„Romantisierung der Landwirtschaft“ist ein Problem
FDP-Delegation besucht den Ferkelerzeugerbetrieb Schirrle in Schönbronn
WÖRT-SCHÖNBRONN - Eine fünfköpfige Delegation der FDP, angeführt vom Landtagsabgeordneten Friedrich Bullinger, hat diese Woche dem Ferkelerzeugerbetrieb Schirrle in Wört-Schönbronn einen Besuch abgestattet. Nach einem kurzen Rundgang über den Hof folgte ein intensiver Austausch über die aktuelle Landwirtschaftspolitik. Der Wörter Landwirtschaftsmeister Tobias Schirrle und der FDP-Politiker Bullinger, früher selbst Schweinezüchter, waren sich dabei in vielen Punkten einig. Vor allem darin, dass es der konventionellen Ferkelerzeugung und Schweinemast in Deutschland durch die Politik besonders schwer gemacht wird. Es käme nicht von ungefähr, dass in den vergangenen Jahren viele, vor allem kleine Betriebe aufgeben mussten. Und dieser Prozess werde weitergehen, zeigten sich sowohl der Wörter Landwirt als auch der FDP-Politiker überzeugt.
Tobias Schirrle, seines Zeichens nicht nur der Leiter des landwirtschaftlichen Familienbetriebs in Wört-Schönbronn, sondern auch stellvertretender Vorsitzender der BAG-Hohenlohe Raiffeisen eG, hatte sich auf seine politischen Gäste bestens vorbereitet. Der 28-Jährige informierte bei dem Besuch der FDPDelegation keineswegs nur über seinen Betrieb – er hatte für seinen Gäste auch ein politisches Forderungspaket, in Form einer kurzen PowerPoint-Präsentation, geschnürt.
Freie Besamung von Muttersauen wäre der „absolute Worst Case“
In diesem Rahmen zeigte Schirrle auf, welche politischen Entscheidungen aus Berlin dem Wörter Familienbetrieb das Leben schon jetzt schwer machen und welche Neuerungen den Ferkelerzeugern im Land in Kürze „drohen“könnten.
Dazu zählt unter anderem die in der Diskussion befindliche freie Besamung von Muttersauen. Aktuell dürfen die Tiere für die Besamung und die darauf folgende wichtige Einnistungphase der Follikel zumindest noch 28 Tage lang einzeln gehalten werden. Künftig wird aber wohl auch das verboten. Die Schonzeit soll entweder deutlich verkürzt oder eventuell auch ganz abgeschafft werden. Die Tiere sollen nach Wunsch von Tierschützern auch in dieser Phase weiter in Gruppen leben.
Was für Tobias Schirrle der „absolute Worst Case“wäre. Die 2013 politisch verordnete Gruppenhaltung für tragende Muttersauen bedeute für die Tiere nämlich vor allem eines: Und das sei Stress, sagt der Landwirt. Der Landwirt verweist auf die deutlich gestiegenen Zahlen der Aborte in seinem Betrieb. Falle nun auch noch die 28-tägige Schonzeit während der Besamung weg, drohten dem Ferkelerzeuger weitere Verluste.
Ebenfalls in der Diskussion ist die Kastration von männlichen Ferkel. Sie soll bis zum 1. Januar 2019 neu geregelt werden. Aktuell wird der Eingriff in der ersten Lebenswoche vorgenommen, die Tiere erhalten zuvor eine ambulante Schmerzbetäubung. Künftig wird für diesen Eingriff womöglich eine Vollnarkose nötig sein, vorgenommen durch einen Veterinär. Das ist zumindest im Gespräch.
Schirrle kann über so ein Ansinnen nur noch den Kopf schütteln. Ebenso wie Friedrich Bullinger, den die „Romantisierung der Landwirtschaft“ärgert. „Den politischen Entscheidern fehlt heute oft jeder Bezug zum Thema. Das Tier wird vermenschlicht, unsere Landwirte haben die Folgen zu tragen“, sagt Bullinger und verweist noch knapp darauf, dass es in Deutschland „übrigens gar nicht so viele Tierärzte gibt“, um so ein aufwendiges Kastrationsprozedere in der Realität umzusetzen. Käme eine solche Regelung, wäre es „das Ende der Ferkelerzeugung im süddeutschen Raum“, ist Bullinger überzeugt.
Auch die von Tierschützern geforderten Freilaufbuchten im Abferkelstall stoßen bei Schirrle (und Bullinger) auf wenig Verständnis. Bekäme die Muttersau im Abferkelstall mehr Bewegungsspielraum, führe das nur zu einem: und zwar zu sehr viel mehr erdrückten kleinen Ferkeln. Tierschützer leisteten den Tieren damit einen Bärendienst.
Gleiches gelte für das angedachte Verbot des Schwänzekupierens. Noch ist es Usus, dass den wenige Tage alten Ferkeln mit einem heißen Draht vorsorglich die Schwanzspitzen entfernt werden. Ein minimaler Eingriff, den die Tiere kaum spürten, sagt Schirrle. Ab 2022 könnte dieses Vorgehen trotzdem zum Tabu erklärt werden.
Ferkel bald nur noch als Importe aus dem Ausland?
Die Folgen eines solchen Verbots seien absehbar, sagt Schirrle: Die Tiere würden zu Kannibalen. Es beginne damit, dass sie ein wenig am Ringelschwanz des Buchtgenossen nagen. Fließe dann das erste Blut, gebe es für die Allesfresser kein Halten mehr. Krankheiten, schwere Verletzungen bis hin zum Tod von Tierenseien programmiert. Deshalb sei auch eine solche Neuregelung aus Sicht von Tobias Schirrle haarsträubender Unsinn. Das habe alles mit „fachlicher Praxis“nichts mehr zu tun, hadert auch sein Vater Fritz Schirrle.
Bullinger gibt den beiden Landwirten aus Wört Recht. Es seien „nicht mehr nachvollziehbare, irrationale Entscheidungen“mit denen insbesondere die Schweinewirtschaft in Deutschland systematisch kaputt gemacht werde. Gehe der Prozess so weiter, würden in Deutschland in naher Zukunft wohl alle Ferkel aus dem Ausland eingeführt werden müssen. „Dann ist esaber mit der Regionalität unserer Lebensmittel vorbei. Dabei sind doch gerade kurze Tiertransportwege praktischer Tierschutz“, betont Bullinger.
Das Fazit des FDP-Mannes am Ende eines angeregten Austausches: Es gibt viele Punkte, wo die Politik schnell ran müsse. Die FDP sei zwar in der Opposition, wolle aus dieser Position aber dennoch Druck ausüben. Schließlich wüssten die Liberalen noch, was Unternehmertum – und dafür stünden moderne landwirtschaftliche Betriebe wie der Ferkelerzeugerbetrieb von Familie Schirrle – bedeute.