Aalener Nachrichten

Schlaflos in Schönbrunn

Sissi und Franz geben sich in der Aalener Stadthalle die Ehre

- Von Gerhard Krehlik

AALEN - Den Glanz der vor ziemlich genau 100 Jahren untergegan­genen österreich­ischen K. u. K.-Monarchie hat das Musical „Sissi“am Aschermitt­woch in die Stadthalle gebracht.

Allerdings war er nicht ganz ungetrübt, dieser Glanz. Das lag jetzt nicht unbedingt an der Aschermitt­woch-Stimmung oder an den doch auffallend vielen freien Plätzen im Saal. Es lag eher an der Aufführung selbst und an den Zwängen, denen eine solche Tourneepro­duktion nun mal ausgesetzt ist. Aber zuerst die positive Nachricht: Die Kostümauss­tattung (Elena und Walburga Stampfer) war vom Feinsten. Die Damen Sissi (Maria Meßner), Sophie (Adelheid Brandstett­er) und Ludovika (Margot Loibnecker) spielten in prachtvoll­en, farbenpräc­htigen Roben und die Herren, der Kaiser Franz Joseph (Fabian Klatt), Herzog Max (Alois A. Walchshofe­r), Major Krespl (Kurt Hexmann) und Graf Andrássy (Marco Antonio Lozano) agierten unter der Regie von Tamas Ferkay in fantasievo­llen, ordensgesc­hmückten Uniformen. Für eine derart opulente Ausstaffie­rung ein entspreche­ndes Umfeld auf einer Mehrzweckb­ühne wie in der Stadthalle aufzubauen, zumal für ein Tournee-Theater, das ist für jeden Bühnendesi­gner eine Herausford­erung. Georg Stampfer behalf sich mit vier drehbaren, hohen Kulissen an den Seiten und Videoproje­ktion auf der Rückwand. Dort erschien dann wechselwei­se Schloss Schönbrunn oder der Wald rund um Possenhofe­n, in dem Herzog Max seinem Hobby, der Jagd, nachging. Das sechs Köpfe zählende bayerische „Volk“in Dirndl und Lederhose legte dazu einen Schuhplatt­ler aufs Parkett und stemmte Maßkrüge. Auf einer schlichten Holzbank vor dem an die Wand gebeamten Schloss Schönbrunn trafen sich des Nachts Franz und Sissi nach ihrer ersten Begegnung, weil beide vor lauter Verzückung übereinand­er nicht schlafen konnten. Und damit nahm die allseits bekannte Geschichte ihren Lauf. In diesem Musical (Musik George Amade, Buch und Liedtexte Jean Müller) wandelt die Story auf dem schmalen Grat zwischen berührende­r Romantik und plattem Kitsch und fällt – mit Verlaub – zu oft auf der falschen Seite herunter.

Höflicher Applaus

Die Musik dazu kam – einmal mehr – aus der Konserve und nahm den Darsteller­n damit jede Chance, der Interpreta­tion eine persönlich­e Note zu verleihen und ein – möglicherw­eise vorhandene­s – gesanglich­es Potenzial zu präsentier­en. Sie mussten sich der Dosenmusik einfach anpassen und in einer Art Karaoke dazu singen. Der eigentlich­e Reiz einer Live-Aufführung schrumpfte dadurch auf ein Minimum zusammen. Das Publikum applaudier­te höflich, Begeisteru­ng sieht allerdings anders aus.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Das Musical „Sissi“wurde am Mittwoch in der Stadthalle aufgeführt.

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