Jubel für Edgar Manns großes Werk
Geschichtsträchtige Uraufführung zum Reformationsjubiläum in der Stadtkirche.
AALEN - Noch nie ist die Stadtkirche so voll gewesen wie am Dienstag, dem Feiertag zum 500-jährigen Reformationsjubiläum. 120 Sängerinnen und Sänger und 60 Instrumentalisten führten unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Thomas Haller die symphonische Kantate „Merket auf, alle, die in dieser Zeit leben“auf. Die Uraufführung des Aalener Komponisten Edgar Mann (56), ein Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde, wurde mit Bravorufen und jubelndem Beifall gefeiert.
Dekan Ralf Drescher, Landrat Klaus Pavel und Oberbürgermeister Thilo Rentschler sprachen schon in ihrem Grußwort von einem geschichtsträchtigen Ereignis und von einem besonderen Privileg für die Stadt Aalen. Das Festkonzert wurde eingeleitet von „Moto ostinato“aus der „Sonntagsmusik“von Petr Eben (1929-2007). Thomas Haller hatte das Orgelwerk des Prager Komponisten, der 2001 mit dem Preis der Europäischen Kirchenmusik ausgezeichnet wurde, schon während seiner Studienzeit für Orchester instrumentiert.
Die „Reformations-Sinfonie“von Mendelssohn-Bartholdy gab der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg an diesem Abend Gelegenheit, sich glanzvoll zu präsentieren. „Die jungen Musiker kommen aus 14 Musikschulen des Ostalbkreises und des Kreises Heidenheim, sie sind die Besten der Guten, die mit Landesund Bundespreisen ausgezeichnet wurden“, hatte der Landrat angekündigt. Zum differenzierten Bläserklang und dem erstaunlich homogenen Streichersound kam beim Höhepunkt des Konzerts, Edgar Manns siebenteiligem Werk, eine faszinierend vielseitige Percussiongruppe.
In die Kirchenglocken vom Turm der Stadtkirche stimmten die Röhrenglocken und Klangschalen des Orchesters ein. Von der Empore ertönte wie eine Engelsstimme die Sopranistin Natasha Schnur und das Eingangsmotto „Sola fide“in griechischer Sprache, Luthers Kernthese „Allein der Glaube“. Auf der Empore stand auch der Aalener Chordirigent Stephen Blaich, in Sicht- und Blickkontakt mit Thomas Haller, der unten im Altarraum das Orchester dirigierte. So war die technisch perfekte Koordination der großen Sängerschar aus der Aalener Kantorei mit der Chorschule aus Mädchen und Knaben sowie der Jugendkantorei mit den Instrumentalisten gewährleistet.
Reiner Glockenton leitet Magnificat ein
Unisono startete Luthers-Choral „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“, der sich zu voller Klangpracht entfaltete. Ein reiner Glockenton leitete das lateinisch gesungene Magnificat ein, das die Solosopranistin im Wechsel mit den Frauen anstimmte und von den Männern dramatisch („Er stößt die Gewaltigen vom Thron“) gesteigert wurde. Natasha Schnur wusste sich nach anfänglichem Schwächeln dann auch bei vollem Chorvolumen zu behaupten. Edgar Mann ließ in seiner Klangsprache die Gregorianik deutlich durchklingen.
Von Paul Speratus, einem evangelischen Bischof der Reformationszeit aus Rötlen bei Ellwangen, stammt der Choral „Es ist das Heil uns kommen her“. Dem warmen Chorklang setzten Kinderstimmen helle Lichter auf. Im Psalmteil „Tehillim“wechselt der Komponist ins Hebräische, um wie Luther aus der Originalsprache zu schöpfen. Dumpfer Trommelwirbel symbolisiert den Sprung in die über zweitausendjährige Vergangenheit. Aus dem Psalm 49 nimmt Edgar Mann auch das Thema seines Werkes: „Merket auf, alle, die in dieser Zeit leben“. Die Übersetzung und deren Transliteration des Hebräischen besorgte Pfarrer Michael Lichtenstein aus Trochtelfingen.
Sonderbeifall und Umarmungen
Die beiden Heilig-Geist-Hymnen „Veni Creator Spiritus“und „Veni sancte spiritus“bildeten das wirkungsvollen Finale. Es endete im Summton und einem einzigen Glockenschlag. Dann folgten Bravoruf, Jubel und nicht enden wollender Beifall mit standing ovations des begeisterten Publikums. Thomas Haller ließ in einem kurzen Medley nochmals einige Elemente des großartigen Werkes anklingen. Zum Schluß gab es Sonderbeifall und Umarmungen für den glücklichen Komponisten. Haller kommentierte abschließend: „Es sollte ein Stück versöhnter Ökumene sein“. Damit spielte er wohl auf den neben der Stadtkirche wohnenden Katholiken Edgar Mann und den katholischen Pfarrer Wolfgang Sedlmeier an, der die Aufführung unter den Besuchern aufmerksam verfolgte. Weitere Aufführungen von Edgar Manns symphonischer Kantate zum 500-jährigen Reformationsjubiläum sind in verschiedenen Besetzungen am 4. November in der Stadtkirche Giengen und am 5. November in der Augustinus-Kirche Schwäbisch Gmünd jeweils um 18 Uhr. Landrat Pavel kündigte einen von der Kreissparkasse unterstützten CD-Livemitschnitt an.