Evangelische Kirchengemeinde ist 200 Jahre alt
Das Jubiläum wird am Mittwoch, 1. November, im Speratushaus gefeiert – Archivdirektor hält Festvortrag
ELLWANGEN - Die evangelische Kirchengemeinde Ellwangen feiert in diesem Jahr nicht nur 500 Jahre Reformation, sondern auch ihr 200-jähriges Bestehen. Am 1. November 1817 wurde die Stadtpfarrei gegründet. Das Jubiläum wird am Mittwoch, 1. November, um 17 Uhr mit einem Empfang im Speratushaus gefeiert. Den Festvortrag hält der frühere Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, Hermann Ehmer.
Am 1. November 1817 begann Stadtpfarrer Johann Christof Friedrich Osiander seinen Dienst als Pfarrer in der neuen Ellwanger Kirchengemeinde. Zuvor hatten Garnisons-, Feld- und Hofprediger die evangelischen Soldaten und Beamten und ihre Familien betreut. Die Hofpredigerstelle fiel 1806 mit der Verschmelzung von Neuwürttemberg mit dem württembergischen Kerngebiet weg: Ellwangen war keine Residenzstadt mehr.
Davor, zur Zeit der Fürstpropstei galt in Ellwangen der im Augsburger Religionsfrieden von 1555 bestimmten Grundsatz „Cuius regio eius religio“(Wessen das Land, dessen die Religion). Es gab also nur Katholiken. Jeder, der neu nach Ellwangen zog, musste unterschreiben, katholisch zu sein und zu bleiben. Als Ellwangen 1802 württembergisch wurde, waren unter den Besatzungstruppen auch Protestanten. Beamtenstellen wurden vielfach mit Evangelischen besetzt.
Der württembergische Herzog Friedrich erließ am 14. Februar 1803 für seine neu erworbenen Lande ein Toleranzedikt und verordnete so das friedliche Zusammenleben der christlichen Konfessionen. Jeder Konfession wurde die freie Religionsausübung zugesagt. Somit konnten auch Protestanten ins katholische Ellwangen ziehen. Friedrich bestimmte die 1724 bis 1729 erbaute Jesuitenkirche als Garnisons- und Hofkirche. Am Neujahrsfest 1803 wurde die evangelische Kirche mit einer feierlichen Predigt eröffnet.
In zehn Jahren verzehnfacht sich die Gemeinde
1805 gab es 311 Garnisonsangehörige in der Stadt; davon waren 172 evangelisch und 139 katholisch. 1814 zählte die lutherische Militärgemeinde 1436 Personen. „Innerhalb von zehn Jahren eine durchaus bemerkenswerte Entwicklung“, findet Pfarrer Martin Schuster. 1815 gabe es nur noch 29 evangelische Mitglieder der Militärgemeinde und 80 evangelische Zivilpersonen. Dieser Rückgang hatte mit dem Russlandfeldzug von Napoleon im Jahr 1812 zu tun. Die entsprechenden Archivalien befinden sich im evangelischen Pfarrhaus.
Als die Garnison 1817 aus Ellwangen verlegt wurde, gab es nur noch eine sehr kleine evangelische Zivilgemeinde: 1817 waren es gerade 70 Personen, darunter 26 Kinder. In diesem Jahr übergab König Friedrich die ehemalige Jesuitenkirche der evangelischen Gemeinde. Das Stadtpfarrhaus war das heutige Haus Theodor Richter am Marktplatz. „Die ersten Feldund Hofprediger wohnten dort stockwerksweise zusammen mit Garnisonskommandeuren“, erzählt Schuster. Die Stadtpfarrer unterrichteten Latein am Gymnasium, um ihr geringes Einkommen aus Gehalt und Gebühren für Taufen, Trauungen und Beerdigungen aufzubessern.
100 Jahre später hat sich die Zahl der Protetstanten durch den Zuzug von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg von 1300 auf 3000 mehr als verdoppelt: „Da wurde sogar eine eigene Pfarrstelle für die Seelsorge an den Neubürgern eingerichtet.“Dieser Pfarrer, Samuel Samuelis, war bis 1958 in Ellwangen.
Festakt mit Stehempfang im Speratushaus
Der Festakt zum 200-jährigen Bestehen beginnt am Mittwoch, 1. November, um 17 Uhr. Ein Festvortrag vom früheren Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, Hermann Ehmer, über die Gründung der evangelischen Kirchengemeinde Ellwangen vor 200 Jahren und ein Umtrunk im Speratushaus runden das Jubiläum ab.
Beim Empfang musizieren Kantorei und Jugendchor.
Bereits am Montag, 30. Oktober, wird um 19 Uhr der „Türöffnungsgottesdienst“gefeiert. Die Tür zwischen Stadtkirche und Basilika ist vor 18 Jahren zum ersten Mal geöffnet worden.
Singend zieht die ökumenische Gemeinde in einer Prozession durch die Basilika in die evangelische