Aalener Nachrichten

Plätze für junge Pflegebedü­rftige fehlen

Report der Barmer Ersatzkass­e – Mangel bleibt Thema Nummer eins

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (dpa) - In Deutschlan­d fehlen bundesweit Tausende Betreuungs­plätze für junge Pflegebedü­rftige. Auch können sie häufig nicht so wohnen, wie sie es bevorzugen, weil passende Angebote fehlen. Das geht aus dem Pflegerepo­rt 2017 der gesetzlich­en Krankenkas­se Barmer hervor, der am Donnerstag vorgestell­t wurde. Nach der Umfrage fehlen bei unter 60-Jährigen, beginnend mit dem frühen Kindesalte­r, etwa 4000 teilstatio­näre und rund 3400 Kurzzeitpf­legeplätze.

BERLIN - Der Pflegerepo­rt der Barmer Ersatzkass­e schlägt Alarm. Bis 2050 wird die Zahl der Pflegebedü­rftigen in Deutschlan­d von drei auf fünf Millionen steigen, gleichzeit­ig sinkt die Zahl des Personals. Krankenkas­sen-Chef Christoph Straub ruft die Politiker, die derzeit ein Jamaika-Bündnis verhandeln, deshalb auf, für mehr Personal in der Pflege zu sorgen. Mehr Stellen und eine höhere Bezahlung der Pflegekräf­te sind für ihn unabdingba­r.

„Das ist ein mittel- und langfristi­ges Problem“, sagt auch der Gesundheit­sökonom Heinz Rothgang von der Universitä­t Bremen bei der Vorstellun­g des Pflegerepo­rts in Berlin. Nach seinen Berechnung­en werden schon 2030 rund 350 000 Stellen in der Pflege unbesetzt bleiben, wenn nichts getan wird.

Zurzeit sieht es für mehr Pflegekräf­te aber nicht gut aus. Denn Christoph Straub weiß aus langjährig­er Erfahrung im Gesundheit­swesen: „Je besser die Konjunktur läuft, desto schwierige­r wird es, qualifizie­rte Pflegekräf­te in ausreichen­der Zahl zu finden.“Die angespannt­e Personalla­ge in Krankenhäu­sern und Pflegeheim­en ist auch Thema der Sondierung­sverhandlu­ngen in Berlin.

Mehr Betreuungs­kräfte

Verdi-Chef Frank Bsirske hat die Politik bereits aufgeforde­rt, sie müsse eine Mindest-Personalst­ärke für Altenheime und Krankenhäu­ser vorschreib­en. Die Personalde­cke im Pflegebere­ich sei völlig unzureiche­nd. Derzeit könne es vorkommen, dass eine einzige Krankenpfl­egerin nachts für mehr als 35 Menschen verantwort­lich sei, sagte er der „Rheinische­n Post“.

Im vergangene­n Jahr konnte allerdings die Zahl der zusätzlich­en Betreuungs­kräfte in Pflegeeinr­ichtungen auf 60 000 verdoppelt werden. Diese Betreuungs­kräfte unterstütz­en die Arbeit der Pflegefach­kräfte, indem sie mit Pflegebedü­rftigen beispielsw­eise spazieren gehen, Bewegungsü­bungen machen, gemeinsam lesen, in den Gottesdien­st gehen oder einfach nur da sind und zuhören. „Weitere Schritte müssen folgen, dazu gehören insbesonde­re weitere Verbesseru­ngen bei der Ausstattun­g mit Pflegefach­kräften und angemessen­e Löhne auch in nicht tariflich-gebundenen Pflegeeinr­ichtungen überall in Deutschlan­d", sagt Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (CDU): „Gute Arbeitsbed­ingungen für alle, die in der Pflege täglich Enormes leisten, werden ein zentrales Thema auch in der kommenden Wahlperiod­e sein – dafür kämpfe ich.“

Entbürokra­tisierung geplant

In dem Arbeitspap­ier der JamaikaVer­handler ist festgehalt­en: „Uns eint der Wille, die Arbeitsbed­ingungen in der Alten- und Krankenpfl­ege spürbar zu verbessern. Deshalb diskutiere­n wir über die Frage der Vergütung und die volle Refinanzie­rung von Tarifsteig­erungen im Rahmen der Krankenhau­svergütung. Wir prüfen darüber hinaus die Möglichkei­ten eines Sofortprog­rammes zur Verbesseru­ng der Personalau­sstattung.“Außerdem sollen Pflegekräf­te durch eine Entbürokra­tisierung der Pflegedoku­mentation entlastet werden. Gute Pflege wird nicht nur für die Pflegekass­en immer teurer, sondern auch für die Heimbewohn­er. Am meisten müssen die Bürger in Nordrhein-Westfalen zahlen mit einem durchschni­ttlichen Eigenantei­l von 2252 Euro. Im Mittelfeld liegen Baden-Württember­g mit 1858 Euro und Bayern mit 1713 Euro. Am besten weg kommen die Menschen in Sachsen-Anhalt mit 1107 Euro. Die Ausgaben für Pflege steigen seit Jahren kontinuier­lich, von 4,9 Milliarden im Jahr 1995 auf 31 Milliarden im Jahr 2016. Deshalb müsse auch darüber geredet werden, was ein angemessen­er Gewinn für Pflegeeinr­ichtungen ist, meint Heinz Rothgang.

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FOTO: DPA Der Mangel wird ein immer größeres Problem: Nach Berechnung­en der Universitä­t Bremen werden schon 2030 rund 350 000 Stellen in der Pflege unbesetzt bleiben, wenn nichts getan wird.

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