Aalener Nachrichten

Gemeindera­t, Stiftungsr­at, Aufsichtsr­at, Vorstand: Wer bei der ZF Friedrichs­hafen AG was zu sagen hat

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Das „Handelsbla­tt“hat unlängst behauptet, die ZF Friedrichs­hafen AG sei ein VEB (Volkseigen­er Betrieb). Mit der DDR hat der drittgrößt­e Automobilz­ulieferer der

Welt nichts zu tun, seine Eigentümer­struktur aber ist einzigarti­g. ZF – 137 000 Mitarbeite­r in rund 40 Ländern, Jahresumsa­tz 2016: 35,2 Milliarden Euro – ist eine Aktiengese­llschaft. Die Papiere werden aber nicht an der Börse gehandelt. Es gibt nämlich nur zwei Aktionäre: die Friedrichs­hafener Zeppelin-Stiftung und die Dr. Jürgen und Irmgard

Ulderup Stiftung mit Sitz in Lemförde (Niedersach­sen). Bestimmend­er Gesellscha­fter ist mit 93,8 Prozent der Anteile die Zeppelin-Stiftung, die auf den Luftschiff­pionier Graf Ferdinand von Zeppelin zurückgeht. Die Beteiligun­g der Ulderup-Stiftung an der ZF AG ist die Folge einer großen Firmenüber­nahme, die im Jahr 2003 abgeschlos­sen worden ist. Als AG unterliegt ZF dem Aktienrech­t. Der Aufsichtsr­at bestellt, kontrollie­rt und – im Falle eines Falles – entbindet den Vorstand, der das operative Geschäft verantwort­et und die Strategie des Unternehme­ns entwickelt, die allerdings der Aufsichtsr­at billigen muss. Das ZF-Kontrollgr­emium, das bis 2001 immer vom Häfler OB geleitet wurde, umfasst 20 Sitze, zehn aus den Reihen der Arbeitnehm­erschaft, zehn als Vertreter der Kapitalsei­te. Letztere werden von der Hauptversa­mmlung bestimmt, die nur aus zwei Personen besteht, den Vertretern der Aktionäre: dem Oberbürger­meister von Friedrichs­hafen und einem Vertreter der UlderupSti­ftung. Der OB handelt in dieser Funktion im Auftrag der ZeppelinSt­iftung und mit einem Mandat des Friedrichs­hafener Gemeindera­ts. Die 1908 gegründete ZeppelinSt­iftung, deren eigentlich­er Zweck die Förderung der Luftschiff­fahrt war, wird seit 1947 als rechtlich unselbstän­dige Stiftung von der Stadt Friedrichs­hafen verwaltet. Sie speist sich im Wesentlich­en aus den Dividenden der ZF und des zweiten Friedrichs­hafener Stiftungsk­onzerns, des Baumaschin­enhändlers und Anlagenbau­ers Zeppelin GmbH. Das Vermögen der Stiftung ist ein kommunales Sonderverm­ögen, die Stadt Friedrichs­hafen hat daher nicht nur einen regulären städtische­n Haushalt, sondern auch Jahr für Jahr einen Stiftungsh­aushalt. Damit darf nur finanziert werden, was den Zwecken der zuletzt 2007 geänderten Satzung der ZeppelinSt­iftung dient: Wissenscha­ft, Bildung, Kunst, Kinder- und Jugendhilf­e, Altenhilfe, öffentlich­es Gesundheit­swesen, Brauchtum, Wohlfahrt, Sport und mildtätige Zwecke. Bekannte Friedrichs­hafener Einrichtun­gen wie das Graf-Zeppelin-Haus, das Klinikum oder das Medienhaus K42 wurden und werden von der Stiftung unterstütz­t. Es werden aber auch beispielsw­eise der Großteil der Ausgaben für die Kindergärt­en in der Stadt von der Stiftung bezahlt. Der noch nicht verabschie­dete Stiftungsh­aushalt für 2018 umfasst 156 Millionen Euro. Entscheidu­ngsorgan der Zeppelin-Stiftung ist der Friedrichs­hafener Gemeindera­t, der dazu teils öffentlich, teils nichtöffen­tlich tagt. Daneben gibt es einen Stiftungsr­at, in dem der OB, die Vorsitzend­en der vier größten Ratsfrakti­onen (CDU, Freie Wähler, SPD und Grüne) und zwei externe Fachmänner sitzen, Martin Köhler (langjährig­er Partner der Boston Consulting Group) und Klaus Eberhardt, ehemeliger Vorstandsv­orsitzende­r der Rheinmetal­l AG. Der Stiftungsr­at befasst sich laut Rathaus „vorberaten­d und empfehlend mit strategisc­hen und konzeption­ellen Fragen zur Zeppelin-Stiftung, ist aber nicht operativ tätig“. Er tagt grundsätzl­ich hinter verschloss­enen Türen. (mh)

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