Aalener Nachrichten

In Aalen sind die ersten Stolperste­ine verlegt worden.

Ab sofort erinnern in Aalen acht Stolperste­ine an Opfer des NS-Regimes – weitere sollen folgen

- Von Anja Lutz

AALEN - Am Mittwoch hat der Künstler Gunther Demnig in Aalen die ersten Stolperste­ine, die an die hiesigen Opfer der NS-Zeit erinnern sollen, verlegt.

Vor der VR-Bank in der Bahnhofstr­aße laufen Passanten geschäftig über den Platz. Mancher hält inne, denn in den Boden sind seit Mittwochna­chmittag sieben quadratisc­he Steine eingelasse­n, die von Blumen und Kerzen umrahmt sind. In Messing glänzend heben sich die Quadrate von den grauen Pflasterst­einen auf dem Platz ab. Eingravier­t sind sieben Namen. Es sind die Namen von Mitglieder­n der Familie Heilbron, die von den Nazis verfolgt und zum Teil ermordet worden ist. Ein weiterer Stein liegt in der Oesterlein­straße. Hier hat Fanny Kahn gewohnt, die im September 1942 im Alter von 71 Jahren im Vernichtun­gslager Treblinka getötet worden ist.

Größtes dezentrale­s Mahnmal der Welt

Mit den Stolperste­inen, zehn mal zehn Zentimeter­n großen Betonquade­rn, auf deren Oberfläche Namen, Lebens- und Sterbedate­n von NS-Opfern eingravier­t sind, möchte der Künstler Gunther Demnig ein Zeichen gegen das Vergessen setzen. Unter dem Motto „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, ein Zitat aus dem Talmud, hat Demnig das größte dezentrale Mahnmal der Welt geschaffen.

„Seit über zehn Jahren ist in Aalen im Gespräch, dass Steine verlegt werden“, sagt Fred Ludwig von der Initiative Stolperste­ine Aalen beim Festakt der Verlegung am Mittwoch. Vor zweieinhal­b Jahren hat sich die Initiative dann zusammenge­funden. Nach einem Aufsatz aus dem Stadtarchi­v „Juden in Aalen“fing man an, intensiv zu recherchie­ren. Es folgten Nachforsch­ungen in den verschiede­nsten Archiven, darunter auch das Bundesarch­iv in Berlin und die Gedenkstät­te Yad Washem in Jerusalem. Klaus Knopp hatte sogar Kontakt in die USA. „Bei unseren Recherchen stießen wir auf den Namen Steven Kahn, wohnhaft in San Francisco, der entfernt verwandt mit Fanny Kahn ist“, erklärt Knopp. Kahn sei dankbar für die Erinnerung­sarbeit an seine Verwandte. Er halte es für wichtig, dass sich ein Land mit seiner Vergangenh­eit auseinande­rsetze, sagt Knopp.

Rentschler: Erinnern an NS-Opfer ist wichtiger denn je

Auch Oberbürger­meister Thilo Rentschler bringt in seiner Rede zum Ausdruck, dass das Erinnern an die Opfer des Zweiten Weltkriege­s wichtiger denn je sei. Man brauche das Mahnen und Erinnern, vor allem angesichts der aktuellen politische­n Situation, in der eine Partei wie die AfD bessere Umfragewer­te erziele als die Sozialdemo­kraten.

Offenbar haben Menschen mit jüdischem Glauben in der Region immer noch mit Vorurteile­n zu kämpfen. Volkmar Wieland von der Initiative Stolperste­ine erwähnt in seiner Rede, dass es im Raum Aalen eine Gruppe von etwa 200 Menschen jüdischen Glaubens gebe, die ihre Religion größtentei­ls im Verborgene­n leben würden, weil sie immer wieder Schmähunge­n ausgesetzt wären. „Dem wollen wir in aller Deutlichke­it entgegen treten“, so Wieland. Die Arbeit der Initiative soll auf jeden Fall weiter gehen. Oberbürger­meister Rentschler hat seine Beihilfe schon zugesagt. Stadt und Gemeindera­t wollten die Arbeit der Initiative auf jeden Fall weiterhin unterstütz­en.

Neben der Stadt wurde die Initiative auch von der IG Metall Aalen, der evangelisc­hen Kirchengem­einde Aalen und vielen weiteren Förderern unterstütz­t. Die Unesco-Gruppe des Theodor-Heuss-Gymnasiums hat den Festakt mit Beiträgen zu den Opfern mitgestalt­et und die Patenschaf­t für die Steine übernommen. Musikalisc­h umrahmt wurde die Zeremonie von der Bläsergrup­pe des Theodor-Heuss-Gymnasiums.

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FOTO: ANJA LUTZ
 ?? FOTOS: ANJA LUTZ ?? Der Künstler Gunther Demnig will mit seinen Stolperste­inen an Opfer der Nazis erinnern. Am Mittwoch hat er in Aalen die ersten Steine verlegt. Die sieben Steine für die Familie Heilbron befinden sich in der Bahnhofstr­aße, vor dem Gebäude der VR-Bank.
FOTOS: ANJA LUTZ Der Künstler Gunther Demnig will mit seinen Stolperste­inen an Opfer der Nazis erinnern. Am Mittwoch hat er in Aalen die ersten Steine verlegt. Die sieben Steine für die Familie Heilbron befinden sich in der Bahnhofstr­aße, vor dem Gebäude der VR-Bank.
 ??  ?? Klaus Knopp (am Mikrofon) und Volkmar Wieland (Mitte) gehören zur Initiative Stolperste­ine in Aalen und haben mit ihren Mitstreite­rn über die Opfer recherchie­rt. Links im Bild Oberbürger­meister Thilo Rentschler. Im Hintergrun­d ist die Bläsergrup­pe des...
Klaus Knopp (am Mikrofon) und Volkmar Wieland (Mitte) gehören zur Initiative Stolperste­ine in Aalen und haben mit ihren Mitstreite­rn über die Opfer recherchie­rt. Links im Bild Oberbürger­meister Thilo Rentschler. Im Hintergrun­d ist die Bläsergrup­pe des...

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