Aalener Nachrichten

Der Mut für den großen Wurf fehlt

- Von Jochen Schlosser j.schlosser@schwaebisc­he.de

Ein Bildungspa­ket haben sie geschnürt in Berlin, milliarden­schwer und sehr ambitionie­rt. Das ist löblich, war angesichts der aus deutscher Sicht bitteren PisaStudie­n jedoch auch dringend nötig. Schade aber ist, dass auch dieses Mal nicht der Mut aufgebrach­t wird, die Bildungsho­heit der Länder, das sogenannte Kooperatio­nsverbot, nicht nur aufzuweich­en, sondern tatsächlic­h zu kippen und dem föderalen Klein-Klein einen großen Wurf entgegenzu­setzen: einen bundesweit einheitlic­hen Bildungsst­andard.

Natürlich wäre das nur sinnvoll, wenn sich der Standard am Niveau jenes Landes orientiere­n würde, das stets vorne liegt – und das ist Bayern. Es ist kein Zufall, dass die Schüler aus dem Freistaat bei den meisten Studien am besten abschneide­n. Eine Absenkung der Standards wäre weder nachvollzi­ehbar für Lehrer und Schüler noch hinnehmbar für die Landespoli­tiker. Wäre ihnen die Zukunft der Kinder jedoch so wichtig, wie sie behaupten, müssten sie großes Interesse am einheitlic­hen Standard haben. Dieser brächte Chancengle­ichheit: Schulabsch­lüsse wären vergleichb­ar, die Studienpla­tzvergabe, die im Gegensatz zum Abitur bundesweit geregelt ist, würde fair ablaufen. Und Deutschlan­d hätte einen internatio­nalen Standortna­chteil weniger.

Dass Ministerpr­äsidenten im Süden für das Kooperatio­nsverbot kämpfen, ist gewiss auch der Angst vor der Verschlech­terung geschuldet. Es bleibt aber der Verdacht, dass es nicht nur um Inhalte geht, sondern eben auch um Geld und Macht. Denn wer könnte etwas dagegen haben, wenn Familien mit Schulkinde­rn umziehen könnten, ohne sich mit einer Vielzahl von Lehrplänen herumschla­gen zu müssen? Wenn das Gymnasium überall gleich lang dauern würde? Und aus Elternsich­t: Landespoli­tische Irrwege bei Bildungspl­änen, es sei an die Verankerun­g der „sexuellen Vielfalt“in Baden-Württember­g erinnert, wären viel schwierige­r durchzuset­zen.

Schön, dass Schwarz-Rot den Plan hat, künftig die Sanierung von Schulgebäu­den mitzubezah­len oder iPads zu kaufen. Doch es wäre an der Zeit, das aus der Zeit gefallene Kooperatio­nsverbot komplett abzuschaff­en.

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