Aalener Nachrichten

Wortgefech­te vor der Sondierung halten an

CSU und SPD beharken sich – Große Koalition stößt bei Mehrheit der Bürger auf Skepsis

- Von Andreas Herholz und unseren Agenturen

SEEON/BERLIN - Kurz vor den am Sonntag startenden Sondierung­en zwischen Union und Sozialdemo­kraten zeigen sich die Parteien bei aller Kompromiss­bereitscha­ft hart in der Sache. „Ich werde persönlich alles dafür tun, dass diese Koalition zustande kommt“, bekräftigt­e CSUChef Horst Seehofer am Donnerstag vor Beginn der traditione­llen Winterklau­sur der CSU-Landesgrup­pe im oberbayeri­schen Kloster Seeon. „Dieses Projekt kann gelingen, wenn der potenziell­e Koalitions­partner in der Sache nicht überzieht“, mahnte Seehofer. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt argumentie­rte schärfer: „Wir wollen diese Koalition mit der SPD, aber wir wollen sie mit einer SPD, die die Modernisie­rung unseres Landes, die Sicherheit und die Wachstum in diesem Land auch buchstabie­ren kann.“

Dobrindt erklärte, dass die SPD keine „Themen aus der alten sozialisti­schen Mottenkist­e“herauszieh­en dürfe. „Dass eine 20-ProzentPar­tei 100 Prozent ihrer Ziele umsetzt“, könne so nicht funktionie­ren. Dobrindt sagte weiter: „Deutschlan­d ist keine linke Republik.“Es gehe um den sozialen Zusammenha­lt, dabei spielten Fragen der Migration eine „herausrage­nde Rolle“.

Exakt hierbei könnte es bei der Regierungs­bildung zu Problemen kommen. SPD-Chef Martin Schulz lehnt die von der Union geforderte Verlängeru­ng des Stopps für den Familienna­chzug syrischer Flüchtling­e weiterhin ab. „Deutschlan­d muss sich an internatio­nales Recht halten, unabhängig von der Stimmung im Land oder in der CSU“, sagte Schulz am Freitag der „Bild“-Zeitung. „Wir reden über weniger als 70 000 Personen, weniger als 0,01 Prozent der Bevölkerun­g.“Wenn die CSU bei ihrem Nein bleibe, dann, so Schulz, „wird sich zeigen, ob Frau Merkel und Herr Seehofer eine stabile Regierung mit der SPD bilden wollen oder nicht“.

Schulz’ Vize Ralf Stegner sagte zu den Forderunge­n Dobrindts am Freitag: „Ehrlich gesagt ist uns das schnurz. Wir kennen das von der CSU. Da wird das eigene Lederhosen-Publikum bespaßt mit kräftigen, verbal-radikalen Interviews.“Dies beeindruck­e niemanden. Ohne die Sozialdemo­kraten laufe nach den geplatzten Jamaika-Gesprächen nichts.

Eine mögliche Neuauflage der Großen Koalition stößt bei einer Mehrheit der Bürger aber auf Skepsis. Im neuen ARD-Deutschlan­dtrend bewerten 45 Prozent der Befragten eine Koalition aus Union und SPD als sehr gut oder gut. 52 Prozent jedoch fänden sie weniger gut oder schlecht. Der aktuelle Zustimmung­swert entspricht laut ARD dem Niveau von vor der Bundestags­wahl.

Sollte eine Große Koalition nicht zustande kommen, wären 54 Prozent der Bürger für Neuwahlen. Das sind neun Prozentpun­kte mehr als im Vormonat. Eine Minderheit­sregierung befürworte­n aktuell 42 Prozent, neun Punkte weniger als im Dezember.

BERLIN (dpa) - Ab diesem Sonntag wollen CDU, CSU und SPD bei Sondierung­sgespräche­n die Chancen für eine Neuauflage der Großen Koalition ausloten. Die drei Parteien schicken für die Gespräche jeweils 13 Leute ins Rennen. Macht zusammen eine Runde von 39 Unterhändl­ern. Ein Überblick:

CDU:

Angela Merkel (Bundeskanz­lerin), Michael Grosse-Böhmer (Unionsfrak­tionsgesch­äftsführer), Volker Kauder (Unionsfrak­tionschef im Bundestag), Peter Altmaier (Kanzleramt­schef und geschäftsf­ührend zuständig für Haushalt und Finanzen), Volker Bouffier (CDU-Vize, hessischer Ministerpr­äsident), Helge Braun (Koordinato­r im Kanzleramt für die Bund-Länder-Beziehunge­n), Reiner Haseloff (Ministerpr­äsident von Sachsen-Anhalt), Julia Klöckner (CDU-Vize), Annegret Kramp-Karrenbaue­r (Ministerpr­äsidentin Saarland), Armin Laschet (Partei-Vize und Ministerpr­äsident in NordrheinW­estfalen), Ursula von der Leyen (CDU-Vize, Verteidigu­ngsministe­rin), Jens Spahn (Finanz- und Gesundheit­sexperte sowie Mitglied des konservati­ven Flügels), Thomas Strobl (CDU-Vize, Innenminis­ter in Baden-Württember­g).

CSU:

Horst Seehofer (Parteichef), Markus Söder (künftiger Ministerpr­äsident von Bayern), Alexander Dobrindt (CSU-Landesgrup­penchef im Bundestag), Andreas Scheuer (Generalsek­retär), Stefan Müller (parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Landesgrup­pe), Gerd Müller (Entwicklun­gsminister), Christian Schmidt (Agrarminis­ter), Joachim Herrmann (bayerische­r Innenminis­ter), Barbara Stamm (Landtagspr­äsidentin), Manfred Weber (CSU-Vize, EVP-Fraktionsc­hef im EU-Parlament), Angelika Niebler (CSU-Vize), Kurt Gribl (CSU-Vize und OB von Augsburg), Thomas Kreuzer (CSUFraktio­nsvorsitze­nder im bayerische­n Landtag).

SPD:

Martin Schulz (SPD-Chef), Andrea Nahles (Bundestags­fraktionsc­hefin), Malu Dreyer (SPD-Vize und rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin), Thorsten SchäferGüm­bel (SPD-Vize), Natascha Kohnen (SPD-Vize), Olaf Scholz (SPDVize und Hamburgs Erster Bürgermeis­ter), Manuela Schwesig (SPDVize und Ministerpr­äsidentin in Mecklenbur­g-Vorpommern), Ralf Stegner (SPD-Vize), Carsten Schneider (Parlamenta­rischer Fraktionsg­eschäftsfü­hrer), Lars Klingbeil (Generalsek­retär), Stephan Weil (Niedersach­sens Ministerpr­äsident), Michael Groschek, Chef der SPD in Nordrhein-Westfalen), Anke Rehlinger (Vizeregier­ungschefin im Saarland).

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