Aalener Nachrichten

„So ein Laisser-faire-Leben hat es bei mir nicht gegeben“

Uschi Glas wurde mit „Zur Sache, Schätzchen“zum Star – Sie erinnert sich an wilde Zeiten und an harte Arbeit

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MÜNCHEN - Wilde Zeiten waren das damals, 1968. Partys, Diskussion­en und Revolte. Uschi Glas war mittendrin mit dem Film „Zur Sache, Schätzchen“. Die Tragikomöd­ie mit Werner Enke, inszeniert von der damals 26 Jahre alten May Spils, machte Uschi Glas in der Rolle der Barbara berühmt. Vor allem eine Szene sorgte für Aufsehen: Wie sie sich auf dem Polizeirev­ier auszieht und am Ende nur noch im weißen Korsett dasteht. Warum sie das wilde Leben damals nicht voll auskosten konnte, erzählt die Schauspiel­erin im Interview mit Cordula Dieckmann.

Wie haben Sie „Zur Sache, Schätzchen“in Erinnerung?

Es war ein bisschen chaotisch. Wir haben schwarz-weiß gedreht, weil wir kein Geld hatten für einen Farbfilm. Es waren wirklich schwierigs­te Bedingunge­n. Als die Premiere war, hat man aber gespürt, dass das ein Bombenerfo­lg sein wird.

Wie viel Herzblut steckte in dem Film?

Sehr viel. Ich habe das damals gegen den Willen meiner Agentur gemacht. Und gegen den Willen von Horst Wendlandt, bei dem ich unter Exklusivve­rtrag war. Aber ich habe gesagt, wenn ihr es mir nicht erlaubt, mache ich es trotzdem.

Der Film hat einen Nerv getroffen.

Zu der Zeit gab es viele kritische Filme, die todernst waren. Bei „Zur Sache, Schätzchen“ist die Story eigentlich auch ziemlich hart. Und trotzdem hat man es hingekrieg­t, dass man lacht. Es hatte eine Leichtigke­it. Und die Sprache! Es gibt heute noch Leute, die alles zitieren können.

Was war das Aufregends­te an dem Dreh?

May und Werner waren ganz andere Leute als die, die ich bis dahin kennengele­rnt hatte. Einfach verrückt, richtige Schwabinge­r. Ich habe auch in Schwabing gewohnt, aber ich musste immer arbeiten und mein Geld verdienen. So ein laisser-faireLeben hat es bei mir nicht gegeben, weil ich keine Unterstütz­ung hatte. Ich musste mein Leben immer selber zahlen. Meine Eltern hätten mir was erzählt, wenn ich gesagt hätte, dann will ich auch mal ein bisschen in Schwabing rumhängen und das Leben vorbeiwand­ern lassen. Das war ausgeschlo­ssen.

Sie waren also die Bodenständ­ige?

Für Werner und May war ich ein junges Mädchen, das mit beiden Beinen im Leben steht. Den Werner hat auch total fasziniert, dass ich einen Führersche­in habe. Das waren so Diskussion­en, wo ich mir gedacht habe, aus welchem Meer taucht der denn auf? Ich bin auf dem Land groß geworden. Um dich zu befreien, musstest du einen Führersche­in haben. Bevor ich 18 war, hatte ich schon meine Fahrstunde­n gemacht und die Prüfung bestanden und habe genau zu meinem 18. Geburtstag diesen Führersche­in in Händen gehabt. Da konnte ich mich in ein Auto setzen und einfach losfahren. Das war eine Befreiung.

Werner Enke, May Spils und Sie kamen aus verschiede­nen Welten.

Wir waren total ungleich. Ich mochte Werners Geschichte­n wahnsinnig gerne, und er mochte meine Geschichte­n. In dieser Weise waren wir total verschiede­n. Ich die Praktische, auch die Pünktliche natürlich. Wenn es hieß, 8.30 Uhr Drehbeginn, bin ich auch fertig mit meiner Maske und bin angezogen, und beim Werner ist das eher nicht so der Fall gewesen. Aber ich muss dazu sagen, wir sind noch heute gut befreundet, May, Werner und ich.

War damals alles etwas wilder als heute?

Die 68er-Jahre waren eine wilde Zeit. Ich musste immer arbeiten, das war klar. Dann habe ich irgendwann angefangen, Schauspiel­unterricht zu nehmen. Aber ich musste schon disziplini­ert sein. Einfach mal alle fünfe gerade sein lassen, das konnte ich mir nicht leisten. Mitgefeier­t und mitdiskuti­ert habe ich aber schon, das war ja auch die Zeit der großen Diskussion­en.

Vermissen Sie diese Jahre?

Das kann ich schwer sagen. Ich tu' mich schwer, dass man denkt, meine eigene Jugend war die tollste, und heutzutage gibt es das alles nicht mehr. Es war wild und toll, in jeder Weise. Wenn du heute so feiern würdest, wie wir damals gefeiert haben, das könntest du heute nicht mehr machen. München war eine wilde Stadt, aber das ist 50 Jahre her. München hat sich kolossal verändert, Gott sei Dank. Ich liebe diese Stadt. Ich freue mich so, wenn ich längere Zeit nicht da war und wieder zurückkomm­e.

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FOTO: BRIX Uschi Glas (rechts) bei den Dreharbeit­en zu „Zur Sache, Schätzchen“mit Werner Enke und Regisseuri­n May Spils.

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