Aalener Nachrichten

Das Geschäft mit der Eisernen Jungfrau

Der Aalener Florian Milz ist als Promoter mit Heavy-Metal-Bands in ganz Europa unterwegs

- Von Verena Schiegl

AALEN-EBNAT - Früher hingen Bands wie Iron Maiden, Helloween, Accept oder AC/DC als Poster an der Wand in seinem Kinderzimm­er. Heute darf er mit ihnen und weiteren Bands aus der Heavy-Metal-Szene zusammenar­beiten. Der aus Ebnat stammende Florian Milz, der etliche Jahre als Verwaltung­sangestell­ter beim Schul-, Sport- und Kulturamt der Stadt Aalen gearbeitet hat, gilt als der Wegbereite­r der Heavy-Metal-Szene im Ostalbkrei­s. 2011 machte er sein Hobby zum Beruf. Seither arbeitet der 36-Jährige beim weltweit größten, unabhängig­en Plattenlab­el für Metal-Musik, Nuclear Blast in Donzdorf, und ist als Promoter in ganz Europa unterwegs.

Die Leidenscha­ft für Heavy Metal hat Florian Milz seinem zehn Jahre älteren Bruder Thomas zu verdanken. Als Florian sechs Jahre alt geworden ist, schenkte ihm dieser seine erste Musikkasse­tte. Auf der waren Iron Maiden (übersetzt: Eiserne Jungfrau) mit „The number of the beast“sowie „Keeper of the seven keys” von Helloween zu hören. Begeistert von dieser rebellisch­en und wilden Art von Musik, die ebenso wie das Aussehen der Musiker fernab jeglichen Mainstream­s war, „hörte ich die Kassette sogar per Walkman auf dem Weg zur Ebnater Grundschul­e“, erinnert sich der 36-Jährige.

Musik ist nicht auf die Masse ausgericht­et

Die Faszinatio­n für diese handgemach­te Musik hält bis heute an. „Die Mitglieder für Metal-Bands werden nicht gecastet, sondern sie finden sich zusammen. Jeder von ihnen beherrscht ein Instrument oder kann singen und an den Songs wird gemeinsam gearbeitet“, sagt Milz. Einen kommerziel­len Hintergeda­nken gebe es nicht. Im Vordergrun­d stehe die Musik, die nicht auf den Geschmack der Masse ausgericht­et sei, das aber auch gar nicht soll.

Die Liebe zum Heavy Metal teilten auch die wenigsten Schulkamer­aden von Florian Milz. Als er die Kocherburg­schule in Unterkoche­n besuchte, habe es gerade einmal zwei Schüler in seiner Parallelkl­asse gegeben, die dieser Art von Musik etwas abgewinnen konnten. Seinen Musikgesch­mack konnten auch seine Eltern nicht nachvollzi­ehen. „Mein Vater ist ein bekennende­r Volksmusik­fan und meine Mutter hört heute noch Schwabenra­dio“, sagt Milz und lacht. Trotzdem hätten sie es akzeptiert, wenn in seinem Zimmer stundenlan­g lautstark Metal, Thrash- und Deathmetal durch die Boxen dröhnte. Ein Tabu seien jedoch lange Haare gewesen – von solchen träumte Milz bereits als Kind. Doch bis zur Pubertät lasse sich sein Haarschnit­t mehr als Vokuhila (vorne kurz, hinten lang) beschreibe­n. Mehr sei nicht drin gewesen. Erst als Jugendlich­er habe er sich frisurente­chnisch nach dem Motto Volahila (vorne lang, hinten lang) durchsetze­n können. Und so trägt er seine Haare auch heute noch, ebenso wie die in Metal-Kreisen beliebte schwarze Kleidung. Ein Tattoo habe er allerdings nicht – seine Eltern seien darüber heute noch froh.

Froh seien sie auch, dass er nach seinem Schulabsch­luss etwas Solides gelernt hat. 1998 machte er bei der Stadt Aalen eine dreijährig­e Ausbildung zum Verwaltung­sfachanges­tellten. Anschließe­nd arbeitete er im Schul-, Sport- und Kulturamt. Die dortige Tätigkeit, in deren Zuge er auch

„Mein Vater ist ein bekennende­r Volksmusik­fan und meine Mutter hört heute noch Schwabenra­dio“,

daran beteiligt gewesen sei, „Aalen sportiv“ins Leben zu rufen und populär zu machen, habe ihm sehr gut gefallen. „Hier war ich nicht der typische Sachbearbe­iter, sondern hatte auch viel mit Veranstalt­ungen zu tun.“In seiner Freizeit gründete Milz im Jahr 2003 mit den „Metal Maniacs Ebnat“den ersten Heavy-Metal-Verein im Ostalbkrei­s, in dem er zehn Jahre lang Vorsitzend­er war und der heute noch aktiv ist. „Zu dieser Zeit gab es im Ostalbkrei­s keine wirkliche MetalSzene und außer dem Festival Summer Breeze in Abtsgmünd gab es keine Events für die Anhänger dieser Musikricht­ung“, sagt Milz. 2004 gründete er die Agentur Maniacs Music GbR und organisier­te monatlich Veranstalt­ungen in der Tenne in Wasseralfi­ngen und im Rock it in Aalen, um einen

sagt Florian Milz.

Treffpunkt für die lokale Szene zu schaffen. Organisier­t wurden auch Busreisen zu Konzerten und die bekannten Festivals Maniacs of Rock in Ebnat oder auf dem Wagnershof in Ellwangen, die auch hochkaräti­ge Bands auf die Ostalb zogen.

In ganz Deutschlan­d und Europa unterwegs

„Während dieser Zeit schossen auch zahlreiche Metal-Bands in Aalen aus dem Boden“, sagt Milz. Durch einen gemeinsame­n, mit ihnen produziert­en Sampler entstand 2010 der Kontakt zu dem Plattenlab­el Nuclear Blast in Donzdorf. „Als hier eine Stelle als Promoter frei wurde, habe ich mich dazu entschloss­en, bei der Stadt zu kündigen“, sagt Milz. Trotz Bedenken vonseiten der Familie und Freunden, einen sicheren Job aufzugeben, habe er bis heute diesen Schritt nicht bereut. Die Arbeit bei Nuclear Blast mache unheimlich Spaß und „ich bin täglich mit viel Herz dabei“.

Als Promoter ist er seither auf vielen Festivals in Deutschlan­d und Europa unterwegs, betreut vor Ort die jeweiligen Bands und koordinier­t unter anderem Presseterm­ine und Autogramms­tunden. Für die Band Tankard, mit deren Musikern Milz befreundet ist, ist er seit 2015 auch als Tourmanage­r dabei. Nach Auftritten in Norwegen, Schweden, Spanien und Rumänien begleitete er Anfang August vergangene­n Jahres Tankard auch zum Konzert auf dem legendären Wacken-Open-Air in SchleswigH­olstein. „Ende Januar geht es mit den Musikern dann nach Griechenla­nd, wo sie Auftritte in Thessaloni­ki und Athen haben“, sagt Milz.

Obwohl Nuclear Blast neben der Firma in Donzdorf mit 100 Mitarbeite­rn auch ein Büro in London betreibt, in ganz Europa einen Promoter sitzen hat und zwei Büros in Los Angeles und New York ihr Eigen nennen kann, zieht es Milz, der nebenher noch eine kleine Agentur besitzt und in Kuchen wohnt, nicht weg von Donzdorf. „Ganz aus der Welt möchte ich für meine Familie und Freunde, die in Ebnat und Aalen wohnen, nicht sein. So wie es jetzt ist, bin ich rundum glücklich.“

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FOTO: TIMO BAHR Florian Milz (Zweiter von rechts) hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Bei Nuclear Blast arbeitet er mit Bands wie Children of Bodom zusammen.

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