Warum die IG Metall für eine 28-Stunden-Woche kämpft
Standortfaktoren Aalens werden bei 26. Wirtschaftsrunde referiert – Betriebsräte und Vertreter der Stadt im Dialog
AALEN - Die Wirtschaft der Stadt, Aalens Standortfaktoren und das aktuelle Bayernspiel sind bei der 26. Wirtschaftsrunde in Unterkochen diskutiert worden. Während die geladenen Betriebsräte und die Vertreter der Stadt an ihren Gläsern nippten, trug OB Thilo Rentschler aktuelle Themen vor.
Es gebe aktuell drei Sorgenkinder in Aalen, sagte der OB. Triumph, Lindenfarb und SHW CT mussten Einbusen leisten. „Bei SHW CT tut es mir besonders im Herzen weh.“Hier gehe es um Tradition: Man könne gut über 650 Jahre in der Geschichte zurückgehen, beginnend bei dem Erzabbau von Mönchen. Bei Triumph werde es konkret Stellenabbau geben. „Trotz allem haben Arbeitnehmer auf dem heutigen Markt mehr Chancen, als das vielleicht noch vor fünf bis zehn Jahren der Fall war.“Stattdessen gebe es aktuell fünf Prozent Stellen, die nicht besetzt werden. DGB-Regionssekretärin Kerstin Pätzold lobte den Dialog zum Fachkräftemangel. Allerdings: „Oft wird viel diskutiert, aber nicht miteinander.“Außerdem werde oft über fehlende Fachkräfte in der Industrie diskutiert, dabei seien aktuell die Pflegeberufe ein ganz brennendes Thema. Betriebsseelsorger Rolf Siedler regte an, dass es spannend sei, über Teilzeitarbeit nachzudenken, wenn Arbeitnehmer ein Kind erziehen oder beispielsweise ein Haus bauen wollten.
Durchschnittlich 42 Stunden pro Woche in der Industrie
Aktuell kämpfe man für eine 28Stunden-Woche, vorangig, um die 35Stunden-Woche zu sichern, berichtete Roland Hamm, Erster Bevollmächtigter der IG Metall. „Der Krankenstand derzeit ist zu hoch. Das kommt auch von den Arbeitsbedingungen.“Fast nirgends werde eine theoretisch festgeschriebene 35Stunden-Woche in der Praxis eingehalten, im Durchschnitt werde in der Industrie 42 Stunden pro Woche gearbeitet, sagte Hamm. Er fordere ein Modell, bei dem sich Erziehung und Pflege mit der Arbeit vereinbaren ließen. „Die Menschen haben Verfügungsgewalt über ihre Zeit – nicht nur die Unternehmer.“Er gehe zuversichtlich in die nächste Tarifrunde, am 12. Januar werde es mit Aktionen losgehen.
Auch zwischenmenschlich habe sich in der Stadt viel getan, sagte Rentschler. Seit etwa einem halben Jahr treffe sich die Gruppe „Pulse of Europe“regelmäßig am Marktplatz, um für die Idee der Europäischen Union einzustehen. Auch die Menschenkette am 8. Mai, die Gedenkveranstaltung zu dem Anschlag auf die französische Zeitschrift Charlie Hebdo oder die geplante Stolperstein-Verlegung im Februar 2018 seien Meilensteine, die das Miteinander der Stadt zeigten. Für die Wirtschaft seien die weichen Standortfaktoren der Stadt sehr wichtig. Dazu gehöre der Kita-Ausbau, um Arbeitsplätze für Frauen gut zu belegen. „Männer sind eher zurückhaltend, wenn es um das Familienleben geht“, sagte der OB. Mehr als 400 Betreuungsplätze für Kinder sollen im kommenden Jahr aufgebaut werden.
Stadt will Wohnungen für Auszubildende anbieten
Er lege derzeit das größte Augenmerk auf den bezahlbaren Wohnungsraum. Die Stadt wolle ihr Möglichstes tun, auch private Bauträger dazu zu bringen, im Geschosswohnungsbau mindestens 25 Prozent bezahlbaren Wohnungsraum anzubieten. „Das halte ich für die wichtigste sozialpolitische Aufgabe, die wir derzeit haben.“Es gebe auch die Idee, für 16- und 17-jährige Azubis von anderen deutschen Bundesländern, Wohnungen anzubieten.
Einen „Riesen-Nachholbedarf “gebe es auch bei den Schulen, mehr als 60 Millionen Euro seien im neuen Haushalt dafür vorgesehen.