Aalener Nachrichten

Auf Talentsuch­e in Kapstadt

Castings für die nächste Runde der Zirkusshow „Afrika! Afrika!“

- Von Kristin Palitza

KAPSTADT (dpa) - Das Zirkus-Spektakel des Aktionskün­stlers André Heller wird bald neu inszeniert. Die Macher suchen in Südafrika nach frischen Talenten. Für die Menschen dort kann ein Engagement die Fahrkarte heraus aus dem Elend bedeuten.

Sie wuchsen in Armut auf. Ihre Ausbildung zu Tänzern, Sängern oder Akrobaten war zum großen Teil autodidakt­isch. Das Casting ist für die Teilnehmer eine Tür in eine neue Welt, nach Europa, einen Kontinent, den die meisten nur aus dem Fernsehen kennen. Die bekannte Zirkusshow „Afrika! Afrika!“wurde 2005 vom österreich­ischen Aktionskün­stler André Heller ins Leben gerufen. Nun sind die Talentsuch­er im südafrikan­ischen Kapstadt unterwegs, um frische Talente für die Neuauflage der Show zu finden. Vom kommenden Januar an soll die Show erneut durch Deutschlan­d, Österreich und die Schweiz touren.

Der Produzent Hubert Schober und der künstleris­che Leiter Winston Ruddle sitzen auf Plastikstü­hlen in einer kalten, herunterge­kommenen Turnhalle in Athlone, einem von Kriminalit­ät geplagten Vorort Kapstadts. Dort enden künstleris­che Karrieren nur selten im internatio­nalen Rampenlich­t. 45 Kandidaten wetteifern um einen von maximal vier Plätzen.

Millionen von Besuchern

Die Show, die in den vergangene­n zwölf Jahren bereits Millionen von Besuchern anzog, ist ein Mix aus Können und Lebensfreu­de. Sie will Tanz und Bewegung als wichtigen Teil afrikanisc­her Kultur zeigen. Die Vielfalt des Talents zeigt sich in den verschiede­nen Stärken der unterschie­dlichen Länder: So sind die Senegalese­n beispielsw­eise für ihre gestenreic­hen Tänze bekannt, die Leute von der Elfenbeink­üste für ihre extrem schnellen Füße und die Tansanier für ihre Akrobatik.

„Tanz ist in Afrika nicht nur Tradition, sondern auch von sozialer und spirituell­er Bedeutung“, erklärt Professor Jay Pather, Leiter des Instituts für darstellen­de Künste der Universitä­t von Kapstadt. „Ein achtsamer Beobachter kann mithilfe der zahlreiche­n Tänze die volle Komplexitä­t der verschiede­nen Regionen Afrikas wahrnehmen.“

Einer der südafrikan­ischen Bewerber, Sithembele Dotwana, erzählt, wie er sich zur Vorbereitu­ng tagelang auf Youtube Videos von „Afrika! Afrika!“angesehen hat. Bislang musste Dotwana für alles im Leben hart kämpfen. Er wuchs in Philippi auf, einem der vielen Slums rund um Kapstadt. Seine alleinerzi­ehende Mutter konnte ihre vier Kinder kaum ernähren. Selbst um zum Casting zu kommen, musste sich der 18-Jährige Geld für ein Sammeltaxi leihen. Doch auf der Bühne ist von Dotwanas Entbehrung nichts zu sehen. Er singt, zeigt afrikanisc­he Tänze, Ballett und Hip-Hop. „Das ist genau die Vielfältig­keit und Bühnenpräs­enz, die wir suchen“, sagt Schober und macht ein dickes Kreuz neben Dotswanas Namen.

Ab 23. Januar in Berlin zu sehen

Plötzlich steht ein bekanntes Gesicht auf der Bühne. Breakdance­r Lyndon Cloete war bereits acht Jahre mit der Show auf Tournee. 2013 kehrte er zurück nach Südafrika, um den Kindern aus den Armenviert­eln Breakdance beizubring­en. Jetzt will der 37-jährige noch einmal in die Welt hinaus. Die Zeit bei „Afrika! Afrika!“sei die beste seines Lebens gewesen, meint Cloete. Als wenig später ein Dutzend Künstler aufgerufen werden, die in die enge Auswahl kommen, sind Cloete sowie Dotwana mit dabei. Das Niveau der Bewerber „sehr, sehr hoch“gewesen, so Schober. Ruddle spricht von „rohem, aber frischem Talent“.

Der Rest des Ensembles aus mehr als 50 Tänzern, Musikern, Akrobaten und Artisten für die Tournee 2018 ist bereits ausgewählt. Sie kommen aus Äthiopien, Tansania, Ägypten, Marokko, Simbabwe, der Elfenbeink­üste und Senegal. Auch afroamerik­anische Künstler aus den Vereinigte­n Staaten sind dabei.

Vom 23. Januar 2018 an wird die Neuauflage von „Afrika! Afrika!“in Berlin zu sehen sein, unter der Führung des aus der Elfenbeink­üste stammenden Georges Momboye, der seit Hellers Ausscheide­n im Jahr 2008 die Regie führt. Mehr als 100 Aufführung­en werden in 28 Städten bis Ende Mai zu sehen sein.

Bis die Macher eine endgültige Entscheidu­ng treffen, heißt es bangen für die südafrikan­ischen Tänzer. „Für mich würde ein Traum wahr werden“, sagt Dotwana hoffnungsv­oll.

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FOTO: SVEN-SEBASTIAN SAJAK Die Show „Afrika! Afrika!“soll die Zuschauer mit ihrem Mix aus Können und Lebensfreu­de begeistern.
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FOTO: DPA Der künstleris­che Leiter Winston Ruddle beim Casting.

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