Lob und kritische Nachfragen
Bürger löchern Oberkochener Bürgermeister-Kandidaten eine Stunde lang
OBERKOCHEN (tu) - Es hat auch Lob gegeben bei der Vorstellung der beiden Bewerber um das Amt des Bürgermeisters im vollbesetzten Bürgersaal im Rathaus: Lob von Josef Winter für Amtsinhaber Peter Traub dafür, dass er den südkoreanischen Werkzeughersteller YG-1 an Land gezogen hat, und für Herausforderer Max Wirth dafür, dass er mit seiner Kandidatur eine wirkliche Wahl ermöglicht. Rund eine Stunde lang hatten sich Traub und Wirth nach ihren Reden den Fragen aus dem Publikum gestellt.
Flott und ungewöhnlich eingeleitet wurde die Kandidatenvorstellung von Gesangsdarbietungen des Chors „musica è“des Sängerbunds Oberkochen unter der Leitung von Silke Brand. Die offizielle Präsentation der Bewerber leitete Edgar Hausmann als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses. Zunächst hatten Peter Traub – in Anzug und Krawatte – und Max Wirth – in legerer Freizeitkleidung – jeweils in Abwesenheit ihres Mitbewerbers eine viertel Stunde Zeit, sich und ihre Pläne vorzustellen (wir haben am Samstag aktuell berichtet).
Auf Fragen aus dem Publikum teilte Bürgermeister Traub mit, die Flächen, die YG-1 jetzt gekauft habe, lägen bereits seit zwei Jahren brach. Sie seien erschlossen worden, weil kleinere Firmen Interesse angemeldet, dieses aber nach der Erschließung verloren hätten. Wirth widersprach: Er wisse von Firmen, die Interesse gehabt hätten, dann aber abgewandert seien. Außerdem seien dies Vorratsflächen bis 2023 gewesen. Es sei nicht vorgesehen gewesen, sie auf einen Schlag zu verkaufen.
Als Zweifel geäußert wurden, ob die Südkoreaner ernsthafte Ansiedlungsabsichten in Oberkochen hätten, sagte Traub, das Unternehmen habe bereits eine erste Rate in Höhe von 600 000 Euro auf den Kaufpreis überwiesen. Dies würde es sicher nicht tun, wenn es die Absicht hätte, nichts zu tun. Im übrigen könne man doch eine Fläche nicht brach liegen lassen, obwohl es die Anfrage eines Interessenten gebe.
Er hätte einen Neubau des Freizeitbads „aquafit“an einer anderen Stelle vorgezogen, sagte Traub auf eine weitere Anfrage. Aber an allen potenziellen Standorten gebe es Probleme. Im Gewerbegebiet zu bauen, wäre zwar möglich gewesen, dies wäre jedoch nach seiner Überzeugung der Tod des „aquafit“gewesen. Daher habe man sich für eine Sanierung am bisherigen Standort entschieden.
Wirth: Kein Kaffeesatzleser
Immer wieder kritisch hinterfragt wurde die Qualifikation des Unternehmers Wirth für die Position des Bürgermeisters. Er sagte, er habe sich bereits in viele Abläufe eingearbeitet, daher habe er auch vor dieser Aufgabe keine Angst. Welchen konkreten Zeitraum er dafür brauche, lautete eine weitere Frage. Darauf könne er keine vernünftige Antwort geben, konterte Wirth, schließlich sei er kein Kaffeesatzleser.
Offen ließ er auch, was nach seiner eventuellen Wahl mit seinem Betrieb werde. Es gebe Möglichkeiten und das Unternehmen werde weiterlaufen. Wie das konkret aussehe, sage er erst, wenn er zum Bürgermeister gewählt sei.
Die vorgeschlagenen EinwohnerParkausweise in bestimmten Gebieten und die Forderung nach einem Jugendhaus seien etwas dürftige Ziele für eine achtjährige Amtszeit, bemängelte ein weiterer Fragesteller. Er höre täglich zu, was die Leute wollten und nehme das auf, sagte Wirth. Er habe noch kein Konzept, aber er sei total offen und freue sich auf die Kommunikation.
Was er von der These seines Mitbewerbers halte, es gebe keinen Unterschied in der Leitung eines Unternehmens und eines Rathauses, wurde Traub gefragt. Der widersprach energisch: Das seien zwei grundverschiedene Dinge, zumal eine öffentliche Verwaltung im Gegensatz zu einem Unternehmen eine soziale Aufgabe und keine Gewinnerzielungsabsicht habe. Man müsse Rechtsvorschriften und den Staatsaufbau kennen, es gehe um eine völlig andere Welt.