Aalener Nachrichten

„Ostwürttem­berg ist eine patente Region“

Zulauf bei Beratung groß – Zahl der Patentanme­ldungen bei kleinen und mittleren Unternehme­n geht zurück

- Von Viktor Turad

AALEN – Ostwürttem­berg ist nach wie vor die Region der Talente und Patente oder, um es mit den Worten von Michaela Eberle, der Hauptgesch­äftsführer­in der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) zu beschreibe­n: „Ostwürttem­berg ist eine patente Region.“Dies belegen die Zahlen des jüngsten Patent-Barometers als dem einzigen im Land, das die IHK am Donnerstag vorgestell­t hat.

Demnach kommen in Ostwürttem­berg im Jahr 2015 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – 3,54 Patente auf 1000 Erwerbstät­ige, während es im Durchschni­tt in Baden-Württember­g lediglich 2,34 und deutschlan­dweit 1,1 Patente sind. Aber: Der Löwenantei­l entfällt auf der Ostalb mit rund 85 Prozent der Patentanme­ldungen auf große Unternehme­n wie Zeiss, Voith oder Hartmann. Insgesamt jedoch geht auch in Ostwürttem­berg die Zahl der Patentanme­ldungen zurück, besonders bei kleinen und mittleren Unternehme­n.

Patentanme­ldungen sind teuer

Patente und Gebrauchsm­uster sollen Neuerungen schützen und den Unternehme­n Wettbewerb­svorteile sichern, sagt Michaela Eberle. Weil dies für die Wirtschaft wichtig sei, habe die IHK im vergangene­n Jahr 200 Beratungsg­espräche registrier­t. Der Zulauf werde immer größer. Aber auch die Investitio­nen der Firmen in Forschung und Entwicklun­g seien in der Region deutlich gestiegen von 440 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 602 im Jahr 2015. In den vergangene­n zehn Jahren hätten sie sich sogar verdoppelt. Auch die Zahl der Beschäftig­ten in diesem Bereich habe sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt auf nunmehr etwa 5000. Sorgen machen müsse man sich dabei jedoch um die kleinen und mittleren Unternehme­n, sagte Michaela Eberle weiter. Bei ihnen gingen die Zahlen zurück, denn Patentanme­ldungen seien teuer. Wie teuer, machten der Innovation­sbeauftrag­te der IHK Ostwürttem­berg, Peter Schmidt, und der Leiter des Informatio­nszentrums Patente in Stuttgart, Helmut Jahnke, deutlich. Demnach muss man pro Land jeweils etwa 10 000 Euro berappen, hinzu kommen jährliche Aufrechter­haltungsge­bühren, maximal 20 Jahre lang.

Man kann sich auch ruinieren

Da kommt man leicht in den fünfund sechsstell­igen Bereich, rechnete Dominic Lutz vor. Er ist Mitglied der Geschäftsl­eitung der Firma Gaugler & Lutz in Ebnat und Vorsitzend­er des IHK-Forschungs- und Innovation­sausschuss­es. „Mit Patenten kann man sich auch ruinieren“, schmunzelt­e Jahnke, und Schmidt unterstric­h, es gebe verschiede­ne Strategien. Man müsse gut überlegen, in welchem Land man ein Patent haben wolle. An den Kosten dürfe und müsse es jedenfalls nicht scheitern, weswegen man mit den Ressourcen haushalten müsse. Patente würden auch oftmals benutzt, um Kooperatio­nen anzubahnen.

Dennoch: Die Kosten dürften einer der Gründe sein, warum die Zahl der Patent- und Gebrauchsm­usteranmel­dungen bei kleinen und mittleren Unternehme­n zurückgeht. Dabei sind diese in internatio­nalen Geschäften fast genauso aktiv wie große Unternehme­n. „Gefährlich!“, warnt Jahnke, denn die Probleme kämen nicht auf einen Schlag, sondern schleichen­d. Die Chinesen hätten das Patent schon längst als Wettbewerb­sinstrumen­t erkannt, nachdem sie – die Ironie der Geschichte – es mit deutscher Hilfe aufgebaut hätten. Jahnke: „Mittelstän­dler müssen sich frühzeitig darum kümmern!“

Gute Ideen werden kopiert

Die Firma Gaugler & Lutz tut das. „Wir kommen nicht darum herum“, sagt Dominic Lutz. Denn es gebe immer Versuche, gute Ideen zu kopieren. Das Thema Patente sei in seinem Unternehme­n daher bei ihm als Mitglied der Geschäftsl­eitung hoch angesiedel­t und müsse solide be- und abgearbeit­et werden, zusammen mit Partnern wie der IHK und den Patentanwä­lten. „Das kostet Geld, aber das ist es uns wert, weil sich geistiges Eigentum im Unternehme­nswert widerspieg­elt.“

Es gehe weiter darum, die Ideen, die bisher im Kopf des Unternehme­nsgründers sind, in Form von Patenten für die nächste Generation zu sichern. Mit diesen wiederum könne man seinen Kunden deutlich machen, dass man der richtige Partner für sie ist.

Michaela Eberle hofft jedenfalls, dass die steigenden Investitio­nen in Forschung und Entwicklun­g in den ostwürttem­bergischen Unternehme­n wieder eine steigende Zahl von Patentanme­ldungen zur Folge haben und dass dabei kleine und mittlere Unternehme­n kräftig mitmischen.

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FOTO: IHK Laut Michaela Eberle, Hauptgesch­äftsführer­in der IHK Ostwürttem­berg, sollen Patente und Gebrauchsm­uster Neuerungen schützen und den Unternehme­n Wettbewerb­svorteile sichern.

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