Wer holt das erste deutsche Gold?
Aussichtsreichste Kandidatin ist Laura Dahlmeier – doch Felix Loch lauert
PYEONGCHANG (SID) - Laura Dahlmeier, Andreas Wellinger oder schon wieder Felix Loch: Wer wird erster deutscher Olympiasieger in Pyeongchang und legt die Goldspur für das 153-köpfige Team bei den 23. Winterspielen in Südkorea? Gleich mehrere Aspiranten hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Wochenende am Start, die heißeste Kandidatin für den ersten Gipfelsturm aber ist Hobby-Bergsteigerin Laura Dahlmeier. Und das nicht nur, weil ihr Rennen als Erstes beendet sein wird.
Die 24-Jährige aus Partenkirchen, im vergangenen Jahr mit fünfmal Gold die Königin der Biathlon-WM in Hochfilzen, ließ sich auch von Rückschlägen nicht stoppen und fand rechtzeitig wieder zu ihrer Form. Die Zollbeamtin warnt jedoch vor ihrem Einsatz im Sprint am Samstag (20.15 Uhr Ortszeit/12.15 MEZ) vor überzogenen Erwartungen: „Die fünf Goldmedaillen waren eine einmalige Geschichte. So etwas wird es vielleicht nie wieder geben.“
Fünfmal Gold im Alpensia Biath- lon Centre würde Dahlmeier natürlich mit Kusshand nehmen. Ihr Ziel aber ist ein anderes: „Ich möchte mit einer Medaille heimfahren, am liebsten einer goldenen.“Spätestens nach ihrem Doppelsieg beim WeltcupAuftakt in Östersund darf Umsteigerin Denise Herrmann aber ein ebensolcher Coup zugetraut werden.
Sollten die Skijägerinnen leer ausgehen, könnten die Skispringer zuschlagen. Qualisieger Andreas Wellinger gilt im Wettbewerb von der Normalschanze (21.35 Uhr Ortszeit/13.35 Uhr MEZ) als besonders aussichtsreich, aber auch Richard Freitag ist einiges zuzutrauen. Nur Außenseiterchancen werden Eisschnellläuferin Claudia Pechstein auf ihrer Nebenstrecke über 3000 m (12.00 Uhr) eingeräumt.
Und wenn es am Samstag mit dem ersehnten Gold nicht klappt, könnte am Sonntag die große Stunde des Felix Loch schlagen. Der Berchtesgadener hat die Möglichkeit, wie schon in Vancouver 2010 und Sotschi 2014 den Bann zu brechen und mit seinen vier Fahrten im Olympic Sliding Centre zum dritten Mal nacheinander Gold Nummer eins zu schürfen.
Wettanbieter setzt auf Dahlmeier
Ein Selbstläufer wird es für Loch trotz jahrelanger Dominanz nicht. Die Spitze ist breiter geworden. „Früher hattest du vielleicht zwei, drei Rodler, die ganz vorne mitmischen, jetzt sind es auf jeden Fall fünf, sechs, doppelt so viele.“Die Wahrscheinlichkeit auf Gold betrage daher „im Zweifel weniger als 50 Prozent“.
Und wenn also auch dieser Trumpf nicht sticht? Dann wäre da noch ein Abfahrer, der am 20. Januar mit seinem Sieg auf der berühmten Streif in Kitzbühel ins grelle Rampenlicht fuhr. Thomas Dreßen könnte in der Schussfahrt mit ihren langgezogenen Kurven, die dem 24-Jährigen liegen, der erste deutsche Olympiasieger in einer Abfahrt werden. Dies wäre für Dreßen die Krönung einer märchenhaften Saison.
So ungewiss der erste Erfolg auch ist, Wettenanbieter bwin hat seinen Favoriten ausgemacht: Dahlmeier ist am besten notiert, Denise Herrmann, Andreas Wellinger und Richard Freitag liegen dahinter gleichauf.
Generell kann sich Deutschland anscheinend auf eine Medaillenflut einstellen. Nach dieversen Prognosen erwartet die Athleten ein wahrer Gold-Regen. Der amerikanische Datenund Analysedienst Gracenote prognostiziert gar Platz 1 im Spiegel mit 39 Medaillen – darunter 14 goldene. Die Analysten sehen für Dahlmeier bei jedem Start (6) Gold. Mit je drei Medaillen erwarten sie auch von den Kombinierern Eric Frenzel und Johannes Rydzek eine Menge. Putzteufel Lesser: Biathlet Erik Lesser legte nach der Ankunft im olympischen Dorf erstmal eine Putzeinheit ein. Das Appartement der Skijäger war einfach zu schmutzig. „Manche sind noch nicht ganz fertig und sehen nicht so wohnlich aus“, sagte der Thüringer. Nationalfarben gegen die Kälte: Die Organisatoren der Winterspiele haben alle Zuschauer der Eröffnungsfeier mit wärmenden Utensilien ausgestattet. Dazu gehören eine rote Pudelmütze, eine blaue Decke, ein weißer Poncho sowie Hand- und Fußwärmekissen. Die Nationalfarben Südkoreas waren so auf den Rängen sehr gut vertreten. Als Paar bei Olympia: Für Snowboarder Johannes Höpfl hat Olympia einen netten Nebeneffekt – er kann mal im Winter Zeit mit seiner Freundin verbringen. Seit sechs Jahren ist der einzige deutsche Halfpipe-Teilnehmer mit der Raceboarderin Ramona Hofmeisters liiert. „Es ist voll cool, dass wir jetzt zusammen bei Olympia sind“, so Höpfl. „So eine Saison bei uns besteht eigentlich immer daraus, dass beide unterwegs sind. Es überschneidet sich vielleicht mal einen Tag, dass wir beide daheim sind, dann fährt der eine in die und der andere in die Richtung.“ Mit Handschuhen gegen die Angst: Das Norovirus sorgt bei den Veranstaltern für Unruhe, vor allem viele Sicherheitskräfte sind betroffen. US-Skistar Lindsey Vonn tauchte bei ihrer ersten Pressekonferenz deswegen mit dünnen schwarzen Handschuhen auf. „Ich möchte nicht krank werden. Ich weiß nicht, wer von euch krank ist“, sagte Vonn zur Begründung. Auch das deutsche Olympia-Team hat bereits zwei möglicherweise infizierte Volunteers aus dem Umfeld der Mannschaft abgezogen. ARD bedauert Übersetzungspanne: Die ARD hat sich für den dreiminütigen Übersetzungs-Blackout bei der Rede von OK-Chef Lee Hee Beom während der Eröffnungsfeier entschuldigt. Der Grund: Eigentlich sollte Beom Englisch reden, stattdessen redete er Koreanisch. „Davon wurde die Redaktion überrascht“, so die MDR-Pressestelle. Im Rausch der Pins: „Kriegen wir noch mehr?“, fragte Snowboarderin Silvia Mittermüller euphorisch und hoffte auf einen größeren Vorrat an deutschen Pins. Auf das Sammeln freut sich die Olympia-Debütantin besonders. Eine gute Handvoll der deutschen Anstecker hat die 34-Jährige bislang bekommen. „Ich kann schon einiges tauschen, aber einen muss ich der Mama mitbringen“, sagte sie. Ihre Mutter habe sie darauf gebracht, wie wichtig das Sammeln ist. „Sie war Olympia-Hostess in München 1972.“ Gefährdetes Weiß: In Pyeongchang ist es kalt – aber es schneit kaum. Die drei Kilometer lange Abfahrtsstrecke ist fast komplett mit Kunstschnee bedeckt, auch im Ziel stehen die Journalisten darauf. Damit alles schön weiß und sauber bleibt, bitten die Veranstalter im Jeongseon Alpine Center auf einem Schild um Mithilfe: „Bitte putzen Sie ihre Schuhe, bevor sie den Schnee betreten.“ Klamottentausch: Die Kleidung der „Olympischen Athleten aus Russland“(OAR) ist bei den Konkurrenten sehr beliebt. „Unsere Athleten wurden in den ersten Tagen hier schon häufig gefragt, ob sie die Kleidung tauschen möchten“, sagte Stanislaw Posdjnakow, der Chef de Mission des Teams. Die OAR-Kollektion kommt nach den Spielen nicht mehr bei Wettkämpfen zum Einsatz, falls das IOC die Sanktionen gegen die Russen aufhebt.