Aalener Nachrichten

Enkelin gibt das Geld der Oma für sich aus

28-Jährige steht wegen gewerbsmäß­iger Untreue vor Gericht – Verfahren wurde vorläufig eingestell­t

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AALEN (gk) - Wegen gewerbsmäß­iger Untreue in mehr als 50 Fällen hat sich eine junge Frau aus einer Gemeinde im Ostalbkrei­s vor Amtsgerich­tsdirektor Martin Reuff als Strafricht­er verantwort­en müssen. Die Staatsanwa­ltschaft Ellwangen hat der 28-Jährigen vorgeworfe­n, als rechtliche Betreuerin ihrer Großmutter knapp 20 000 Euro von deren Konto für eigene Zwecke verwendet zu haben. Die junge Frau und ihr Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Günther Haubner, räumten die Vorwürfe ein, trotzdem wurde das Verfahren von Amtsrichte­r Martin Reuff vorläufig eingestell­t.

Der Fall erlaubte einen interessan­ten Einblick in die mitunter komplizier­te Rechtslage beim Thema Betreuung von zumeist älteren Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre alltäglich­en Angelegenh­eiten selbst zu regeln. Die Oma der Beschuldig­ten erlitt im Jahr 2007 einen Schlaganfa­ll, deshalb wurde deren Mann vom Betreuungs­gericht als rechtliche­r Vertreter eingesetzt und die Enkelin als sogenannte Verhinderu­ngsbetreue­rin, also quasi als Vertreteri­n ihres Großvaters bei der Betreuung, bestellt. Nachdem der Großvater Ende 2015 verstorben ist, war sie dann die alleinige Betreuerin, konnte also auch über das Konto der Oma verfügen. Das nutzte sie aus, um damit einen Teil ihres Lebensunte­rhalts zu bestreiten.

Der kontoführe­nden Bank kamen die laufenden Abhebungen und Überweisun­gen verdächtig vor. Sie informiert­e das Betreuungs­gericht, das im November einen unabhängig­en Betreuer einsetzte, der die Untreue der Enkelin aufdeckte und die Staatsanwa­ltschaft einschalte­te. Die Beschuldig­te rechtferti­gte ihr Handeln zumindest teilweise damit, dass sie auch schon früher von ihrem Opa immer wieder Geld für die Pflege der Oma erhalten habe.

Veruntreut­e Gelder können zurückgefo­rdert werden

Staatsanwa­ltsvertret­er Schäffer, Rechtsanwa­lt Haubner und Richter Reuff waren sich in der Verhandlun­g darüber einig, dass der unabhängig­e Betreuer selbstvers­tändlich das Recht habe, die veruntreut­en Gelder auf zivilrecht­lichem Weg wieder zurückzufo­rdern. Differenze­n zwischen Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­r gab es in der Frage, ob die Vollmacht des Betreuers so umfänglich ist, dass er auch einen wirksamen Strafantra­g stellen kann. Das ließe sich, so Günther Haubner, aus den entspreche­nden Paragraphe­n des Strafgeset­zbuches nicht ableiten und entspräche vermutlich auch nicht dem Willen der Großmutter.

Nachdem in der notarielle­n Bestellung­surkunde des Betreuers keine pauschale Vollmacht für sämtliche Rechtsgesc­häfte enthalten ist, sondern verschiede­ne Einzelbere­iche definiert sind, schloss sich Richter Reuff dieser Ansicht an und stellte das Verfahren vorläufig ein. Der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft behielt sich einen Einspruch gegen diese Entscheidu­ng vor.

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