Wo einst Leder gegerbt wurde, wird bald Bier gebraut
Archäologen stoßen im Stadtbiergarten auf Funde aus dem 17./18. Jahrhundert – Baubeginn für Barfüßer verschiebt sich
AALEN - Die Stadt Aalen ist immer für eine Überraschung gut. Auch aus archäologischer Sicht. Dass auf dem Areal des ehemaligen Stadtbiergartens im 17./18. Jahrhundert vermutlich eine Gerberei betrieben worden ist, von der man bislang nichts wusste, haben die Grabungsarbeiten des Landesamts für Denkmalpflege ans Licht gebracht. Die Arbeit der Mitarbeiter ist jetzt abgeschlossen, allerdings müssen noch 200 Quadratmeter von einer Grabungsfirma beackert werden, sagt Olaf Goldstein vom Landesdenkmalamt. Der ursprünglich für Herbst anvisierte Baubeginn für die Brauereigaststätte Barfüßer muss insofern ins neue Jahr verlegt werden.
Zwei Wochen lang haben die Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege auf dem Areal des ehemaligen Stadtbiergartens gebuddelt (wir berichteten). Am Freitag vergangener Woche konnten sie ihre Arbeit hier beenden. Den Großteil der Fläche haben wir erfasst, sagt Olaf Goldstein. Lediglich 200 Quadratmeter müssten noch freigelegt werden. Das sei allerdings Aufgabe einer Grabungsfirma, die die Stadt Aalen für diese Arbeit beauftragen muss. „Uns obliegt diesbezüglich nur die Bauaufsicht.“
Von einer Gerberei wusste man bis dato nichts
Im Norden, zur Helferstraße hin, hätten die Archäologen so gut wie keine Funde gemacht. Durch den Abbruch des Gebäudes, das einst auf dem Areal des ehemaligen Stadtbiergartens gestanden hat, sei einiges zerstört worden, sagt Goldstein. Umso ergiebiger seien die Grabungen im Süden zur Dekanatsstraße hin gewesen. Der Großteil der Funde, auf den die Archäologen hier gestoßen sind, stammt aus dem 17./18. Jahrhundert. Hierzu gehören auch Reste einer alten Gerberei, von der man bislang nichts gewusst habe.
Dass sich eine solche innerhalb der Stadtmauern von Aalen befunden hat, sei, so Goldstein, auch eher ungewöhnlich. Vielmehr seien Gerbereien außerhalb von Städten angesiedelt gewesen. Zum einen, weil die Herstellung von Leder ein stinkendes Gewerbe gewesen sei, das auch Abwasser verursacht habe. Zum anderen sei für die Lederherstellung fließendes Wasser nötig gewesen, weshalb Gerbereien in der Regel an Flüssen ihren Standort gehabt hätten. Das einzige, das auf eine Wasserversorgung auf dem ehemaligen Stadtbiergartenareal in Aalen hindeute, sei ein Brunnen und im Boden eingefasste Becken, die die Archäologen freigelegt haben. Zu ihren Funden gehören auch Fundamente aus dem späten Mittelalter und Reste einer Seifensiederei, die hier im 19. Jahrhundert angesiedelt war, „von der wir aber bereits Kenntnis hatten“, sagt Goldstein.
Und was passiert jetzt mit den freigelegten Schätzen? Nichts, sagt der Gebietsreferent für Mittelalterund Neuzeitarchäologie beim Landesdenkmalamt. Diese seien von ihrer Wertigkeit nicht so bedeutend, als dass man sie erhalten müsste. Anders sehe es aus, wenn man hier auf einen römischen Tempel oder jüdische Funde gestoßen wäre, sagt Goldstein und denkt etwa an eine Reliquie oder an ein Bad. Zudem sei es sehr aufwändig, Mauerzüge oder Brunnen zu konservieren. Der Investor, die KS Wohn- und Gewerbebau (Kurz, Riedmüller), der das Areal überbaut, könne sich natürlich überlegen, ob er auf freiwilliger Basis etwa den freigelegten Brunnen in seinen Barfüßer-Neubau integrieren möchte.
Weiteres Puzzleteil, um Aalens Geschichte zu rekonstruieren
„Bei den archäologischen Voruntersuchungen auf dem Areal ging es auch weniger darum, etwas zu finden, das man behalten und mitnehmen kann, sondern darum, über Entdecktes weitere Aufschlüsse über die Geschichte der Stadt Aalen zu bekommen“, sagt Goldstein. Immerhin reiche diese bis in die Römerzeit zurück. Insofern sei jedes Puzzleteil wichtig, um das Gesamtbild der historischen Stadt Aalen peu à peu zu ergänzen.
Wann die Grabungen der von der Stadt beauftragen Firma losgehen, weiß Goldstein nicht. Er geht allerdings davon aus, dass die Vergabearbeiten zügig ausgeschrieben werden, um den Baubeginn für das Brauereilokal nicht unnötig lang zu blockieren. Dass dieser allerdings noch im alten Jahr vonstatten geht, bezweifelt er. Mindestens zwei Monate rechnet er von der Vergabe bis zur Beendigung der Grabungsarbeiten. Insofern sei eine Eröffnung von Barfüßer im Frühjahr/Sommer 2019 eher unrealistisch.