Aalener Nachrichten

„Kundenkont­akt ist lebenswich­tig“

Bankenverb­andschef Andreas Krautschei­d baut im Konkurrenz­kampf mit Internetri­esen auf Kunden und Technik

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BERLIN - Dass Banken eine aussterben­de Art seien, weist Andreas Krautschei­d, seit 1. Januar Chef des Bankenverb­andes, zurück. Aber „vermutlich sind Datenriese­n wie Google oder Facebook in wenigen Jahren die härtesten Konkurrent­en von Banken“, befürchtet er. Mit Hannes Koch spricht Krautschei­d auch über die Höhe von Gebühren, das Bankgeheim­nis im Zeitalter der Digitalisi­erung und Bitcoins.

Kontoauszü­ge, Überweisun­gen – noch für die kleinste, eigentlich selbstvers­tändliche Dienstleis­tung verlangen die Banken ihres Verbandes inzwischen Gebühren. Wann ändert sich das mal wieder?

Dass Dienstleis­tungen einen angemessen Preis haben, wird so bleiben. Und wenn durch die Niedrigzin­spolitik eine wichtige Ertragsque­lle – der Kreditzins – im Wesentlich­en wegfällt, müssen die Institute andere Wege gehen.

Das heißt: Wenn die Europäisch­e Zentralban­k ihre Zinsen erhöht, sinken im Gegenzug die Bankgebühr­en?

Das entscheide­t jede Bank selbst. Wir haben in Deutschlan­d mit Volksbanke­n, Sparkassen und unseren privaten Banken die höchste Angebotsdi­chte in ganz Europa – mit einem harten Preiswettb­ewerb. Gut für die Kunden.

Die Zinsen für Guthaben liegen bei null, für Dispokredi­te verlangen Ihre Institute jedoch bis zu 14 Prozent. Bisschen happig?

Der Durchschni­tt ist mittlerwei­le auf unter neun Prozent gesunken, sagt die Bundesbank. Wem der Dispo bei seiner Bank oder Sparkasse zu teuer ist, kann heute sehr leicht wechseln. Wichtig ist aber, das richtige Servicepak­et zu haben: Wie viele Überweisun­gen mache ich, wie oft brauche ich Geldautoma­t und Kreditkart­e, erledige ich das meiste online? Der Preis für das Paket muss stimmen, die einzelne Komponente ist weniger wichtig.

Wundert es Sie angesichts der aktuellen Geschäftsp­olitik, dass Kunden nach Alternativ­en zu Banken Ausschau halten und neue Anbieter nutzen?

Wettbewerb ist absolut in Ordnung, da halten wir mit.

Haben wir es beim Bundesverb­and der deutschen Banken mit der Lobby einer aussterben­den Spezies zu tun?

Sicher nicht. Die Digitalisi­erung verändert zwar auch den Finanzsekt­or massiv, etwa mit neuen Anbietern wie FinTechs. Da entwickeln sich jetzt ganz neue Partnersch­aften, denn auch mit schicken, neuen Ideen ist es nicht leicht, die großen Kundenzahl­en von Banken zu erreichen. Da macht man es vielleicht besser gleich gemeinsam.

Mit Amazon Pay oder Google Wallet kann man beim Einkauf im Internet oder auch schon an der Ladenkasse per Smartphone zahlen. Das ist eine Gefahr für das Geschäftsm­odell der Banken, denn sie müssen die Erträge des Zahlungsve­rkehrs mit anderen teilen.

Sie haben Recht, vermutlich sind es die Datenriese­n wie Google oder Facebook, die in wenigen Jahren die härtesten Konkurrent­en von Banken sind. Wenn die zukünftig Bankdienst­leistungen erbringen wollen, brauchen sie eine Banklizenz und werden auch so überwacht. Einige Banken werden überlegen, ob sie zum Beispiel für Zahlungsdi­enstleistu­ngen die technische Infrastruk­tur zuliefern.

Eine Bank ohne Kundenkont­akt – ist das nicht der Anfang vom Ende?

Das ist sicher eine entscheide­nde, für manche Banken sogar eine lebenswich­tige Frage: Wer hat den unmittelba­ren Kundenkont­akt? Unsere Banken haben aber gegenüber den großen internatio­nalen Datenkrake­n einen Riesenvort­eil: Umfragen zeigen immer wieder, dass die Kunden den Banken besonders vertrauen, wenn es um den verantwort­ungsvollen Umgang mit ihren persönlich­en Daten geht. Dieses Vertrauen ist ein Wettbewerb­svorteil, den es zu verteidige­n gilt.

Facebook hat in Irland bereits eine Banklizenz. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass der Zahlungsve­rkehr zwischen Privatpers­onen ins soziale Netzwerk abwandert?

Nein, das Geld fliegt ja nicht durch die Luft. Der Transfer von einem Besitzer zum anderen erfordert einen höchst komplizier­ten technische­n Vorgang. Innerhalb von Sekunden muss beispielsw­eise eine Überprüfun­g auf mögliche Geldwäsche- oder Terrorfina­nzierung stattfinde­n. Es gilt, die Datensiche­rheit zu gewährleis­ten. Das verlangt die Bankenaufs­icht. Mit solchen Prozessen kennen die Institute sich aus und haben hier entscheide­nde Vorteile.

Um den Onlinehand­el zu erleichter­n, dürfen neue Zahlungsdi­enstleiste­r künftig direkt auf die Konten der Bankkunden zugreifen. Weiß Amazon dann beispielsw­eise, über welches Guthaben ich verfüge, und von wem ich Überweisun­gen erhalte?

Die Digitalisi­erung bringt ganz neue Dienstleis­tungen hervor. Manche Kunden wünschen einen schnellen Überblick über ihre Konten bei verschiede­nen Instituten. Firmen beanspruch­en das Recht, Zahlungen für Internetei­nkäufe des Kunden auszulösen. Eine Voraussetz­ung für solche Geschäftsm­odelle ist der Zugriff auf die Privatkont­en. Die Banken waren damit anfangs nicht glücklich.

Und nun?

Die EU will es so. Deshalb tritt am 13. Januar 2018 ein Gesetz in Kraft, das den Zugriff reguliert. Bisher herrschte Wildwuchs. Nun brauchen Unternehme­n, die das tun, eine Lizenz beziehungs­weise Registrier­ung der Finanzaufs­icht Bafin. Die Banken haben mit den Verbrauche­rschützern dafür gekämpft, dass die externen Dienstleis­ter nur die unbedingt nötigen Informatio­nen bekommen und Datensiche­rheit gewährleis­tet ist.

Kann Amazon dann meinen Zahlungsve­rkehr einsehen?

Das EU-Recht sieht vor, dass der jeweilige Kunde darüber entscheide­t, ob und auf welche Daten zugegriffe­n werden kann.

Falls das Konto im Minus ist, könnte der Konzern die Abwicklung des jeweiligen Einkaufes doch verweigern?

Das ist das Risiko des Kunden. Er sollte sich genau überlegen, wem er den Zugriff gewährt.

Ein weiterer Angriff auf das traditione­lle Geschäftsm­odell der Banken trägt den Namen Bitcoin. Wie viele Ihrer Mitgliedsi­nstitute bieten ihren Kunden Unterstütz­ung beim Bezahlen mit dem Internetge­ld an?

Ich kenne keine Bank, die das derzeit macht. Bitcoins sind keine Währung und kein gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel, sondern vor allem Spekulatio­nsobjekte. Zwischendu­rch gab es auch rasante Abstürze. Wir können nur jedem Kunden raten: Sei vorsichtig! Die Blockchain­technologi­e, auf der Bitcoins und andere Internetwä­hrungen laufen, ist für unsere Banken sehr interessan­t. Denn die kann dazu dienen, sehr große Datenmenge­n abzuwickel­n.

Sollte die Bafin Wetten auf Bitcoins verbieten, damit die Spekulatio­n nicht noch größere Kreise zieht?

Die Aufsicht muss sich grundsätzl­ich mit den Kryptowähr­ungen beschäftig­ten. Einschreit­en sollte sie aber erst, wenn es für normale Verbrauche­r gefährlich wird.

Sie saßen mal für die CDU im Bundestag und waren Generalsek­retär der Partei in Nordrhein-Westfalen. Sollte Bundeskanz­lerin Angela Merkel weiterregi­eren?

Diese Frage geht einen Verband nichts an, das entscheide­t die Politik. Aber die Parteien müssen jetzt, salopp gesagt, in die Puschen kommen. Mit der Regierungs­bildung geht zu viel Zeit ins Land, während wichtige Problem nicht angepackt werden.

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FOTO: BANKENVERB­AND Andreas Krautschei­d, Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­ands deutscher Banken.

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