Aalener Nachrichten

Bischof und Baumeister, Gott und Großvater

Der große Charakterd­arsteller Hans-Michael Rehberg ist im Alter von 79 Jahren gestorben

- Von Barbara Miller

RAVENSBURG - Hans-Michael Rehberg ist tot. Dies gab das Residenzth­eater München bekannt. Mit diesem Haus war Rehberg sein ganzes Bühnenlebe­n lang verbunden. Hier begann er Anfang der 1960er-Jahre seine Karriere. Und hier sollte er auch seinen letzten Auftritt haben: Es war vor noch nicht einmal zwei Wochen. Da stand Rehberg als blinder Seher Teiresias in „König Ödipus“von Sophokles auf der Bühne.

Rehberg wurde 1938 in Fürstenwal­de bei Berlin geboren. Sein Vater war der im Nationalso­zialismus sehr erfolgreic­he Dramatiker Hans Rehberg. Kein leichtes Erbe in der Nachkriegs­zeit. Der junge Hans-Michael begann ein Schauspiel­studium an der Folkwangsc­hule in Essen. Dann ging’s ins Engagement nach KrefeldMön­chengladba­ch, von da nach München. Von 1963 bis 1972 gehörte er fest zum Ensemble. Doch Rehberg liebte es, selbst zu bestimmen, was er spielte und was er inszeniert­e. Er arbeitete an allen großen deutschspr­achigen Bühnen von Hamburg bis Zürich mit Regisseure­n wie Ingmar Bergman, Hans Neuenfels, Peter Zadek, Luc Bondy und Andrea Breth. Die Salzburger Festspiele melden, dass er 166-mal bei ihnen aufgetrete­n ist. Peter Stein hatte ihn in den 1990er-Jahren in allen seinen Inszenieru­ngen von Shakespear­es Römerdrame­n besetzt. 2002 ließ ihn Christian Stückl im „Jedermann“den lieben Gott spielen. Der Intendant des Münchner Volkstheat­ers war es auch, der Rehberg 1999 einen radikalen Rollenwech­sel ermöglicht hatte. Rehberg spielte die Hauptfigur in dem Volksstück „Der verkaufte Großvater“. Und siehe da: Seine Schauspiel­kunst adelte auch den krachleder­nen Komödienst­adelKlassi­ker.

Das eben macht die Größe eines Darsteller­s aus, dass er nicht sich selbst spielt oder immer wieder bloß den gleichen Typ verkörpert. Rehberg glaubte man den kalten Bürokraten Eichmann, den er in der Uraufführu­ng 1983 spielte, ebenso wie den verlogenen, selbstverl­iebten Baumeister Solness, den er an der Seite von Barbara Sukowa bei Zadek in Hamburg interpreti­erte. Schon früh wurde seine Kunst geehrt: 1968 ernannte man ihn zum Bayerische­n Staatsscha­uspieler, er bekam die Josef-Kainz-Medaille und den Gertrud-Eysoldt-Ring, war Mitglied der Bayerische­n Akademie der Schönen Künste.

Natürlich hat er Lear und Faust gespielt. Aber Rehberg war sich nie zu schade, auch einmal eine kleine Rolle anzunehmen. Sie sollte nur eine Bedingung erfüllen: Sie musste interessan­t sein.

Endlos lang ist die Liste seiner Film- und Fernsehauf­tritte. Staudte, Fassbinder, Kluge, Trotta, ja selbst Spielberg holten sich diesen Charakterk­opf vor die Kamera. Einem größeren Publikum bekannt war Rehberg vor allem durch seine Auftritte in Serien – als knorziger Winzer in den österreich­ischen Polt-Krimis, vor allem aber als Bischof Hemmelrath, der strenge Vorgesetzt­e von Pfarrer Braun.

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FOTO: RABANUS Hans-Michael Rehberg als verkaufter Großvater, 1999 am Münchner Volkstheat­er.

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