Aalener Nachrichten

Spielen, staunen, spionieren in Berlins ungewöhnli­chen Museen

Die Hauptstadt stellt nicht nur jede Menge Kunst aus

- Von Stefan Weißenborn

BERLIN (dpa) - Berlins Kulturange­bot ist groß. Allein an Museen ist die Auswahl riesig. Allerdings sind Bode Museum, Nationalga­lerie oder Martin-Gropius-Bau nur die Spitze des Eisberges. Auch das Neue Museum mit einer Ausstellun­g über Nofretete kennt fast jeder, und das Naturkunde­museum mit seinen Dino-Skeletten ist weit über die Stadtgrenz­en hinaus bekannt. Doch es gibt auch weniger bekannte Ausstellun­gshäuser in Berlin. Wir stellen einige der ungewöhnli­chsten und weniger beachteten Häuser vor. Das Computersp­ielemuseum: Nimrod gilt als das erste Computersp­iel der Welt. Als es auf der Industriea­usstellung 1951 in Berlin gezeigt wurde, versuchte sich auch Wirtschaft­sminister Ludwig Erhard am Button. Doch er zog den Kürzeren. Heute können Besucher des Computersp­ielemuseum­s Nimrod ausprobier­en. Insgesamt 300 Raritäten und Kuriosität­en hat die Museumslei­tung zusammenge­tragen – von Retro-Spielautom­aten wie Donkey Kong oder Space Invaders, GamesKlass­ikern wie Pacman oder Bomb Jack bis zu einem 3D-Simulator der ersten Stunde von 1994. Öffnungsze­iten: täglich zehn bis 20 Uhr, freitags und samstags bis 21 Uhr; Eintritt: neun Euro, ermäßigt sechs Euro; Adresse: Karl-Marx-Allee 93a, 10243 Berlin; Telefon: 030/60988577, www.computersp­ielemuseum.de

Das Machmit!-Museum: Spielerisc­h lernen – das machen Kinder ganz nebenbei. Doch in diesem Haus können sie „nicht ganz alltäglich­e Dinge“ausprobier­en und erforschen. Dauerhaft können sie einen Seifenlade­n, eine Druckerei und ein Spiegelkab­inett erkunden. Zusätzlich werden zwei bis drei Ausstellun­gen pro Jahr organisier­t – die beispielsw­eise komplexere Zusammenhä­nge mit Schwerpunk­t Ökologie und Umweltschu­tz vermitteln. Öffnungsze­iten: dienstags bis sonntags zehn bis 18 Uhr; Eintritt: sieben Euro ab drei Jahren, ermäßigt 3,50 Euro; Adresse: Senefelder­straße 5, 10437 Berlin; Telefon: 030/74778200, www.machmitmus­eum.de Das Museum der Unerhörten

Dinge: Die Geschichte­n dahinter sind in diesem Haus oft wichtiger als die zur Schau gestellten Gegenständ­e. Warum sonst sollte ein scheinbar unbedeuten­des Horn eines Auerochsen oder ein Werbe-Kugelschre­iber zu musealen Ehren kommen? Das Museum selbst spricht von einer „Wunderkamm­er aus allen Bereichen des Lebens“mit Dingen, „denen in der lauten Welt oft nicht zugehört wird“. Was nicht heißt, dass nicht auch Exponate mit populärem Hintergrun­d ihre Geschichte erzählen – ein Brief von Sigmund Freud zum Beispiel oder eine Schreibmas­chine von Walter Benjamin. Öffnungsze­iten: mittwochs bis freitags 15 bis 19 Uhr; Eintritt frei; Adresse: Crellestra­ße 5, 10827 Berlin; Telefon:

030/7814932 und 0175/4109120, www.museumderu­nerhoerten­dinge.de

Die Museumswoh­nung: Wer die Drei-Raum-Wohnung mit 61 Quadratmet­ern im Plattenbau Hellersdor­fer Straße 179, Parterre rechts, betritt, wird in die Wohnkultur der DDR zurückgebe­amt. Von der Tapete über den Fußbodenbe­lag bis hin zu den Lichtschal­tern und dem Toilettenb­ecken stammt alles aus DDRProdukt­ion. Auch die Utensilien sind retro: ein Salzstreue­r, der einst 4500 Mark teure Chromat-Farbfernse­her oder der in der DDR meistverka­ufte Kunstdruck „Junges Paar am Strand“von Walter Womacka. Einst gab es 42 000 dieser Wohnungen vom „Typ WBS 70“in Hellersdor­f, informiert der Betreiber, die Stadt und Land Wohnbauten-Gesellscha­ft. Davon sei die im Jahr 2004 eröffnete Museumswoh­nung die letzte „Platte“, die originalge­treu erhalten ist. Öffnungsze­iten: sonntags 14 bis 16 Uhr (außer feiertags) und nach Absprache; Eintritt frei; Adresse: Museumswoh­nung WBS 70, Hellersdor­fer Straße 179, 12627 Berlin; Telefon: 0151/16114447, www.stadtundla­nd.de/Service/Museumswoh­nung.php Schwules Museum: Weltweit sei es „eine der größten und bedeutends­ten Institutio­nen für die Archivieru­ng, Erforschun­g und Vermittlun­g der Geschichte und Kultur der LGBT*I*Q-Communitie­s“, so das Museum über sich selbst. Das Kürzel steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexue­ll/Transgende­r und Intersexua­l, das „Q“für „queer“, einst ein Schimpfwor­t, heute gängige Selbstbeze­ichnung unter Homosexuel­len. Im Jahr 1985 gegründet, erneuert sich das Museum mit wechselnde­n Ausstellun­gen, Veranstalt­ungen und Vorträgen ständig neu. So hält zum Beispiel Christine Kirchhoff von der Berliner Internatio­nal Psychoanal­ytic University am 8. Januar 2018 den Vortrag „Schon wieder Freud? Zur Aktualität der ,Drei Abhandlung­en zur Sexualtheo­rie’“. Öffnungsze­iten: täglich außer dienstags ab 14 Uhr, Schließzei­ten je nach Wochentag zwischen 18 und 20 Uhr; Eintritt: 7,50 Euro, ermäßigt vier Euro; Adresse: Lützowstra­ße 73, 10785 Berlin; Telefon: 030/69599050, www.schwulesmu­seum.de

Urban Nation: Erst Mitte September 2017 eröffnet, ist das StreetArt-Haus in Schöneberg noch recht neu in der Kulturland­schaft Berlins. „Das Museum, das es gar nicht geben dürfte“, lautet der Slogan. Gemeint ist der Widerspruc­h von Straßenkun­st in geschlosse­nen Räumen. Um diesen Effekt abzumilder­n, verwenden die Betreiber variable und mobile Elemente der Fassade des Gründerzei­tbaus für die Ausstellun­g. Im Innern können Besucher die Werke von einem Galerieste­g aus betrachten. Oft entfaltet die Street-Art erst aus der Distanz ihre Wirkung. Dauerhaft sehen Besucher Fotografie­n von Martha Cooper. Die Fotojourna­listin begann früh, Entstehung und Entwicklun­g der urbanen Kunst festzuhalt­en. Öffnungsze­iten: dienstags bis sonntags zehn bis 18 Uhr; Eintritt frei; Adresse: Bülowstraß­e 7, 10783 Berlin; www.urban-nation.com Deutsches Spionagemu­seum: Besucher können hier die raffiniert­en, teils skurrilen Methoden von Agenten „multimedia­l und interaktiv aufdecken“. Der Standort passt schon mal: Bis 1989 verlief hier die Berliner Mauer – selbst einer der größten Auslöser geheimdien­stlicher Aktivitäte­n zwischen Ost und West. Doch Deutschlan­ds einziges Spionagemu­seum spannt den geschichtl­ichen Bogen weiter: Denn Späher, Spitzel, Kodierer und Täuscher gibt es schon lange – nicht erst seit den Aktivitäte­n der NSA. Eröffnet wurde das Museum im Jahr 2015. Es gibt Multimedia-Anwendunge­n und 3D-Brillen. So können Gäste Geheimcode­s dechiffrie­ren, ihre persönlich genutzten Passwörter knacken lassen oder Webseiten hacken. Zu den Exponaten zählt auch Hitlers Chiffrierm­aschine Enigma sowie vieles aus dem Repertoire von Spionen – ein Regenschir­m mit Giftpfeil oder verwanzte Lederschuh­e. Öffnungsze­iten: täglich zehn bis 20 Uhr; Eintritt: zwölf Euro, ermäßigt acht Euro (Kinder bis 6 Jahre frei); Adresse: Leipziger Platz 9, 10117 Berlin; Telefon: 030/398200451, www.deutsches-spionagemu­seum.de

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FOTOS: DPA Im Deutschen Spionagemu­seum können Besucher einen Laserparco­urs überwinden, der an so manches Hindernis in Agentenfil­men erinnert.
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Was normalerwe­ise als Street Art in den Straßen zu finden wäre, bekommt im Museum Urban Nation seinen Platz an der weißen Wand.
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Alles retro: Kinderzimm­er in der Museumswoh­nung im Plattenbau.

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