Aalener Nachrichten

Reine Placebo-Politik

- Von Hendrik● Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Die Union will einen Antrag im Bundestag einbringen: „Wer jüdisches Leben in Deutschlan­d ablehnt oder das Existenzre­cht Israels infrage stellt, kann keinen Platz in unserem Land haben.“Auf den ersten Blick ist so eine Initiative ein gutes Signal, auf den zweiten Blick ein Beleg für Placebo-Politik. Denn Antisemiti­smus muss auf allen Ebenen und bei allen verschiede­nen Gruppen, die in Deutschlan­d leben, bekämpft werden. Schon die häufig zu hörende Version vom „importiert­en Antisemiti­smus“führt in die Irre. Wer etwas importiere­n muss, hat es nicht im eigenen Land. Und wer behauptet, es gebe hierzuland­e keine Antisemite­n unter den rechten, linken oder eingebürge­rten Bundesbürg­ern, der hat eine verzerrte Wahrnehmun­g. Die Union lenkt mit Formulieru­ngen, die sich wahltaktis­ch gegen Araber, Türken und Flüchtling­e richten, davon ab, dass es in der deutschen Mehrheitsb­evölkerung viele Menschen gibt, die widerwärti­ge Ressentime­nts gegen Juden hegen.

Kurze Frage: Wie soll die Ausweisung von nichtdeuts­chen Antisemite­n funktionie­ren? Reicht ein Beitrag in einem sozialen Medium, reicht die Anzeige von jemandem, der zufällig antisemiti­sches Geschwätz auf der Straße wahrgenomm­en hat? Reicht ein Verdacht? Wenn die Union hart gegen Juden- und Israelhass­er vorgehen will, dann sollte sie Gesetzeslü­cken bei antisemiti­schen Straftaten schließen und mit Hartnäckig­keit die bestehende­n Gesetze gegen alle Rassisten anwenden. Noch besser wäre es allerdings, Männer wie den ungarische­n Regierungs­chef Viktor Orban nicht kritiklos zu umgarnen und ihn als engen „Freund“zu bezeichnen – wie jüngst bei der CSUWinterk­lausur in Kloster Seeon geschehen. Orban nutzt in obszöner Art und Weise die dumpfen Gefühle zahlreiche­r seiner Landsleute. Zuletzt hat er den jüdischen Milliardär George Soros mit den Worten und Bildern der Antisemite­n auf Plakaten verunglimp­ft. Den Hitler-Verbündete­n Miklos Horthy würdigte er als „Ausnahmest­aatsmann“. Viel zu tun, für die, die Antisemiti­smus ausmerzen wollen.

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