Braucht Trauer ein Grab mit Grabstein?
Allerseelen ist die Antwort der Christen auf Ostern. Der Gang zum Friedhof an diesem Tag ist nicht unbedingt Ausdruck der Trauer, vielmehr Hoffnung. Wer sich an Ostern über die Auferstehung Jesu freut, feiert zu Allerseelen die Hoffnung auf die eigene Auferstehung. So sollte es die Christenheit bekennen. In diesem Glauben (sola fides), eine Kernbotschaft von Martin Luther, liegt der Schlüssel zum Umgang mit dem Tod und der Vergänglichkeit, die total verdrängt zu sein scheint.
Das beginnt schon im „Auswarten“eines Angehörigen und wie wir uns von ihm verabschieden. Früher gab es die Aufbahrung des Toten im Haus, sein Hinausgeleiten zum Friedhof in einer Prozession, woran
Es ist schwer, liebe Menschen zu verlieren. Und es ist schwer, sich damit abzufinden. Dafür gibt es keine Regeln und keine Vorschriften. Wie wir um unsere Lieben trauern, ist die Angelegenheit der Betroffenen und geht sonst niemanden etwas an.
Über viele Jahrzehnte mussten wir die Debatte um die Bestattungskultur gar nicht führen. Da gab es das Erdgrab auf dem Friedhof, fertig. Am besten noch mit dem Einheits-Grabstein in normierter Größe. Denn natürlich haben auch Friedhöfe in Deutschland eine Ordnung. Wo kämen wir sonst hin.
So ist es heute zum Glück nicht mehr. Wer möchte, kann sich im sich Ältere noch erinnern. Auch heute dürfen Verstorbene bis 36 Stunden nach dem Tod Zuhause aufgebahrt bleiben. Die meisten interessiert das nicht, weil „Sterben institutionalisiert worden ist“und vielfach den Charakter einer „Entsorgung“erreicht hat. Entsorgen wollen sich viele Menschen auch über ihren Tod hinaus, niemanden mit Grabpflege belasten und wählen deshalb andere Arten der Bestattung. Ich kann das nicht verstehen, denn Gräber und Friedhöfe lassen sich auch pflegeleicht gestalten. Für mich ist ein Friedhof Ausdruck der gelebten Kultur einer Gesellschaft, ein Ort der Begegnung mit Lebenden und den uns Vorausgegegangenen. Franz Mayer Wald unter Bäumen bestatten lassen, im Erdgrab oder im Urnengrab, anonym oder auch nicht. Andere Länder, auch solche mit christlichen Wurzeln, kennen gar keinen Friedhofszwang. Dort nehmen die Angehörigen die Urne mit nach Hause, wenn sie das möchten. Oder erfüllen den Verstorbenen ihren letzten Wunsch und verstreuen die Asche in alle Winde. Oder auf dem Fußballplatz des Lieblingsvereins. Nicht jeder braucht einen Ort zum Trauern. Manchen reicht auch ein Foto, ein Lieblingsort oder die Erinnerung. Trauer braucht keine Vorschriften.