Kamin-Romantik in Vollstreckung
Ernst Mantel und sein Publikum machen es sich in der Fachsenfelder Schlossbibliothek gemütlich
AALEN-FACHSENFELD - Jetzt mal ganz blöd gefragt: Wo passt ein SoloAuftritt des Laubacher Liedermachers und Komödianten Ernst Mantel besser hin als in die Fachsenfelder Schlossbibliothek? Draußen tobt der Winter über die Dachziegel, drinnen herrscht Kamin-Romantik. Zwei Schichten zu je 70 Personen durften sich’s am Sonntag gemütlich machen – mehr passen einfach nicht rein in die gute Stube des Barons von Koenig-Fachsenfeld.
Vor den Spaß haben die Götter die Arbeit gesetzt. Durch verwinkelte Stuben, mitten durch die Schlossküche lotsen die Veranstalter das Publikum. „Immer da lang, wo Licht brennt.“Aha. Aber die Mühe wird belohnt. Zwischen prächtigen Bänden, Folianten und Regalen wartet, stimmlich und jahreszeitlich leicht angeschlagen, Ernst Mantel vor dem offenen, allerdings nicht befeuerten Kamin.
Böse mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen
Und der 61-jährige Ernst Mantel gibt in der Vorweihnachtszeit nicht den Elmar Gunsch im Ohrensessel vor züngelnden Holzscheiten. Denn Ernst Mantel kann – selbstredend mit süffisantem Lächeln – ganz schön böse sein. Den genius loci will er herausfordern und startet mit einem Stakkato an Zitaten, Montesquieu, Rilke, plaudert aus „dem Nesthäkchen“derer, die gerne mit Worten spielen. Analepse, Oxymoron, Hendiadyoin oder Tautologie, „alles halb so schwer, alles halb so wild“. Wenigstens für die, die gerne mit ihren Bildung protzen. Die nimmt Mantel gerne aufs Korn. „Es gibt Menschen, die können sich 'nen Wolf lesen, es nützt ihnen nichts.“Aber das Bildungsbürgertum, oder vielmehr solche, die sich dafür halten, sind beileibe nicht seine einzige Zielscheibe. Mantel wäre kein Schwabe, wenn er nicht auch eine Breitseite auf die Schwaben abfeuern würde. Gerade zu Weihnachten. „G’schenkle rom und G’schenkle nom, bis man nemma woiß, warum“– die Schwaben und das Schenken, ein unerschöpfliches Witzereservoir. Es blieb nicht das einzige Lied, bei dem sich Mantel tapfer seinen „Identifikationsapplaus“abholte. Ein Gedicht zur Weihnachtszeit? „Wenn der holländische Geiger geht den Menschen auf den Zeiger.“Naja, „das hat noch Luft nach oben“, gesteht er dem Fachsenfelder Publikum. Immer wieder redet und singt er so schnell, als würden gar nicht alle Witze in ein Lied passen.
Ein Nicht-Schwabe kann da schon ins Staunen kommen, ist „völlig desorientierungslos auf der Suche nach der Heunadel“.
Wie kann man nur so viele zischende „Sch“in einem Reisebericht über Korsika unterbringen, Peschdo und Groschdini. Schließlich stammen Teile des Abends aus dem Programm „Luschtige Linguischtig für Freizeitgermanischten in der Diaschpora“. Das ist, sagen wir’s mit Ernst Mantel, „Rhetorik in Vollstreckung“, die Kunst der Rede als purer Spaß am Wortspiel.
Ohne hellseherisch zu sein. Die beiden Vorstellungen hätten dem letzten Schlossherren, Reinhard Freiherr von Koenig-Fachsenfeld, wohl gefallen. Auch wenn der als eher stiller Zeitgenosse bekannt war. Eins haben wir auf jeden Fall gelernt: Alter schützt vor Weisheit nicht – danke, „wär doch ned needig gwää.“
„Anglizismen sind für Sprachpuristen ein absolutes No-Go“, Ernst Mantel weiß, wovon er spricht.