Ohne Online geht’s nicht
Viele könnten ohne virtuellen Handel nicht überleben – Amazon ist meist der größte Konkurrent
ELLWANGEN (ij) - Diejenigen, die Gedränge in Geschäften vermeiden wollen, kaufen zusehends im Internet. Um hier konkurrenzfähig zu bleiben, ist es auch für Unternehmen und kleinere Geschäfte in Ellwangen immer wichtiger, ihre Waren auch online anzubieten.
ELLWANGEN - Die Vorweihnachtszeit verbinden viele mit Besinnlichkeit und Vorfreude – aber auch mit Stress. Vor allem dann, wenn es darum geht, noch schnell das passende Geschenk zu finden. Diejenigen, die Gedränge in Geschäften vermeiden wollen, kaufen zusehends im Internet. Um hier konkurrenzfähig zu bleiben, ist es auch für Unternehmen und kleinere Geschäfte in Ellwangen immer wichtiger, ihre Waren auch online anzubieten.
Laut Verena Kiedaisch, Wirtschaftsbeauftragte der Stadt, haben rund 200 Gewerbe in Ellwangen eine Homepage. Etwa 40 (Stand Sommer 2017) von ihnen bieten ihre Waren online zum Kauf an – darunter auch kleinere Geschäfte wie die „Buchbar“oder größere Unternehmen wie der Schuluniversalausstatter Arnulf Betzold.
In dessen Firmengebäude im Ellwanger Industriegebiet riecht es noch nach frischer Farbe. Das Unternehmen ist seit den 70er-Jahren schnell gewachsen. Etwa 220 Mitarbeiter zählt es heute – ein neues Gebäude war notwendig. Handwerker laufen durch die Lobby, in deren Mitte sich eine weiße Wendeltreppe mit blau beleuchtetem Geländer vier Stockwerke hinauf windet. Alles wirkt sehr offen, Großraumbüros und Konferenzräume sind mit Glaswänden abgetrennt. In einem davon sitzt Albrecht Betzold, einer von zwei Geschäftsführern des Versandhandels, mit seinem iPad, auf dem er beinah unablässig Kurven studiert und tippt.
„Ohne Onlinehandel gäbe es uns nicht mehr“, sagt Betzold, der im Unternehmen für die digitale Strategie und Entwicklung zuständig ist. Das ehemals klassische Katalogunternehmen bot 1998 zum ersten Mal auch Onlinebestellungen an. „Das war die Pionierzeit des Onlinehandels. Da wollten wir von Anfang an mit dabei sein“, sagt der 36-Jährige. Nach und nach sei die Sache immer professioneller geworden.
Amazon frisst Großteil aller Webshops
Eine Stunde täglich nimmt er sich Zeit, um die neuesten Trends in Sachen Onlinebestellungen auf Blogs und in Newslettern zu verfolgen. Denn im Onlinegeschäft sei es wichtig, immer auf dem Laufenden zu sein und keinen Trend zu verpassen. „Amazon schluckt 60 bis 80 Prozent aller Webshops. Jeden Tag bin ich von der Sorge getrieben, abgehängt zu werden“, sagt er.
Um gegen den Onlineversandriesen bestehen zu können, seien zwei Säulen wichtig. Zum einen: „Es braucht ein Alleinstellungsmerkmal“, erklärt Betzold. Das habe das Unternehmen seit drei Jahren durch seine eigenen Schulmöbel geschaffen. Um gegen Amazon konkurrenzfähig zu bleiben, reiche es nicht, allgemeine Marken einzukaufen und selbst wieder zu verkaufen.
Die zweite Säule heißt Digitalisierung. Und das bedeutet für Betzold nicht nur, den Außendienst mit Tablets auszustatten und einen Webshop zu betrei- ben. „Digitalisierung ist eine andere Form der Kunden- und Nutzerorientierung“, sagt er. Heutzutage würden Kunden überwiegend online bestellen, aber nicht mehr auf dem Desktop. Bedeutet: Das Unternehmen passt seine Website auch an mobile Geräte wie Handys oder Tablets. Alle zwei Wochen werden dafür Verbesserungen am Onlineshop vorgenommen. Zum Vergleich: Bei Amazon passiere das alle 12 Sekunden.
Die Strategie scheint sich zumindest bis heute bewährt zu haben. 2016 hatte das Ellwanger Unternehmen einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro. Damit ist Arnulf Betzold der größte Schuluniversalausstatter in Deutschland.
Buchhandlung überlebt dank Onlinehandel
Auch für Carola Praxl hat sich das Onlineversandgeschäft bezahlt gemacht. Sie führt die Buchhandlung „Buchbar“in der Innenstadt. Die Bücher, die sie verkauft, sind nicht nur dort in den Regalen zu finden. Praxl hat sich mit einem Buchgroßhandel zusammengetan. Bestellungen die bis 17 Uhr auf der Homepage des Buchladens eingehen, könnten Kunden am nächsten Tag bei ihr im Geschäft abholen.
Vor etwa vier Jahren eröffnete die 66-Jährige die Buchhandlung – gegen den Rat ihres Sohnes. Amazon sei eine viel zu große Konkurrenz, habe er ihr damals gesagt. „Mir war klar, dass das nur funktionieren kann, wenn wir Onlinehandel anbieten“, sagt Praxl. Und damit sollte sie Recht behalten. Denn etwa die Hälfte ihres Umsatzes kommt heute aus den Onlinebestellungen.
Gleichzeitig versucht Praxl, ein breites Sortiment anzubieten. Neben Büchern können Kunden bei ihr auch Geschirr, Dekoration oder Wein kaufen. Trotzdem sagt sie: „Der Buchhandel würde in dem Ausmaß, wie er es jetzt tut, nicht ohne Onlinehandel laufen.“
Dennoch steht die 66-Jährige jeden Morgen hinter dem Tresen in ihrem Buchladen, nimmt Bestellungen entgegen und berät Kunden. Trotz des Onlinegeschäfts sei vor allem der persönliche Kontakt zu den Besuchern ihrer Buchhandlung für sie eine Bereicherung. An Ruhestand denke sie noch lange nicht.