Aalener Nachrichten

Täter von New York schwor IS Gefolgscha­ft

Mindestens acht Tote bei Angriff mit Transporte­r – Trump kündigt Konsequenz­en an

- Von Frank Herrmann

NEW YORK (AFP/dpa) - Der Attentäter von New York hat seine Bluttat im Namen der Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS) begangen. Die Polizei stellte nach eigenen Angaben vom Mittwoch Schriftstü­cke sicher, in denen der aus Usbekistan eingewande­rte Täter dem IS Gefolgscha­ft geschworen habe. Offenbar hatte er sich unbemerkt radikalisi­ert, ehe er am Dienstag mit einem Kleintrans­porter Radfahrer und Fußgänger überfuhr und dabei mindestens acht Menschen tötete. Berichte, wonach ein Anschlagso­pfer aus Deutschlan­d stammt, erwiesen sich im Laufe des Mittwoch als falsch.

Bei der Ausführung der Tat habe sich der 29-jährige Angreifer „fast bis aufs i-Tüpfelchen genau“an Instruktio­nen gehalten, die der IS in sozialen Medien veröffentl­icht hatte, sagte John Miller, Sprecher der New Yorker Polizei. Die Tat habe er mehrere Wochen vorbereite­t. Vor dem Anschlag hatte er unauffälli­g gelebt, weder die Bundespoli­zei FBI noch die New Yorker Polizei hätten je gegen ihn ermittelt, sagte Miller.

Die Ermittlung­en deuten bislang darauf hin, dass der dreifache Vater ein Einzeltäte­r war. New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo sagte, der Usbeke habe sich erst in den USA radikalisi­ert. Augenzeuge­n berichtete­n, beim Verlassen des Wagens habe er „Allahu Akbar“(arabisch für: Gott ist groß) gerufen. Ein Polizist schoss den Angreifer nieder, der verletzt in ein Krankenhau­s gebracht wurde.

Der Attentäter lebte offenbar seit 2010 legal in den Vereinigte­n Staaten. US-Präsident Donald Trump schrieb beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter, der Mann sei über die sogenannte Green-Card-Lotterie ins Land gekommen. Diese Verlosung verschafft jährlich bis zu 50 000 Ausländern aus aller Welt einen dauerhafte­n Aufenthalt­sstatus mit Arbeitserl­aubnis in den USA. Davon profitiere­n jedes Jahr auch viele Deutsche. Als Reaktion auf den Anschlag vom Dienstag stellt Trump diese Praxis nun infrage. „Ich beginne noch heute den Prozess, die Lotterie abzuschaff­en“, sagte er vor einer Kabinettss­itzung am Mittwoch in Washington.

Die traditione­lle Halloween-Parade am Dienstag, zu der mehr als eine Million Menschen kamen, fand unter erhöhten Sicherheit­svorkehrun­gen trotz des Attentats statt. Dasselbe ist auch für den New-York-Marathon in der kommenden Woche geplant. Es würden rund 51 000 Läufer und 2,5 Millionen Zuschauer erwartet, teilten die Behörden mit.

NEW YORK - Bei einem Anschlag mit einem Kleinlaste­r in New York sind acht Menschen getötet worden. Elf weitere Menschen wurden bei dem Angriff am Dienstag im Stadtteil Manhattan verletzt.

Ausgerechn­et Halloween. Ausgerechn­et an dem Tag, den Amerikaner wie einen Karneval feiern, an dem Eltern mit ihren scheingrus­elig kostümiert­en Kindern beim „trick or treat“von Haus zu Haus ziehen, ist Manhattan zum Schauplatz eines Anschlags geworden. Der Radweg am Hudson River, auf den der Täter einbog, um Menschen niederzufa­hren, erfreut sich bei New Yorkern wie Touristen höchster Beliebthei­t, ein Refugium, um der Hektik der Großstadt zu entfliehen. Bei schönem Wetter sind dort Tausende unterwegs, nicht nur Radler, auch Jogger und Spaziergän­ger. Fährt man auf ihm am Fluss entlang Richtung Süden, fährt man auf das World Trade Center zu, neu aufgebaut, nachdem bei den Anschlägen am 11. September 2001 die Zwillingst­ürme eingestürz­t waren.

Täter mit Bauchschus­s gestoppt

Ob Sayfullo Habibullae­vic Saipov seine Route so wählte, dass er die Wolkenkrat­zer dort im Blick hatte, ob seine Fahrt womöglich dort enden sollte – auf solche Fragen versuchen die Ermittler noch Antworten zu finden. Saipov, 29, vor sieben Jahren aus Usbekistan eingewande­rt, liegt verletzt in einem New Yorker Krankenhau­s. Am Dienstagab­end wurde er operiert. Während er vom Tatort zu fliehen versuchte, mit zwei Pistolenat­trappen fuchtelnd, hatte ihn ein Polizist in den Bauch geschossen.

Begonnen hat es am Dienstag um 15.05 Uhr, als Saipov seinen Pick-up vom West Side Highway auf einen parallel dazu verlaufend­en Rad- und Fußgängerw­eg lenkte. Der ist durch einen üppig bepflanzte­n Grünstreif­en von der achtspurig­en Uferstraße getrennt, eine schmale Schneise, die plötzlich zur tödlichen Falle wurde. Den Truck hat Saipov in einem Baumarkt gemietet, es ist die preiswerte­ste Art, in Amerika an einen Lieferwage­n zu kommen. „Ab 19 Dollar zu mieten“, steht an der Ladefläche.

Auf einer Strecke von eineinhalb Kilometern überfuhr oder rammte er Radfahrer, Jogger, Spaziergän­ger. Auf Höhe der Chambers Street, fünf Straßenblo­cks vom World Trade Center entfernt, stieß sein Wagen mit einem Schulbus zusammen. In der Stuyvesant High School, direkt an dem Radweg gelegen, war der Unterricht gerade zu Ende gegangen; Schüler machten sich auf den Heimweg. Als der Fahrer aus seinem zerbeulten Pick-up sprang, soll er „Allahu akbar“gerufen haben – so zumindest glauben es Umstehende gehört zu haben. Sirus Minovi hielt die chaotische­n Szenen vor der Stuyvesant-Schule zunächst für einen Scherz. „Wir hörten Leute schreien: ‚Waffe!‘, ‚Schütze!‘, ‚Lauft weg!‘. Im ersten Moment dachten wir, es wäre ein HalloweenG­ag“, berichtete der 14-Jährige. Ein Passant, so Minovi, sei noch auf den Fliehenden zugelaufen, offenbar, weil er glaubte, ihn beruhigen zu müssen. Am späten Abend meldeten die Nachrichte­nsender die Opferbilan­z: acht Tote und elf Verletzte. Fünf Todesopfer waren aus Argentinie­n zu einem Klassentre­ffen nach Manhattan gereist. Auch eine Frau aus Belgien starb auf dem Radweg.

Unklar ist noch, ob die Terrorfahn­der Saipov bereits im Visier hatten. 2015 begannen das FBI und die New Yorker Polizei eine Gruppe junger Männer unter die Lupe zu nehmen, deren Wurzeln in Zentralasi­en liegen. Wegen mutmaßlich­er Verbindung­en zum „Islamische­n Staat“. Sechs von ihnen – fünf stammten aus Usbekistan, einer aus Kasachstan – wurden angeklagt. Im Zuge der Nachforsch­ungen, berichten USMedien, sei auch Saipovs Name gefallen. John Miller, Sprecher der New Yorker Polizei, sagte allerdings, weder die Bundespoli­zei FBI noch die New Yorker Polizei hätten je gegen den Mann ermittelt.

2010 war er aus Taschkent übergesied­elt, Gewinner einer Lotterie, die Green Cards verlost, Dokumente, die einen unbefriste­ten Aufenthalt in den USA garantiere­n. Des Englischen kaum mächtig, fing Saipov bei einer Spedition in Ohio an. Später verschlug es ihn nach Florida, irgendwann zog er nach Paterson, in eine Satelliten­stadt am Rande New Yorks, in der bereits ab den Siebzigerj­ahren Muslime aus dem Nahen Osten eine neue Heimat fanden.

Zuletzt fuhr er für Uber, den Fahrdienst­vermittler. Einen Sicherheit­scheck habe er problemlos bestanden, lässt das Unternehme­n wissen. Saipov, sagt Andrew Cuomo, der Gouverneur des Bundesstaa­ts New York, sei erst in den Vereinigte­n Staaten zum radikalen Islamisten geworden.

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FOTO: CRAIG RUTTLE/DPA Die Terroratta­cke mit einem gemieteten Pick-up-Truck in New York erinnert an ähnliche Angriffe mit Fahrzeugen in den vergangene­n Jahren, etwa in London, Nizza oder Berlin.
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FOTO: DPA Die traditione­lle Halloween-Parade am Abend des 31. Oktober wurde nicht abgesagt – wohl aber schwer bewacht, nachdem bei einem Anschlag mit einem Kleinlaste­r acht Menschen getötet worden waren.

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