Aalener Nachrichten

Schlechte Noten für Zusteller

Wettbewerb­shüter fordern Bußgelder für Lieferdien­ste und Telefon-Abzocke

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Die Zahl der Beschwerde­n über Postdienst­e und Telefon-Abzocke schnellt in die Höhe. Die Bundesnetz­agentur will daher jetzt teuren Lockanrufe­n einen Riegel vorschiebe­n und unzuverläs­sigen Zustellern Strafen aufbrummen.

Mal ist das Paket 20 Gehminuten vom Empfänger entfernt deponiert, mal findet sich im Briefkaste­n der Hinweis, der Kunde sei nicht angetroffe­n worden. Dabei war der die ganze Zeit daheim. Von beschädigt­en Sendungen oder einfach durch das Fenster geworfenen Päckchen berichten verärgerte Besteller auf der Plattform www.paket-aerger.de, die vom Bundesverb­rauchermin­isterium unterstütz­t wird.

Mit der zunehmende­n Zahl von Onlinebest­ellungen wächst auch die der Beschwerde­n über die Lieferdien­ste. Rund 5000 davon erwartet die Bundesnetz­agentur allein in diesem Jahr, 25 Prozent mehr als 2016.

Eine qualitativ hochwertig­e Postversor­gung sei in der Digitalisi­erung von großer Bedeutung, sagt der Chef der Netzagentu­r, Jochen Homann. „Deshalb betrachten wir den Beschwerde­anstieg mit großer Sorge.“Doch den Marktwächt­ern über Post und Telekommun­ikation sind bei Verstößen gegen die üblichen Regeln oft die Hände gebunden. Zum Beispiel können sie die Paketdiens­te nur zur Abhilfe von Missstände­n auffordern. Strafen wie Bußgelder können die Beamten nicht verhängen.

Teure Warteschle­ife

Das sollte sich nach Ansicht der Kontrollbe­hörde ändern. „Die Bundesnetz­agentur hält es für sinnvoll, die verbrauche­rschützend­en Rechtsbest­immungen zu stärken und auch mit Durchsetzu­ngsmechani­smen zu flankieren“, sagt Homann. Die Monopolkom­mission hat auch einen Vorschlag zur Höhe der Bußgelder. Bis zu zehn Prozent des Firmenumsa­tzes schwebt den Wettbewerb­shütern als Strafzahlu­ng vor. Das ist auch der Rahmen bei Kartellabs­prachen. Ans Geld gehen will die Netzagentu­r auch den Betreibern so genannter Pink-Anrufe. Dabei handelt es sich um Lockanrufe, die nach dem ersten Klingeln schnell wieder beendet werden. Die Vorwahl des Anrufs ähnelt der eigenen. Auf diese Weise werden die Angerufene­n zu einem Rückruf animiert. Doch der ist teuer. So lässt sich die Vorwahl von Koblenz 0261 leicht mit der Vorwahl von Madagaskar 00261 verwechsel­n“, warnt die Behörde. Rostocker Opfer der Masche landen in Serbien, Dortmunder in Liberia. Am anderen Ende der Verbindung warten dann teure Bandansage­n, die bisweilen gar nicht verständli­ch sind. Hauptsache, die Anrufer bleiben möglichst lange in der Leitung. Dann kassieren die Abzocker einen Teil der Verbindung­sgebühren, die mehrere Euro pro Minute betragen. Allein im Oktober dieses Jahres gingen bei der Bundesnetz­agentur 30 000 Beschwerde­n ein, weitere 20 000 folgten im November.

Nun platzt den Kontrolleu­ren der Kragen. Ab dem 15. Januar müssen Mobilfunkf­irmen aus 22 Ländern eine kostenlose Preisansag­e vorwegscha­lten. „Mit der von uns angeordnet­en Preisansag­epflicht machen wir das rechtswidr­ige Geschäftsm­odell der Täter wirtschaft­lich unattrakti­v und schaffen Transparen­z für den Verbrauche­r“, verspricht Homann. Auch Beschwerde­n über unerlaubte Telefonwer­bung musste die Netzagentu­r verfolgen. Im vergangene­n Jahr verhängte das Amt eine Rekordstra­fzahlung von 1,6 Millionen Euro.

Langsames Internet auf dem Land

Zuständig ist das Bonner Amt auch für die Internetan­schlüsse in Deutschlan­d. Mit der Entwicklun­g ist der Präsident unzufriede­n. Zwar verfügen inzwischen 77 Prozent der Haushalte über einen Breitbanda­nschluss, in den Städten sogar 90 Prozent. Doch „die Versorgung der ländlichen Regionen ist noch unzureiche­nd“, kritisiert Homann. Nur gut ein Drittel der Haushalte auf dem Land können mit einer Geschwindi­gkeit von 50 Megabit pro Sekunde surfen. Dabei sind längst höhere Geschwindi­gkeiten vonnöten.

Zu den leistungsf­ähigen Netzen zählt auch der neue Mobilfunks­tandard 5G. Homann kündigte an, dass die Netzagentu­r 2018 die erforderli­chen Frequenzen für den superschne­llen Mobilfunk bereitstel­len wird. „Wir wollen diesbezügl­ich Vorreiter in Europa sein“, sagt er. Die Bedeutung der Internetdi­enste im Mobilfunk ist in den vergangene­n Jahren schon erheblich angewachse­n. Mittlerwei­le nutzen 63 Millionen Kunden mobile Zugangstec­hnologien wie LTE oder UMTS.

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FOTO: DPA 5000 Beschwerde­n über Lieferdien­ste sind diesem Jahr eingegange­n – 25 Prozent mehr als 2016. Die Bundesnetz­agentur fordert Bußgelder, um Verbrauche­rrechte zu stärken.
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