Bereit für den Super-Donnerstag
Hirscher holt Sieg in der Kombination – Dreßen und Rebensburg deutsche Goldhoffnungen
PYEONGCHANG (dpa) - Den ausgebliebenen Auftakt-Coup quittierte Thomas Dreßen mit einer wegwerfenden Handbewegung und einem Kopfschütteln. Seine erste Enttäuschung über Platz neun in der Alpinen Kombination trotz Führung nach der Abfahrt wich aber schnell der Angriffslust vor dem deutschen Super-Alpintag mit der Spezialabfahrt der Herren und dem Riesenslalom mit Viktoria Rebensburg. Dann soll es doppelt was zu feiern geben im olympischen Ski-Team. „Die Vicky ist mit Sicherheit Medaillenfavoritin und ich probier, wieder ein gutes Ergebnis zusammenzukriegen“, sagte Dreßen. „Ich nehme viel Selbstvertrauen mit und freue mich schon. Ich hoffe, dass es nach ganz oben geht.“Auch Österreichs SkiStar Marcel Hirscher war sich nach der Siegerehrung für die erste Goldmedaille seiner ruhmreichen Karriere sicher: „Seine große Chance kommt am Donnerstag.“
Rebensburg appellierte an die Fans in Deutschland: „Ich bin schon gespannt auf den Super-Donnerstag und hoffe, dass dann (zu Hause) auch wirklich jeder aufsteht. Es gibt nichts Besseres aus Alpinsicht.“Um 2.00 Uhr MEZ (10.00 Uhr Ortszeit) beginnt der Riesenslalom, die Entscheidung fällt im zweiten Lauf ab 5.45 Uhr MEZ (13.45 Uhr Ortszeit). Dazwischen gibt es die Königsdisziplin mit Kitzbühel-Sieger Dreßen um 3.30 Uhr MEZ (11.30 Uhr Ortszeit).
Mit der Vorstellung in seinem ersten Rennen bei Winterspielen sorgte Dreßen einmal mehr für Aufsehen, schließlich ließ er im Abfahrtsteil alle Speed-Rivalen hinter sich und hatte nur im Slalom gegen die Spezialisten um Olympiasieger Hirscher keine Chance. „Er hat sich heute in den engeren Kreis der Medaillenkandidaten reingefahren, das kannst du nicht mehr wegdiskutieren“, sagte Alpindirektor Wolfgang Maier. Die deutschen Ski-Herren wollen in Pyeongchang die erste Medaille bei Winterspielen seit Markus Wasmeiers zwei Gold-Triumphen 1994 in Lillehammer gewinnen.
Bei der verkürzten Kombi-Abfahrt hatte Dreßen den Norweger Aksel Lund Svindal (+0,07 Sekunden) und Sotschi-Olympiasieger Matthias Mayer aus Österreich (0,13) hinter sich gelassen. Der Schweizer Weltmeister Beat Feuz verzichtete auf einen Start. „Extrem viel Selbstvertrauen“nehme er mit, sagte Dreßen, „und ich weiß, dass der Plan, den ich habe und die Fahrweise gut auf die Strecke passen“.
„Wir erwarten, und das brauche ich auch nicht anders zu formulieren, dass wir an dem Tag eine Medaille holen“, unterstrich Maier. „Das sind unsere zwei stärksten Disziplinen im Augenblick.“
Sogar noch größer als bei Dreßen dürften bei Rebensburg die Chancen auf Edelmetall liegen. In ihrer Paradedisziplin führt die Kreutherin die Weltcup-Wertung an und hat in diesem Winter bereits drei Siege und zwei zweite Plätze eingefahren. 2010 holte sie im Riesentorlauf sensationell Gold, vor vier Jahren in Sotschi raste sie zu Bronze. „Viktoria Rebensburg geht als Top-Favoritin in den Riesenslalom“, hatte Maria HöflRiesch jüngst prognostiziert.
Hirschers Sammlung komplett
Die frühere Skirennfahrerin holte vor vier Jahren in der Kombi den bislang letzten deutschen Alpin-Olympiasieg. In Südkorea lag Dreßen als Schnellster der Abfahrt zwar virtuell kurz auf dem Gold-Rang. Seine Chancen auf den ganz großen Coup waren aber nur minimal. Direkt nach der Zieldurchfahrt gab es für Dreßen aufmunternde Worte von Dominator Hirscher. „Hau rein, hab ich gesagt“, erzählte der Österreicher. „Das ist echt ein leiwander (lässiger) Typ und ich glaube, dass er das Potenzial hat, hier für eine Überraschung zu sorgen.“
Bei Hirscher überrascht seit Jahren nichts mehr, höchstens noch, dass er bis jetzt noch kein OlympiaGold sein eigen nennen konnte. Doch auch diese Leerstelle in seiner Vita mit 55 Weltcup-Siegen, sechs Gesamterfolgen und vier WM-Einzelmedaillen ist nun getilgt. „Diese eine große Sache hat noch gefehlt, um es perfekt zu machen. Jetzt ist es da. Super erleichtert“, sagte der Salzburger, der als Technik-Ass nicht nur im Slalom überragte, sondern mit Platz zwölf in der Abfahrt aufhorchen ließ. „Heute bin ich stolz auf mich, was das Skifahren angeht. Vor allem die Abfahrt – bist du deppert?“ Viertes Gold für Niederlande: Doppel-Weltmeister Kjeld Nuis hat die Siegesserie der niederländischen Eisschnellläufer mit seinem Sieg über 1500 Meter fortgesetzt. Der 28-Jährige lief die Mittelstrecke in 1:44,01 Minuten und verbuchte damit im vierten Rennen den vierten Erfolg für Oranje. Silber ging an seinen Landsmann Patrick Roest (1:44,86). Deutsche waren nicht am Start. Nilsson und Kläbo gewinnen Sprints: Die Langlauf-Entscheidungen waren wieder einmal eine skandinavische Angelegenheit. Die Schwedin Stina Nilsson gewann vor der Norwegerin Maiken Caspersen Falla und der Russin Julia Belorukowa den Sprint der Frauen, der Norweger Johannes Kläbo triumphierte bei den Männern vor dem Italiener Federico Pellegrino und dem Russen Alexander Bolschunow. Chancenlos waren die deutschen Teilnehmer, die bereits nach dem Viertelfinale nicht mehr im Wettbewerb vertreten waren. Volksmusik vor leeren Rängen: Wenn Hansi Hinterseer das hören würde! Im Training der Nordischen Kombinierer gaben die Organisatoren seinen Schlager „Hände zum Himmel“zum Besten. Vor komplett leeren Rängen dröhnte der deutsche Volksmusik-Hit aus den aufgedrehten Boxen. In dem Lied singt der ehemalige österreichsche Skirennläufer und heutige Entertainer Hinterseer nicht ganz passend: „Man muss die Feste feiern, so wie sie fallen, wo wir auch sind.“ Geschwisterliebe: Die slowakische Biathletin Anastasiya Kuzmina will nach Silber in der Verfolgung noch mindestens eine Olympia-Medaille. Diese würde sie ihrem Bruder Anton Schipulin widmen. Der russische Star war wegen des Dopingskandals nicht vom Internationalen Olympischen Komitee nach Pyeongchang eingeladen worden. „Natürlich vermisse ich meinen Bruder. Ich hatte bis zur letzten Sekunde gehofft, dass er doch noch starten kann“, sagte die 33-Jährige, die 2007 nach der Heirat mit Daniel Kuzmin die slowakische Staatsbürgerschaft annahm. Vor ihrem Abflug war ihr Bruder der Letzte, der mit ihr sprach. „Er sagte mir, ich soll zwei Medaillen holen, eine für mich und eine für ihn.“ Fontana holt Gold über 500 Meter: Die Shorttrackerin Arianna Fontana hat die erste Goldmedaille für Italien bei den Olympischen Winterspielen von Pyeongchang gewonnen. Die 27-Jährige setzte sich in der Gangneung Eisarena über 500 Meter im Finale in 42,569 Sekunden durch. Silber ging an Yara van Kerkhof aus den Niederlanden vor der Kanadierin Kim Boutin. Die Dresdner Shorttrackerin Anna Seidel war im Viertelfinale ausgeschieden. Kanadier siegen im Mixed-Curling: Das kanadische Duo Kaitlyn Lawes und John Morris hat die erste Goldmedaille im neuen olympischen Wettbewerb im Mixed-Curling gewonnen und die Weltmeister Jenny Perret und Martin Rios aus der Schweiz klar mit 10:3 besiegt. Zuvor hatte das Ehepaar Anastassija Brysgalowa und Alexander Kruschelnizki für die OAR nach einem Sieg gegen Kristin Skaslien und Magnus Nedregotten aus Norwegen Bronze gewonnen. Verwechselt: Laura Dahlmeier arbeitet als Zollhauptfeldwebel beim österreichischen Zoll. Das behauptet wenigstens das offizielle Olympia-Informationssystem. In Wirklichkeit ist die Doppel-Olympiasieger beim deutschen Zoll angestellt. Athleten-Flucht: Ob mit oder ohne Medaille – viele Eiskunstläufer lassen nach dem Teamwettbewerb die Olympischen Spiele ein paar Tage hinter sich. Die Essenerin Nicole Schott fuhr bis zum Ende der Woche mit Trainer Michael Huth nach Seoul. Ihr EinzelWettbewerb beginnt erst am kommenden Mittwoch. Die russischen Mädels flogen nach Japan. Dort haben sie nicht nur mehr Ruhe, sondern auch mehr Trainingszeiten als in Pyeongchang, wo sie sich die Eisarena mit den Shorttrackern teilen müssen. Sportlicher Präsident: DOSB-Präsident Alfons Hörmann wollte eigentlich nur als Repräsentant für die Siegerehrung der Skispringerinnen fungieren, doch niemand an der Schanze konnte ihm den Weg in den Innenraum erklären. Kurzerhand sprang der 57-Jährige über die Zuschauertraversen und unterquerte noch ein Absperrband. Daran gehindert wurde er von niemandem. Sicherheitsleute waren nicht zu sehen.