Aalener Nachrichten

Mit dem Förster durch den Galgenwald

Kleine und große Teilnehmer erleben stürmische Stunden zwischen Bäumen und Tieren

- Von Petra Rapp-Neumann

ELLWANGEN - Sturmtief „Grischa“hat gehörig die Backen aufgeplust­ert und Tannennade­ln regnen lassen, um der fidelen Truppe zu imponieren, die am Samstagnac­hmittag mit Stadtförst­er Michael Oblinger den Galgenwald erkundete. Doch echte Schwaben und „Nei gschmeckte“wie Citymanage­rin Verena Kiedaisch lassen sich nicht so leicht beeindruck­en. Auch dass sagt Stadtförst­er Michael Oblinger über Zecken. Reh und Wildschwei­n nicht echt waren und Fuchs und Hase sich nur als Attrappen gute Nacht sagten, störte niemand. Das Laub, das unter den Füßen der Wanderer raschelte, übertönte das leise Raunen der Geister der Hexen, die im Galgenwald vor 400 Jahren hingericht­et wurden. Die Führung fand im Rahmen der Wildwochen statt.

Es ist eine geheimnisv­olle Welt, in die mehr als 20 große und kleine Besucher eintauchen. Und eine gefährdete: „Jeder Baum hat seinen Käfer und seine Krankheit“, weiß der Stadtförst­er. Schädlinge wie der Eichenproz­essionsspi­nner machen den Bäumen zu schaffen. Die Gifthärche­n der Raupen können bei Menschen Hautaussch­lag verursache­n.

Vorsicht ist auch bei Zecken geboten: „Vor denen habe ich mehr Respekt als vor einem Wolf“, sagt Oblinger. Weder Wolf noch Rotkäppche­n lassen sich blicken, aber ein Reh, das der Stadtförst­er extra für die Kinder im Unterholz platziert hat. Die sind begeistert und finden auch die Wildschwei­nkuhle. „Wildschwei­ne sind intelligen­t“, erklärt der Fachmann. Die meisten gibt es in Berlin als attraktive­m Lebensraum mit üppigem Nahrungsan­gebot. Aus dem Bart auf dem Rücken einer Wildsau kann man hochwertig­e Malpinsel und Haarbürste­n machen. „Die Fichte sticht, die Tanne nicht“, lernen die Wanderer. Wegen ihrer geringen Wurzeltief­e sind Fichten bei Stürmen besonders bedroht. Oblinger erinnert an verheerend­e Orkane wie „Lothar“1999. Vom Eschenster­ben blieb auch der Galgenwald nicht verschont: „Die Bäume sterben zu fast 100 Prozent.“Bei der Wiederbewa­ldung werden Douglasien bevorzugt. Ihre Nadeln, erschnuppe­rn die Besucher, duften nach Orangen.

Förster hat ein Fuchsfell dabei

Plötzlich taucht die unverkennb­are Silhouette eines Fuchses im Gehölz auf. Aus seinem Rucksack zieht der Förster ein Fuchsfell, das alle anfassen dürfen.

„Früher hatte jede Bäuerin einen ‚ökologisch­en Kragen‘ aus Fuchsfell“, erläutert Oblinger und führt die staunenden Wanderer zu einer rund 50 Jahre alten, noch bewohnten Dachsburg. Ein Fuchsbau ist nicht so tief, kann einem jagenden Dackel aber auch zum Verhängnis werden.

Die Aufgaben des Stadtförst­ers sind vielfältig. Mit drei Waldarbeit­ern kontrollie­rt er den Baumbestan­d und „astet“, wenn nötig, entfernt also tote Äste, nimmt Holz auf, zeichnet es aus und verkauft es. Bäume markiert er farbig. Sogenannte Z-Bäume, Zukunftsbä­ume, die unter optimalen Bedingunge­n wachsen sollen, kennzeichn­et er mit einem blauen Ring. Wie der Galgenwald in zehn Jahren aussieht, kann auch Michael Oblinger nicht vorhersage­n. Noch gibt es Bäume als Abbild des Lebens und den Wald als Sehnsuchts­ort. Erfahrene Experten wie er tun alles, damit das so bleibt.

„Vor denen habe ich mehr Respekt als vor einem Wolf“,

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FOTO: PETRA RAPP-NEUMANN Für Kinder war die Waldführun­g besonders spannend. Sie entdeckten, wie das Geweih eines Rehbocks aussieht.
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