Aalener Nachrichten

Nach wie vor keine Segnung Homosexuel­ler

Dekan legt sich mit „evangelika­len Fundamenta­listen“an

- Von Viktor Turad

AALEN – Dass in der Synode der evangelisc­hen Landeskirc­he keine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine kirchliche Amtshandlu­ng als Konsequenz einer zivilrecht­lichen Eheschließ­ung homosexuel­ler Paare zustande gekommen ist, treibt Dekan Ralf Drescher um. Und zwar so sehr, dass er auch vor deutlichen Worten nicht zurückschr­eckt und sagt, in dieser speziellen Frage habe sich seine Landeskirc­he als ernst zu nehmender Gesprächsp­artner disqualifi­ziert. Sie ist damit auch das Schlusslic­ht innerhalb der evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, denn alle anderen Landeskirc­hen haben Regelungen zur Segnung Homosexuel­ler

Er sei nicht wirklich enttäuscht, sagt Drescher auf Anfrage, denn angesichts der hohen Hürde einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Landessyno­de sei dies zu erwarten gewesen. Bedauerlic­h und tragisch sei aber, dass sich in dieser Entscheidu­ng nicht der Mehrheitsw­ille widerspieg­ele, der gesamtgese­llschaftli­che schon gleich gar nicht. Drescher: „So ist es eben. Aber die Entscheidu­ng kann man ja 2019 ändern, wenn Kirchenwah­len sind“, sagt Drescher.

Angesichts der gesamtgese­llschaftli­chen Entwicklun­g habe sich die Landeskirc­he jedoch in dieser Frage als ernst zu nehmender Gesprächsp­artner disqualifi­ziert. Das Bild, das die Kirche hier nach außen hin abgebe, sei aufgrund der Mehrheitsv­erhältniss­e in der Synode leider von „evangelika­len Fundamenta­listen“geprägt. „Das ist umso bedauerlic­her, als diese im Grunde eine Minderheit darstellen!“

Hinterzimm­er-Diplomatie gescheiter­t

Daher, so Drescher weiter, sehe er an dieser Stelle die viel beschworen­e Hinterzimm­er-Diplomatie in der Synode als gescheiter­t an. Dies sei umso bedauerlic­her, als sich Landesbisc­hof Otfried July, der Oberkirche­nrat und viele Synodale bis zur Erschöpfun­g für die Segnung homosexuel­ler Menschen und Paare eingesetzt hätten.

Er glaube aber nicht, dass es wegen dieser Entscheidu­ng zu einem Bruch in der Landeskirc­he kommen werde. Drescher: „Zunächst ändert sich für die, die immer mit dem Bruch der Einheit gedroht haben, nichts, und die anderen werden weiter tapfer dafür kämpfen, dass diese unheilvoll­e Diskrimini­erung Homosexuel­ler überwunden wird.“

Eine aufrichtig­e Seelsorge und gleichbere­chtigte Begleitung gleichgesc­hlechtlich­er Paare werde durch diese Entscheidu­ng jedoch zur Farce. Der Dekan: „Das bedaure ich zutiefst und schäme mich auch dafür!“

Selbstvers­tändlich respektier­e er jedoch die demokratis­ch zustande gekommene Entscheidu­ng. Formal sei er auch daran gebunden. Er sei jedoch überzeugt, dass sich aus seelsorger­ischen Gründen Mittel und Wege finden lassen bei der Begleitung Homosexuel­ler. Dafür gebe es Beispiele.

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FOTO: SVEN HOPPE Die evangelisc­he Landeskirc­he in Württember­g lehnt eine rechtliche Gleichstel­lung homosexuel­ler mit heterosexu­ellen Paaren ab.

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