„In Ellwangen herrscht Vollbeschäftigung“
Oberbürgermeister Hilsenbek über die wirtschaftliche Entwicklung und die Bedeutung weicher Standortfaktoren
ELLWANGEN - In Ellwangen herrscht Vollbeschäftigung, die Wirtschaft brummt. Darüber und über die Bedeutung sogenannter weicher Standortfaktoren hat sich Oberbürgermeister Karl Hilsenbek im Gespräch mit Viktor Turad geäußert.
In Ellwangen brummt die Wirtschaft!
Das ist wohl wahr. Fast wäre ich geneigt zu sagen: Das ist der Wahnsinn! Aber im Ernst: Wir haben von der Krise vor einigen Jahren hier so gut wie nichts mitbekommen. Und jetzt ist die Nachfrage nach Grundstücken in unserem Gewerbe- und Industriegebiet an der Autobahn ungebrochen.
Ellwangen hat mit einer Quote von 1,7 Prozent die wenigsten Arbeitslosen in Ostwürttemberg. Zum Vergleich: In Heidenheim sind es 4,2 und in Schwäbisch Gmünd 3,1 Prozent. Wie kommt das?
In Ellwangen herrscht schon seit sehr langer Zeit Vollbeschäftigung, das stimmt. Das liegt zum einen an der vielseitigen Gewerbestruktur. Im Industrie- und Gewerbegebiet finden Sie vom Bauunternehmen bis zum Hightech-Unternehmen sehr viele unterschiedliche Betriebe. Dies hat den Vorteil, dass es nicht gleich alle trifft, wenn es einer Branche mal nicht so gut gehen sollte. Zudem sind die Arbeitgeber sehr verlässlich, weswegen es eine geringe Fluktuation gibt. Im Gegenzug können sich die Arbeitgeber aber auch auf ihre sehr gut ausgebildeten zuverlässigen Mitarbeiter verlassen.
Worauf führen Sie die starke Nachfrage im Industrie- und Gewerbegebiet zurück?
Es ist natürlich die günstige Lage an der Autobahn, aber auch die Mundzu-Mund-Propaganda und die Tatsache, dass wir als Stadt die Betriebe sehr gut begleiten – nicht nur bei der Ansiedlung, sondern auch danach.
Wichtig ist für einen Interessenten nicht nur der Arbeitsplatz, es zählen auch die sogenannten weichen Faktoren wie Kinderbetreuung, Schulangebot und Wohnen.
Ganz vorne steht für viele auch die Breitbandversorgung. Der gilt inzwischen immer gleich die zweite Frage von Interessenten. Ich denke, Ellwangen kann da vieles bieten. Beim Bauplatzangebot etwa haben wir richtig Vollgas gegeben und in den letzten zwei Jahren insgesamt 120 Bauplätze angeboten. Allein in diesem Jahr haben wir bisher 50 verkaufen können und die Nachfrage ist nach wie vor ungebrochen. Bauplätze können wir übrigens in allen Stadtteilen anbieten. Wir sind ständig am Ball und es gibt auch eine Bauverpflichtung. Ebenso groß ist die Nachfrage aber auch beim Geschosswohnungsbau. Hier versuchen wir ständig, mit Bauträgern Flächen zu akquirieren. Und noch in diesem Jahr werden 60 von der Ellwanger Baugenossenschaft modernisierte Wohnungen wieder belegt. Denn jede dadurch wieder frei werdende Wohnung entlastet den Wohnungsmarkt.
Wie sieht es bei Bildung und Betreuung aus?
Bei den Schulen haben wir kräftig investiert. Unser Angebot ist super, sodass wir uns mit Fug und Recht Schulstadt nennen dürfen. Wir haben beispielsweise die beiden Gymnasien ertüchtigt, ebenso die beiden Gemeinschaftsschulen. Im Moment sind wir dabei, die Grundschule Pfahlheim auf Vordermann zu bringen.
Und die Betreuungsangebote?
Auch in Ellwangen haben wir erfreulicherweise einen Anstieg bei den Geburten zu verzeichnen, aber hier ist es naturgemäß schwieriger, am Ball zu bleiben, weil es halt seine Zeit dauert, bis etwas gebaut ist. Insgesamt stehen wir auch hier gut da. Wobei es aktuell Diskussionen in Schrezheim gibt. Dort fällt der Bewegungsraum der Kindertagesstätte weg, weil die Kita mit zehn Krippenplätzen für Kinder unter drei Jahren ab 1. Januar wieder vierzügig werden soll. In diesem Zusammenhang muss man aber auch erwähnen, dass es im Industriegebiet zwei Betriebskindergärten gibt. Die Firmen bieten also auch etwas an, um Fach- und Führungskräfte zu bekommen.
Die Kehrseite der Medaille bei einer boomenden Wirtschaft ist, dass die Nachfrage nach Fachkräften steigt.
Und da haben unsere Betriebe teilweise große Probleme, den Mangel an Fachkräften bekommen sie zu spüren. Ich weiß sogar von einem Betrieb, der seine Abteilung für Angebotsakquise verkleinern musste, weil er sonst mit dem Abarbeiten der Aufträge nicht mehr nachkommt. Oder, ein anderes Beispiel, es gibt Betriebe, die bekommen keinen Elektriker. Das muss man sich einmal vorstellen.
Was kann die Stadt da tun?
Wir haben schon viel getan. Das zeigt sich daran, dass wir im vergangenen Jahr wieder von der IHK als „ausgezeichneter Wohnort für Fachund Führungskräfte“zertifiziert worden sind. Das war eine sehr anspruchsvolle Re-Auditierung, die uns erneut bescheinigt, dass wir in den Handlungsfeldern „Zuzug leicht gemacht“, „Beruf und Familie“, „Ausländische Fach- und Führungskräfte“, „Kultur und Freizeit“und „harte Standortfaktoren“besondere Angebote für Fach- und Führungskräfte haben.