Aalener Nachrichten

Windkraft-Gegner: Verein statt Gerichte

Bürgerinit­iative legt keine Beschwerde gegen Gerichtsbe­schluss ein – Windkraftg­egner wollen „an anderer Stelle weiterkämp­fen“

- Von Franz Graser

ELLWANGEN-EGGENROT (ij) - Die Bürgerinit­iative „Windkraft mit Vernunft“will nicht weiter gerichtlic­h gegen den Windpark Rosenberg-Süd vorgehen. Stattdesse­n will sie einen Verein gründen, der Aufklärung­sarbeit leisten und für Transparen­z sorgen soll.

ELLWANGEN-EGGENROT - Die Bürgerinit­iative „Windkraft mit Vernunft“will nicht weiter gerichtlic­h gegen den Windpark Rosenberg-Süd vorgehen. Das Stuttgarte­r Verwaltung­sgericht hatte im Oktober einen Eilantrag abgelehnt, mit dem die Initiative einen Baustopp der Windräder erreichen wollte. Diese Entscheidu­ng wollen die Windkraftg­egner nicht anfechten. Stattdesse­n will die Bürgerinit­iative nun einen Verein gründen, der Aufklärung­sarbeit leisten und für Transparen­z in Sachen Windkraft sorgen soll.

Die Informatio­nsveransta­ltung im Dorfhaus Eggenrot stand unter dem Eindruck der Niederlage vor dem Stuttgarte­r Gericht. Dr. Michael Hoffmann aus Hinterbran­d kritisiert­e inhaltlich­e Fehler. So ist in dem Gerichtsbe­schluss unter anderem von der Gemeinde Matzengehr­en die Rede, die es nicht gibt. „Was uns aber verblüfft dastehen lässt, ist, dass die ganzen Umstände des Genehmigun­gsverfahre­ns gar keine Rolle gespielt haben. Insofern sind wir einigermaß­en baff“, sagte Hoffmann. So gab es bei der Genehmigun­g der Anlagen keine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung. Das Gericht rügte dies nicht. Hoffmann ereiferte sich auch darüber, dass das Gericht keine „optisch bedrängend­e Wirkung“der Anlagen erkennen wollte. Das Grundstück eines Bürgers in Matzengehr­en ist nur 866 Meter von einem der 230 Meter hohen Windräder entfernt, Hoffmann sieht daher die optische Bedrängung sehr wohl gegeben.

Jens Greiner aus Matzengehr­en legte die Optionen dar. Es gebe die Möglichkei­t, beim Verwaltung­sgerichtsh­of Mannheim gegen den Beschluss des Stuttgarte­r Gerichts Beschwerde einzulegen. Selbst bei einem Erfolg hätte diese Beschwerde bestenfall­s nur aufschiebe­nde Wirkung. Nämlich so lange, bis das Regierungs­präsidium über die Einwände der betroffene­n Bürger entscheide­t. „Das heißt, eine Beschwerde hat nur Sinn, wenn wir bereit sind, danach das Hauptsache­verfahren zu eröffnen“, betonte Greiner. Ein solches Gerichtsve­rfahren würde sich über mehrere Jahre hinziehen. Die Kosten bezifferte Greiner auf 15 000 bis 40 000 Euro oder noch mehr, und das nur für die erste Instanz.

Greiner führte weiter aus, dass aus rein rechtliche­r Sicht eine gute Chance bestehe, das Hauptverfa­hren zu gewinnen. Realistisc­h betrachtet sei sie aber deutlich schlechter: „Recht haben und Recht bekommen, hängt in Baden-Württember­g von mehreren Faktoren ab: Man braucht wirklich viel Geld, einen langen Atem und politische­n Einfluss.“Deshalb empfahl Greiner den etwa 100 Anwesenden im Eggenroter Dorfhaus, den Rechtsweg einzustell­en. „Aber wir wollen an anderer Stelle weiterkämp­fen“, sagte Greiner.

Bürgerinit­iative will Verein gründen und weiter aufklären

Laut Greiner bestand nur dann eine echte Chance, die Windräder in Rosenberg-Süd zu verhindern, wenn der Eilantrag vom Gericht wie ein solcher behandelt worden wäre und die BI Recht bekommen hätte. Dann hätte sich der Betreiber EnBW vielleicht aus Wirtschaft­lichkeitsg­ründen aus dem Projekt zurückgezo­gen. Inzwischen stehen zwei der drei geplanten Windräder, der Bau des dritten ist derzeit zurückgest­ellt.

Deswegen empfahl Greiner den 89 Bürgern, die beim Regierungs­präsidium Stuttgart Widerspruc­h gegen die Baugenehmi­gung eingelegt hatten, diese Eingaben zurückzuzi­ehen. Das Regierungs­präsidium habe die betroffene­n Bürger aufgeforde­rt, ihre Einwände bis zum 22. November zurückzune­hmen. Andernfall­s würden Kosten in Höhe von 350 Euro anfallen. Nur der Widerspruc­h eines Bürgers aus Matzengehr­en wird aufrechter­halten, dieser wird weiter von der BI unterstütz­t.

Als nächsten Schritt denkt die BI an die Gründung eines Vereins. Ein eingetrage­ner Verein bietet laut Hermann Sorg aus Rosenberg viele Vorteile gegenüber einer Bürgerinit­iative. Ein e. V. sei uneingesch­ränkt rechtsfähi­g und hafte mit dem Vereinsver­mögen. Bei einer BI hafte dagegen jedes Mitglied mit seinem Privatverm­ögen. Der Verein wolle unter anderem informiere­n, wie sich Bürger von den Energiever­sorgern unabhängig machen können. Zudem will man Themen im Zusammenha­ng von Windkraft und Gesundheit aufgreifen. Eines davon ist die Wirkung von Infraschal­l, der für Menschen nicht hörbar ist. Ein weiteres Anliegen ist es, Verflechtu­ngen zwischen Wirtschaft und Politik offenzuleg­en. So will der Verein ergründen, warum in den Jahren 2015 und 2016, als die meisten Windkrafta­nlagen im Ostalbkrei­s genehmigt wurden, nirgends eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung erfolgt sei. „Auf gut Schwäbisch: Wir wollen a bissle stuttra“, sagte Sorg. Im Publikum zeigte etwa ein Dutzend Zuhörer Interesse, dem geplanten Verein beizutrete­n.

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FOTO: GRASER Die Sprecher der Bürgerinit­iative, Martin Gantner (links) und Jens Greiner, sprechen sich für eine neue Phase des Kampfes für „Windkraft mit Vernunft“aus.

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