Aalener Nachrichten

26 Prozent weniger ausländisc­he Studenten

Erste Zahlen aus Wissenscha­ftsministe­rium zeigen Auswirkung­en der Studiengeb­ühren

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Die neu eingeführt­en Gebühren für Studenten aus NichtEU-Ländern haben die Anmeldunge­n an Baden-Württember­gs Hochschule­n deutlich sinken lassen. Nach vorläufige­n Anmeldezah­len, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegen, verzeichne­t das Wissenscha­ftsministe­rium aktuell zum Winterseme­ster 2017/2018 einen Rückgang ausländisc­her Studenten um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) ist das keine Überraschu­ng, wie sie der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt. „Dieser Rückgang bewegt sich in etwa entlang unseren Prognosen.“

Einnahmen bis 14 Millionen Euro

1500 Euro pro Halbjahr müssen Studenten ab dem Winterseme­ster 2017/ 2018 zahlen, wenn sie aus einem Land jenseits der EU stammen und ihr Studium in Baden-Württember­g neu aufnehmen. Die Studiengeb­ühren sind Bauers Strategie, ihren Teil zur Konsolidie­rung des Landeshaus­halts beizutrage­n, ohne Gelder für Forschung, für Kunst oder Kultur zu streichen. An der von Grün-Schwarz beschlosse­nen Konsolidie­rung müssen sich alle Ressortche­fs beteiligen. Anhand der bisherigen Anmeldezah­len von Studenten aus Drittlände­rn rechnet das Ministeriu­m mit Mehreinnah­men von bis zu 14 Millionen Euro pro Jahr. Noch nicht abgezogen sind Einbußen durch vielfältig­e Befreiunge­n von Studiengeb­ühren – etwa für Nicht-EU-Ausländer, die in Deutschlan­d ihre Hochschulr­eife erlangt haben, oder in Deutschlan­d lebende Flüchtling­e.

Die Kehrseite der Medaille ist indes, dass sich weniger junge Menschen aus dem Ausland für ein Studium an baden-württember­gischen Hochschule­n entschiede­n haben. Anfang November hatten sich 4670 weniger Studenten aus Drittstaat­en neu eingeschri­eben als zum Winterseme­ster 2016/2017. Dieser Rückgang um 26 Prozent werde noch schrumpfen, erklärt ein Sprecher des Wissenscha­ftsministe­riums. An manchen Hochschule­n, gerade an Universitä­ten, stehe der Einschreib­eschluss noch aus. Erwartet werde ein Rückgang um 20 bis 25 Prozent.

Die detaillier­ten Anmeldezah­len zeigen kein Muster, einen klaren Verlierer unter den Hochschula­rten etwa gibt es nicht (siehe Kasten). Die Gründe für die unterschie­dliche Attraktivi­tät werde das Ministeriu­m mit den einzelnen Hochschule­n nun analysiere­n, kündigte Bauer an. „Klar ist bereits jetzt, dass weder der jeweilige Standort noch die Hochschula­rt ausschlagg­ebend ist.“

Doch hat mancher Standort nun ein größeres Problem als andere, sagt Bastian Kaiser, Vorsitzend­er der Rektorenko­nferenz der Hochschule­n für Angewandte Wissenscha­ften. „Alle Hochschule­n, die das Thema Internatio­nalisierun­g als strategisc­hes Element haben, wie Ravensburg/ Weingarten und Reutlingen, haben ein richtiges Problem.“So sei etwa noch unklar, ob Studenten von Reutlingen­s Partner-Hochschule­n aus Boston und dem mexikanisc­hen Guadalajar­a auch weiterhin zwei Jahre gebührenfr­ei in Baden-Württember­g studieren können.

Schaden derzeit höher als Nutzen

Die neuen Studiengeb­ühren haben sich laut Kaiser im Ausland herumgespr­ochen. „Das hat zu einer zurückhalt­enden Bewerbungs­situation geführt.“Die Verunsiche­rung sei hoch. Durch Bauers Strategie der Mehreinnah­men seien den Hochschule­n zwar Kürzungen erspart geblieben. „Weitere Kürzungen hätten wir nicht verkraftet.“Es werde sich erst noch zeigen, ob der Nutzen – also die Mehreinnah­men – den Schaden an rückläufig­en Studentenz­ahlen übersteigt. „Da ist mein Gefühl, dass der Schaden im Moment höher ist als das, was an Einnahmen reinkommt“, sagt Kaiser.

Für die SPD-Fraktion im Landtag, die sich klar gegen die Einführung der Studiengeb­ühren ausgesproc­hen hat, ist der Rückgang der Anmeldezah­len keine Überraschu­ng. „Unsere Befürchtun­gen von geringeren Einschreib­ungen der Nicht-EU-Studierend­en an baden-württember­gischen Hochschule­n sind leider traurige Wahrheit geworden“, sagt die hochschulp­olitische Sprecherin Gabi Rolland. „Spannend wird es auch sein zu erfahren, wie viele der jetzt genannten knapp 5000 Erstsemest­er in den Genuss der von der Ministerin viel gepriesene­n Gebührenbe­freiung für besonders Begabte kommen werden.“Nach ihren Informatio­nen haben nur wenige Hochschule­n eine dafür notwendige Satzung erlassen.

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