Bei „Martinus Luther“gibt es Beifall und Kopfschütteln
Ensemble „theaterlust“präsentiert in der Stadthalle Luther als Trunkenbold und Fresssack
AALEN - Das Ensemble „theaterlust“aus dem oberbayerischen Haag hat in der Stadthalle das Schauspiel „Martinus Luther. Anfang und Ende eines Mythos“von John von Düffel aufgeführt. Hier wurde Besuchern ein Bild des Reformators präsentiert, das sich von den gängigen Darstellungen der Person Luther zuweilen doch drastisch unterschied.
Regisseur Thomas Luft hatte die Besucher in seiner Einführung zu dem Auftragswerk von John von Düffel schon vorgewarnt. Man wolle, so Luft, Luther zwar nicht vom Sockel stoßen, aber die Zuschauer sollten natürlich auch nicht einen Volkshochschulkurs über Luther auf der Bühne erwarten. Und es werde anstrengend, so der Regisseur. Luther hat es sich in seinem Leben schließlich nicht leicht gemacht, warum also sollte es den Besuchern anders gehen?
Betretenes Schweigen im Publikum
Die Vorstellung dauerte über zwei Stunden. Vor allem der zweite Teil des Stücks hatte es in sich. John von Düffel zeichnet darin Luther am Ende seines Lebens als verbitterten und zynischen – pardon – Kotzbrocken, als Trunkenbold und fetten Fresssack, der mit derben Sprüchen auf sein Ende wartet. Starker Tobak. Und von Düffel lässt den Schauspieler Thomas Kügel, der den alten Luther mit ungeheurer Intensität und sehr authentisch spielt, auch aus dessen Schriften zu den Juden und den Türken zitieren.
Im Publikum herrschte an dieser Stelle betretenes Schweigen. In scharfem Widerspruch zu dieser düsteren und fatalistischen Atmosphäre stehen die Versuche des Autors, die Handlung durch diverse spaßige Einwürfe von Luthers Frau Katharina (überzeugend burschikos und resolut Anja Klawun) oder dem jungen Studenten (Sebastian Gerasch) zu konterkarieren. „Ich muss noch fahren“, beantwortet er zum Beispiel Luthers Aufforderung, noch einen Becher zu trinken. Im ersten Teil des Schauspiels sind die Rollen umgekehrt verteilt. Gerasch spielt sehr eindringlich den jungen Luther, der von allerlei Anfechtungen gequält, in Todesangst der heiligen Anna gelobt, der Welt zu entsagen und Augustinermönch zu werden. Thomas Kügel spielt sowohl den darüber verzweifelten Vater als auch Luthers Mentor und Beichtvater, von Staupitz. Auch Anja Klawun schlüpft wandlungsfähig und überzeugend gleich in mehrere Rollen: die mit beiden Beinen im Leben stehende Katharina von Bora, die verführerische Teufelin und den geschäftstüchtigen Ablassprediger Tetzel. Das Ganze spielt in einem grauen, abstrakten Bühnenbild von Barbara Fumian mit einem großen Leuchtkreuz auf dem Boden und klappbaren Seitenwänden.
Im zweiten Teil hängt das Kreuz an der Decke, am Boden sind symbolische Gräber in Kreuzesform angeordnet. Das Publikum spendete am Schluss anerkennenden Beifall. Etliche Besucher verließen jedoch auch kopfschüttelnd die Stadthalle.