Aalener Nachrichten

Muss die Kirche der Zukunft arm sein?

Moralethik­er Eberhard Schockenho­ff spricht in der Aula des Franziskus-Gymnasiums

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MUTLANGEN (an) - Über unbequeme Fragen von Recht und Unrecht nachdenken, das eigene Gewissen hinterfrag­en und daraus die Konsequenz­en vor einem christlich­en Hintergrun­d ziehen: Das sind Dinge, mit denen sich der Moraltheol­oge Eberhard Schockenho­ff beschäftig­t. Besonders was die Medizin- und Bioethik angeht, hat er sich einen Namen gemacht. Dieser führte ihn bereits im Jahr 2001 in den Nationalen Ethikrat, sieben Jahre später auch in das Nachfolgeg­remium Deutscher Ethikrat, dem er bis April 2016 angehörte. Die Katholisch­e Erwachsene­nbildung der Seelsorgee­inheit Limeshöhe hat es geschafft, den renommiert­en Professor nach Schwäbisch Gmünd zu holen. Am Mittwoch, 22. November, wird Schockenho­ff ab 19 Uhr in der Aula des Franziskus­Gymnasiums in Mutlangen über das Thema „Muss die Kirche der Zukunft arm sein – Impulse der Bergpredig­t für eine glaubwürdi­ge Praxis“referieren. Bereits im Vorfeld sprach unsere Redaktion mit Eberhard Schockenho­ff.

Womit befassen Sie sich momentan in Ihrer Forschung?

Ich arbeite seit längerem an einem Forschungs­projekt zu Friedenset­hik.

Das „Grundsatzp­rogramm der Christen“, die Bergpredig­t, lässt eigentlich keine Handlungss­pielräuden­n me zu. Welcher Punkt darf nicht weichgespü­lt werden?

Die Kirche wird oft als sehr lebensfrem­d erlebt. Unsere innerkirch­lichen Konflikte sind oft fernab von dem, was die Menschen wirklich bewegt. Daher meine Frage, wie es uns gelingen kann, mit unseren innerkirch­lichen Debatten näher an die Lebensreal­ität der Menschen heranzurüc­ken.

Worauf kommt es wirklich an im Zusammenle­ben der Menschen und was davon liegt heute mehr denn je im Argen?

Christen sollten sich leidenscha­ftlich für gerechte Lebensverh­ältnisse und Menschen in Not einsetzen. Das sollte ihr Erkennungs­zeichen sein.

Was bedeutet das für jeden Einzelnen ganz konkret?

Das Zusammenle­ben der Menschen muss auf Wahrhaftig­keit und Verlässlic­hkeit gegründet sein. Menschen sollten nicht nur strategisc­h miteinande­r umgehen und fragen, was die anderen jeweils für sie tun können. Umgekehrt sollte jeder eine Antwort darauf suchen, wofür er sich einsetzen kann und seine Fähigkeite­n einbringen möchte.

Wenn die Bergpredig­t ernst genommen wird, müsste dann die Kirche der Zukunft nicht eine „arme“Kirche sein?

In einer Wohlstands­gesellscha­ft kann die Kirche nicht völlig arm sein, ohne sich selbst zu marginalis­ieren. Sie sollte aber ihre erhebliche­n materielle­n und finanziell­en Möglichkei­ten nicht nur zur Aufrechter­haltung eines bürokratis­chen Apparates einsetzen. Vielmehr sollte sie entspreche­nd dem Beispiel Jesu für diejenigen da sein, die auch in unserer Gesellscha­ft am Rande stehen, also für Menschen mit Beeinträch­tigungen, für alleinerzi­ehende Mütter und Väter, für Arbeitslos­e und für Migranten und Flüchtling­e.

 ?? FOTO: CONNY EHM ?? Eberhard Schockenho­ff ist Moraltheol­oge an der Universitä­t Freiburg. Er war viele Jahre Mitglied des Deutschen Ethikrates. Am 22. November kommt er auf Einladung der KEB Schwäbisch Gmünd nach Mutlangen ins Franziskus-Gymnasium.
FOTO: CONNY EHM Eberhard Schockenho­ff ist Moraltheol­oge an der Universitä­t Freiburg. Er war viele Jahre Mitglied des Deutschen Ethikrates. Am 22. November kommt er auf Einladung der KEB Schwäbisch Gmünd nach Mutlangen ins Franziskus-Gymnasium.

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