Festredner loben die Ökumene in Ellwangen
Evangelische Kirchengemeinde feiert 200-jähriges Bestehen – Mirjam Schuster ist neue Pfarrerin
ELLWANGEN – Am 1. November 1817 hat Stadtpfarrer Johann Christof Friedrich Osiander seinen Dienst als Pfarrer in der neu gegründeten Ellwanger Kirchengemeinde angetreten. Deshalb hat die evangelische Kirchengemeinde am Mittwoch ihr 200-jähriges Bestehen gefeiert. Zugleich wurde die Pfarrerin Mirjam Schuster vorgestellt. Sie vertritt mit einer 50-Prozent-Stelle die Pfarrerin Theresa Haenle, die in Elternzeit ist.
Pfarrer Martin Schuster freute sich, beim Festakt im Speratushaus auch katholische Christen begrüßen zu können. Schuster unterstrich die gelebte Nächstenliebe der evangelischen Kirchengemeinde, ihren Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit und ihren Beitrag zur Kultur. Mit Blick auf das Jubiläum meinte er, 200 Jahre seien eigentlich nicht viel: „Vielleicht gab es hier schon Christen, als Hariolf und Erlolf den Grundstein für das Kloster legten.“
„An Selbstbewusstsein mangelt es der evangelischen Kirchengemeinde in Ellwangen nicht“, stellte Dekan Ralf Drescher fest. Er ging auf das Wachstum der Gemeinde durch den Zuzug der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg und durch die Spätaussiedler ein. 2006 hatte die Gemeinde ihren Höchststand mit über 5500 Mitgliedern. Jetzt sind es immer noch mehr als 5000. Drescher lobte die Qualität der Gottesdienste, das musikalische Engagement, die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Klinikseelsorge, den Hospizdienst und die Ökumene.
OB Hilsenbek lobt Offenheit und Toleranz
„Kirche darf sich nicht verschließen“, sagte Oberbürgermeister Karl Hilsenbek. Der OB lobte mit Blick auf die ökumenische Tür zwischen Basilika und Stadtkirche die Ökumene, die Offenheit, die Toleranz und das überkonfessionelle Handeln. Als Berührungspunkte zur bürgerlichen Gemeinde nannte er die gemeinsame Nutzung des Speratushauses, die Aufgabe der Kinderbetreuung sowie das Kümmern um die Flüchtlinge.
„Heute leben wir wie Geschwister unter einem Dach“, betonte der katholische Pfarrer Michael Windisch die Nachbarschaft der beiden Kirchen und wünschte der evangelischen Gemeinde für die nächsten 200 Jahre Freude und Begeisterung für Christus und seine Botschaft.
Der frühere Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, Hermann Ehmer, hielt den Festvortrag mit dem Titel „Gründung der zivilen Kirchengemeinde Ellwangen am 1.11.1817“.
Vorläufer gab es schon zu Luthers Lebzeiten
Eine evangelische Bewegung habe es in Ellwangen schon kurz nach dem Reformationsjahr 1517 gegeben, blickte er auf den Ellwanger Stadtpfarrer Georg Mumpach und den Stiftspfarrer Johannes Kreß. Mumpach schlug 1524 insgesamt 14 Artikel mit reformatorischen Forderungen an die Kirchentür der Stiftskirche. Die beiden Geistlichen wurden am 7. November 1525 als Ketzer in Lauingen hingerichtet. Ehmer erinnerte auch an die Zeit von Prinz Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoleons, und seiner württembergischen Gemahlin Katharine auf dem Ellwanger Schloss. Für die Protestantin und ihren evangelischen Hofstaat wurde in der Schlosskapelle, der Wendelinskapelle, evangelischer Gottesdienst gefeiert, im Wechsel mit katholischem Gottesdienst.
Die Kantorei und der Jugendchor der evangelischen Kirche gestalteten den Festakt. Sie sangen zwei Lieder aus dem Lutherstück „Gaff nicht in den Himmel“, das am Samstag, 11. November, um 19.30 Uhr unter Leitung von Kantor Reinhard Krämer in der Stadtkirche aufgeführt wird.