Aalener Nachrichten

In Berlin ist niemand überrascht

Horst Seehofer wird als Verhandler geschätzt und als Minister erwartet

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Leicht hat er es der Schwesterp­artei CDU selten gemacht. Legendär sind Horst Seehofers anhaltende Auseinande­rsetzungen in der Flüchtling­sfrage mit Kanzlerin Angela Merkel, bevor er kurz vor der Bundestags­wahl noch einen Burgfriede­n schloss. Während der Jamaika-Verhandlun­gen aber waren Freund und Feind zufrieden mit Horst Seehofer. Er gilt als gewiefter Verhandler, der mit allen Berliner Winkelzüge­n vertraut ist. Sodass er – trotz aller Unberechen­barkeiten – für die Berliner Politik immer noch der verlässlic­here Partner ist, als wenn jetzt ein Landespoli­tiker wie Markus Söder als CSU-Chef in die Koalitions­verhandlun­gen neu eingestieg­en wäre. Der großen CSU-Verhandlun­gsdelegati­on wird Söder bei Gesprächen freilich angehören.

Seehofer selbst hat betont, dass er aufgrund jahrelange­r Erfahrunge­n in Bonn und Berlin seinen Beitrag bei der Regierungs­bildung leisten kann, „in den nächsten Wochen oder vielleicht auch Monaten“. Er hofft jedoch auf zügige Sondierung­en.

Und danach? Horst Seehofer sehe seine Zukunft jetzt in Berlin, heißt es schon lange in der Hauptstadt. Er selbst hat einmal gesagt, dass der CSU-Chef in Berlin sein müsse. Doch Seehofer will sich dazu jetzt nicht äußern. „Ich bin nicht in der Karrierepl­anung für mich“, sagt er. Doch das nehmen ihm in Berlin die wenigsten ab. „Vielleicht übernimmt Horst Seehofer ja in Berlin ein Amt. Ich kann mir das gut vorstellen, er hat sich in den Sondierung­srunden glänzend geschlagen. Er ist der Experte, der alle Dossiers im Kopf hat“, sagte Entwicklun­gsminister Gerd Müller schon vor zehn Tagen im Interview der „Schwäbisch­en Zeitung“. Da begrüßte er bereits die Lösung, die jetzt kommen könnte: Wenn Horst Seehofer CSUVorsitz­ender bleibt und nach Berlin geht. „Das wäre gut für Bayern und für den Bund“, findet Müller.

Doch welches Ministeram­t könnte Seehofer anstreben? Gerd Müller möchte sein Ministeriu­m gerne weiterführ­en. Für ihn sprechen seine gute Bilanz und der Anspruch der CSU, in Berlin immer auch ein Stück weit außenpolit­ische Verantwort­ung zu übernehmen.

Joachim Herrmann hat angekündig­t, dass er nun nicht als Innenminis­ter nach Berlin kommen will. Die CSU-Landesgrup­pe wird es gerne sehen, dass damit nicht gleich zwei Minister aus München kämen. Doch welches Ressort Seehofer ausfüllen könnte, gilt als offen. Auf jeden Fall ein starkes Ressort, dazu würde das Innenresso­rt zählen, vor allem aber das Finanzress­ort. Es gibt aber auch Zweifel, ob sich Seehofer in die Kabinettsd­isziplin unter Merkel einordnen könnte.

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