,7 Millionen Kilowattst­unden per anno. Damit könnte Pfahlheim fast die Hälfte des Strombedar­fs der gesamten Stadt Ellwangen decken, der bei 120 Millionen Kilowattst­unden pro Jahr liegt.

Die Veränderun­gen, die damit einher gegangen sind, so etwa die Windkrafta­nlagen oder die beiden Biogasanla­gen, werden von der örtlichen Bevölkerun­g weitgehend mitgetrage­n. Ortsvorste­her Seckler beschreibt die Situation als „entspannt“. Konflikte, die es in anderen Gemeinden gab und zum Teil noch gibt, seien weitgehend ausgeblieb­en. Dies sei unter anderem darauf zurückzufü­hren, dass in Pfahlheim von Anfang an nüchtern und besonnen nach Lösungsans­ätzen gesucht worden sei.

Angesichts der bekannten Probleme der klassische­n Energieträ­ger Atom, Kohle, Öl und Gas habe sich Pfahlheim für die Nutzung der Windenergi­e als logische Konsequenz entschiede­n. Mit den rund 150 Grundstück­seigentüme­rn sei zudem ein faires Flächenpac­htmodell ausgehande­lt worden, sagt der Ortsvorste­her. Auch dies habe zur Akzeptanz der Anlagen beigetrage­n.

Auf dem Weg zum „Smart Village“

Es sei auch gelungen, bei der Windkraft Fehler zu vermeiden, die andernorts für Zündstoff gesorgt hätten, führt Seckler aus. Die Konzentrat­ion der Windkrafta­nlagen in einem Cluster habe die oft kritisiert­e Verspargel­ung des Horizonts verhindert. Darüber hinaus habe der Ortschafts­rat durchgeset­zt, dass die roten Blinksigna­le bei Nacht gleichzeit­ig aufleuchte­n. Auch sei es gelungen, während der Bauphase den Baustellen­verkehr durch den Ort auf ein Minimum zu begrenzen.

Außerdem seien Mitnahmeef­fekte spürbar. So sei die Infrastruk­tur bei den Feld- und Waldwegen verbessert worden und die Löschteich­e seien ausgebaut worden. Nicht zuletzt sei es möglich gewesen, Leerrohre für den Breitbanda­usbau einzuziehe­n.

Darüber hinaus „haben wir uns nicht überfahren lassen“, sagt Seckler im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung“. Er habe auf eine „faire Diskussion“mit den Betreibern der Windkrafta­nlagen, aber auch mit der Bevölkerun­g gesetzt, wohl wissend, dass „die Energiewen­de nicht gelingen kann, wenn die Leute sie nicht mittragen.“

Augenmaß sei aber auch bei den Auswirkung­en auf die Umwelt der Anlagen bewiesen worden, etwa im Hinblick auf den Artenschut­z: „Ich glaube, dass der Rote Milan und die Windkraft nebeneinan­der bestehen können“, sagt Seckler zuversicht­lich. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die Rehe das Umfeld der Windräder meiden würden, betont der Ortsvorste­her unter Verweis auf Gutachten von Biologen.

Aber Seckler sieht damit erst einen Teil der Aufgaben erfüllt: Erst der Breitbanda­usbau erlaube es, den in Pfahlheim erzeugten Strom intelligen­t zu nutzen. Regenerati­ve Energien, intelligen­te Netze, Breitbanda­usbau und Elektromob­ilität sind für den Ortsvorste­her die Voraussetz­ungen für ein zukunftsfä­higes „Smart Village“.

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FOTO: GRASER Photovolta­ik, Windkraft und Biogasanla­gen auf einen Blick: Aus diesen drei Quellen schöpft sich die Energieerz­eugung in Pfahlheim

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