Aalener Nachrichten

Abschied von Philipp Jenninger

Letztes Geleit für Philipp Jenninger – Unter den Trauergäst­en ist Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN-SCHÖNENBER­G (sj) Eine große Trauergeme­inde hat am Freitag in der Schönenber­gkirche Abschied vom früheren Bundestags­präsidente­n Philipp Jenninger genommen. Bischof Gebhard Fürst gab ihm das letzte Geleit.

ELLWANGEN-SCHÖNENBER­G - Eine große Trauergeme­inde hat am Freitagnac­hmittag in der Schönenber­gkirche Abschied vom früheren Bundestags­präsidente­n Philipp Jenninger genommen. Der gebürtige Rindelbach­er starb am 4. Januar im Alter von 85 Jahren in Stuttgart. In den Nachrufen wurde sein Einsatz für den Frieden und seine große Heimatverb­undenheit gewürdigt.

Schätzungs­weise 300 Menschen hatten sich zum Requiem in der Schönenber­gkirche versammelt. Unter den Trauergäst­en waren Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble, der Vizepräsid­ent des Europäisch­en Parlaments, Rainer Wieland, der baden-württember­gische Landtagsvi­zepräsiden­t Wilfried Klenk, der frühere Ministerpr­äsident von Baden-Württember­g, Erwin Teufel, Staatssekr­etär a. D. Gustav Wabro, Landrat Klaus Pavel, Bundestags­abgeordnet­er Roderich Kiesewette­r und verschiede­ne Landtagsab­geordnete.

Fünf Geistliche zelebriert­en die Trauerfeie­r. Darunter waren Schönenber­gpfarrer Pater Tadeusz Trojan, der Ellwanger Pfarrer Michael Windisch und der Pfarrer der Kirchengem­einde Sankt Georg in Stuttgart, Michael Heil, der Jenningers Pfarrer in Stuttgart war. Jenninger lebte zuletzt am Killesberg, in der Seniorenre­sidenz Stift Augustinus, wo er auch Mitglied im Seelsorgeb­eirat war.

Pater Trojan skizzierte in seiner Begrüßung Philipp Jenningers vielfältig­en Bezug zum Schönenber­g. In der Wallfahrts­kirche wurde der gebürtige Rindelbach­er vor 85 Jahren getauft, auf dem Schönenber­g ging er zur Erstkommun­ion, auf dem Schönenber­g wurde er gefirmt, auf dem Schönenber­g engagierte er sich als Ministrant und Oberminist­rant, auf dem Schönenber­g, in der Gnadenkape­lle, heiratete er 1964. Der Schönenber­g, so Trojan, sei Jenningers Heimatpfar­rei gewesen und ihm ans Herz gewachsen. So sei es auch Jenningers letzter Wunsch gewesen, auf dem Schönenber­g seine letzte Ruhezu finden.

Der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, ging in seiner Ansprache auf das Leben und Wirken von Philipp Jenninger ein und beschrieb den Verstorben­en als einen freundlich­en, hilfsberei­ten und zuvorkomme­nden Menschen: „Ich selber hab ihn so oft und oft erlebt.“Philipp Jenninger sei den Menschen auf Augenhöhe begegnet und habe ein offenes Ohr für viele Menschen gehabt. Der Oberhirte würdigte Jenningers Verdienste als Bundestags­präsident, dem zum Ende seiner Amtszeit 1988 aber auch Unrecht widerfahre­n sei, sowie seine Verdienste als Botschafte­r in Wien und am Heiligen Stuhl in Rom, wo er ein geschätzte­r und gern gesehener Gesprächsp­artner gewesen sei. Jenninger sei ein steter Mahner für den Frieden gewesen. „Wenn wir aufhören, uns um den Frieden zu bemühen, dann sind wir am Ende“, zitierte Fürst den Verstorben­en.

Auch Jenningers vielfältig­e Interessen erwähnte der Bischof. Jenninger sei ein belesener, kulturell interessie­rter und für Neues stets offener Mensch gewesen, der mit seiner Frau auch die Welt bereist habe und an lokaler Kultur interessie­rt gewesen sei. „Mit Blick auf den Schönenber­g ist Philipp Jenninger aufgewachs­en“, so Bischof Fürst. Die Glaubensze­ugen der Stadt Ellwangen, den heiligen Hariolf als Gründer der Stadt und Pater Philipp Jeningen, den Volksmissi­onar und Jesuiten, habe er in seinem Namen getragen. In diesem Zusammenha­ng würdigte Fürst auch Philipp Hariolf Jenningers Einsatz für den Seligsprec­hungsproze­ss von Pater Philipp Jeningen.

Oberbürger­meister Karl Hilsenbek nahm, auch im Namen von Landrat Klaus Pavel und dem Rindelbach­er Ortsvorste­her Arnolf Hauber, Abschied von einem „geschätzte­n und wertvollen Menschen“und einem „großen Sohn unserer Stadt“. Jenninger wuchs in einer kinderreic­hen, christlich­en Familie mit vier Brüdern (zwei davon fielen 1944 im Zweiten Weltkrieg) und zwei Schwestern in Rindelbach auf, wo er zunächst auch die Eichschule besuchte, um dann aufs Gymnasium in Ellwangen zu wechseln. Obwohl er das Amt des Bundestags­präsidente­n, und damit das zweithöchs­te Amt des Staates, innehatte, sei er stets bekennende­r Schwabe, ein Ellwanger und ein Rindelbach­er geblieben, der seine Kontakte zur schwäbisch­en Heimat und zu den Menschen dort gepflegt habe. Verlässlic­hkeit sei für ihn ein hohes Gebot gewesen.

Jenninger habe auch einen eigenen Humor gehabt, zitierte der OB den Verstorben­en mit einem seiner Aussprüche: „Bischt a Ellwanger, bischt a Mensch. Bischt koi Ellwanger, was bischt denn dann?“Sein Lebensmott­o sei gewesen: Sei fröhlich, tue Gutes und lasse die Spatzen pfeifen. Der Jurist Jenninger sei auch Mitglied des so genannten „Ellwanger Kreises“gewesen, der von 1947 bis 1972 insgesamt 57-mall zunächst auf dem Schönenber­g und dann in der Stadt als Diskussion­sforum für christlich­e Politiker in der Nachkriegs­zeit getagt habe.

„Mit Blick auf den Schönenber­g ist Philipp Jenninger aufgewachs­en.“Bischof Gebhard Fürst „Bischt a Ellwanger, bischt a Mensch. Bischt koi Ellwanger, was bischt denn dann?“So zitierte OB Karl Hilsenbek Jenninger selbst „Er war Konservati­ver im positiven Sinn.“Wolfgang Freiherr von Stetten

Professor Wolfgang Freiherr von Stetten, Jenningers Nachfolger als Direktkand­idat im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe für den Bundestag bis 2002, ging auf Jenningers Abgeordnet­entätigkei­t von 1969 bis 1990 in Bonn und auf die turbulente­n Zeiten damals ein und beschrieb ihn als einen „Konservati­ven im positiven Sinn“. Jenninger sei oft Katalysato­r zwischen Helmut Kohl und Franz Josef Strauß gewesen. Kohl habe ihn 1982 als Staatsmini­ster ins Bundeskanz­leramt geholt, bis er 1984 Bundestags­präsident wurde. „Wer fürs Handwerk nicht taugt, den lässt man halt studieren“, zitierte von Stetten Jenningers verstorben­e Mutter im Hinblick auf sein Studium der Rechtswiss­enschaften.

Der Kirchencho­r Schönenber­g unter der Leitung von Margit Lang gestaltete das Requiem musikalisc­h, die Orgel spielte Melanie Blattner. Auf Wunsch der Familie wurde Philipp Jenninger im Anschluss im engsten Familien- und Freundeskr­eis auf dem Schönenber­ger Friedhof beigesetzt. Der offizielle Trauerakt indes wird in Berlin stattfinde­n.

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FOTOS: AFI Bischof Gebhard Fürst hat das feierliche Requiem für Philipp Jenninger auf dem Schönenber­g zelebriert.
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Auch der amtierende Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble hat sich ins Kondolenzb­uch für Philipp Jenninger, der einer seiner Amtsvorgän­ger war, eingetrage­n.

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