Klanglandschaften verzaubern Gehör
SHW-Bergkapelle reist beim Dreikönigskonzert zu verschollenen Ruinen und Tempeln – 1100 Gäste begeistert
AALEN - Es ist eine abgemachte Sache: Jedes Jahr am Dreikönigstag bekommen nicht nur die Freunde sinfonischer Blasmusik in der Stadthalle Musikgenuss pur geboten. Prächtige Klanggemälde, vom ruhigen Adagio bis zum munteren Adagio, fröhliche Tänze, herausragende Solisten, das Wechselspiel der Blech- und Holzfraktion. Die SHW-Bergkapelle hat wieder alle Register gezogen und in verlässlicher Beständigkeit ein furioses Dreikönigskonzert geboten, das lange nachklingen wird.
Musikalische Weltreise zu mystischen Tempeln
Am Samstag lag der Fokus auf legendenumwobenen und mystischen vergessenen Tempeln und wiederentdeckten Ruinen: Das Traditionsorchester nahm die locker 1100 begeisterten Gäste in der voll besetzten Halle mit auf eine musikalische Weltreise voller wandelbarer Melodien und Klangfarben.
Für das Orchester ist es in Aalen die Kür des Jahres, gleich zu dessen Beginn. Martin Kost schwingt zum dritten Mal den Taktstock und hat mit seinen Musikern feine, erlesene Literatur mitgebracht. Geprobt wird seit dem Ende der Sommerferien.
Begrüßt werden die Gäste, die sich teils schon eine Dreiviertelstunde vor Konzertbeginn die besten Plätze sicherten, zunächst leicht, schwungvoll, tänzerisch, mit Dvoraks Slawischem Tanz Nr. 8 (in gMoll) und dem typisch böhmischen Tanz, dem „Furiant“, sprich „der Begeisternde“. Was hier rhythmisch so eingängig daherkommt, ist spielerisch alles andere als einfach. Mit dem ersten großen symfonischen Werk geht es in die „verlorene Stadt der Inkas“, in die „Stadt im Himmel“, Machu Picchu auf 2400 Metern Höhe, erbaut im ausgehenden Mittelalter und von den spanischen Konquistadoren erobert. Auch diese brutale Zerstörungswut manifestiert sich hier musikalisch. Ein Werk voller Spannung und Wechsel.
Das Konzertstück Nr. 2 von Felix Mendelssohn Bartholdy ist quasi ein Mitbringsel von der Konzertreise der Bergkapelle 2015 nach Polen und das erste Werk mit zwei Solisten. In Breslau vereinbarte man, dass Heike Drexler mit der Klarinette und Wolfgang Mack mal mitmachen beim Dreikönigskonzert – der Klarinettenbauer übrigens auf seinem selbst gebauten Bassethorn.
Das Stück mit reduzierter Orchesterbesetzung beginnt stürmisch, die Stimmung im ersten Presto-Satz wird aber freundlicher, es folgen kurze Kadenzen der beiden Solisten, dunkel und gemächlich leiten die Hörner und Fagotte den zweiten Satz ein.
Vor der Pause rückt die zweite Ruine in Sichtweite: Almansa („Der Wachturm“), etwa 150 Kilometer von Javea entfernt, zu dessen „Centro Artistico Musical“die Bergkapelle ja seit etlichen Jahren eine freundschaftliche Beziehung pflegt. Die spanische Stadt war unter anderem in maurischer Hand. Das klingt mit orientalischem Bauchtanz an, der in einen kriegerischen Marsch mündet, die musikalische Rückeroberung. Ständig wechseln Stimmung wie Melodik, die Kapelle spielt mal spanisch, mal maurisch.
Nach der Pause ist die Jugend am Zug, auch sie inszeniert eine vergessene Ruine, den „Lost Temple“(von Jared Barnes aus dem Jahr 2013) und das Jugendorchester hat danach ein Medley von Adele mitgebracht. Also dürfen „Rolling In The Deep“oder „Someone Like You“natürlich nicht fehlen oder „Set Fire To The Rain“. Begeisternd, wie sich der Nachwuchs hier voller Spielfreude und erstaunlichem Niveau präsentiert und dafür gibt’s ebenso begeisternden Applaus.
Moderator Alfons Hug: Informativ und augenzwinkernd
Durch das Dreikönigskonzert führt Alfons Hug, er ist fester Bestandteil davon und macht seine lockere, mal hoch informative, mal augenzwinkernde Moderation wie gehabt mit Bravour. Er erklärt zum Beispiel, wie die symfonische Ouvertüre von James Barn entstanden ist, einem der Höhepunkte des Konzerts, und bringt den Gästen jedes Stück näher: Auch dem Gelegenheitshörer synfonischer Blasmusik erschließen sich die Stücke damit so richtig.
Im zweiten Teil des Konzerts stehen dann noch „The Green Hill“von Bert Appermont im Mittelpunkt, eine Ode an das Grün Irlands, voller Lebensfreude und keltisch-irischer Tradition, mit der für Blasorchester umgeschriebenen Version von Bernsteins „Westside Story“mit viel Percussion geht das Dreikönigskonzert seinem Ende zu. Draußen dämmert es, wie wenn der Vorhang für ein großartiges Konzert fällt. 2018 beginnt in Aalen also musikalisch großartig.