„Ostwürttemberg ist eine patente Region“
Zulauf bei Beratung groß – Zahl der Patentanmeldungen bei kleinen und mittleren Unternehmen geht zurück
AALEN – Ostwürttemberg ist nach wie vor die Region der Talente und Patente oder, um es mit den Worten von Michaela Eberle, der Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu beschreiben: „Ostwürttemberg ist eine patente Region.“Dies belegen die Zahlen des jüngsten Patent-Barometers als dem einzigen im Land, das die IHK am Donnerstag vorgestellt hat.
Demnach kommen in Ostwürttemberg im Jahr 2015 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – 3,54 Patente auf 1000 Erwerbstätige, während es im Durchschnitt in Baden-Württemberg lediglich 2,34 und deutschlandweit 1,1 Patente sind. Aber: Der Löwenanteil entfällt auf der Ostalb mit rund 85 Prozent der Patentanmeldungen auf große Unternehmen wie Zeiss, Voith oder Hartmann. Insgesamt jedoch geht auch in Ostwürttemberg die Zahl der Patentanmeldungen zurück, besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen.
Patentanmeldungen sind teuer
Patente und Gebrauchsmuster sollen Neuerungen schützen und den Unternehmen Wettbewerbsvorteile sichern, sagt Michaela Eberle. Weil dies für die Wirtschaft wichtig sei, habe die IHK im vergangenen Jahr 200 Beratungsgespräche registriert. Der Zulauf werde immer größer. Aber auch die Investitionen der Firmen in Forschung und Entwicklung seien in der Region deutlich gestiegen von 440 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 602 im Jahr 2015. In den vergangenen zehn Jahren hätten sie sich sogar verdoppelt. Auch die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich habe sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt auf nunmehr etwa 5000. Sorgen machen müsse man sich dabei jedoch um die kleinen und mittleren Unternehmen, sagte Michaela Eberle weiter. Bei ihnen gingen die Zahlen zurück, denn Patentanmeldungen seien teuer. Wie teuer, machten der Innovationsbeauftragte der IHK Ostwürttemberg, Peter Schmidt, und der Leiter des Informationszentrums Patente in Stuttgart, Helmut Jahnke, deutlich. Demnach muss man pro Land jeweils etwa 10 000 Euro berappen, hinzu kommen jährliche Aufrechterhaltungsgebühren, maximal 20 Jahre lang.
Man kann sich auch ruinieren
Da kommt man leicht in den fünfund sechsstelligen Bereich, rechnete Dominic Lutz vor. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Gaugler & Lutz in Ebnat und Vorsitzender des IHK-Forschungs- und Innovationsausschusses. „Mit Patenten kann man sich auch ruinieren“, schmunzelte Jahnke, und Schmidt unterstrich, es gebe verschiedene Strategien. Man müsse gut überlegen, in welchem Land man ein Patent haben wolle. An den Kosten dürfe und müsse es jedenfalls nicht scheitern, weswegen man mit den Ressourcen haushalten müsse. Patente würden auch oftmals benutzt, um Kooperationen anzubahnen.
Dennoch: Die Kosten dürften einer der Gründe sein, warum die Zahl der Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen bei kleinen und mittleren Unternehmen zurückgeht. Dabei sind diese in internationalen Geschäften fast genauso aktiv wie große Unternehmen. „Gefährlich!“, warnt Jahnke, denn die Probleme kämen nicht auf einen Schlag, sondern schleichend. Die Chinesen hätten das Patent schon längst als Wettbewerbsinstrument erkannt, nachdem sie – die Ironie der Geschichte – es mit deutscher Hilfe aufgebaut hätten. Jahnke: „Mittelständler müssen sich frühzeitig darum kümmern!“
Gute Ideen werden kopiert
Die Firma Gaugler & Lutz tut das. „Wir kommen nicht darum herum“, sagt Dominic Lutz. Denn es gebe immer Versuche, gute Ideen zu kopieren. Das Thema Patente sei in seinem Unternehmen daher bei ihm als Mitglied der Geschäftsleitung hoch angesiedelt und müsse solide be- und abgearbeitet werden, zusammen mit Partnern wie der IHK und den Patentanwälten. „Das kostet Geld, aber das ist es uns wert, weil sich geistiges Eigentum im Unternehmenswert widerspiegelt.“
Es gehe weiter darum, die Ideen, die bisher im Kopf des Unternehmensgründers sind, in Form von Patenten für die nächste Generation zu sichern. Mit diesen wiederum könne man seinen Kunden deutlich machen, dass man der richtige Partner für sie ist.
Michaela Eberle hofft jedenfalls, dass die steigenden Investitionen in Forschung und Entwicklung in den ostwürttembergischen Unternehmen wieder eine steigende Zahl von Patentanmeldungen zur Folge haben und dass dabei kleine und mittlere Unternehmen kräftig mitmischen.