Bundestag debattiert über Werbeverbot für Abtreibung
Grüne, FDP und Linke wollen den Paragraphen am liebsten ganz abschaffen – CDU und Grüne suchen Kompromiss
BERLIN - Jahrelang ruhte die Diskussion über Abtreibungen, jetzt entflammt sie von neuem. Am Donnerstag debattiert der Bundestag, ob Ärzte straffrei über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen – das fordern die Grünen, die FDP und die Linke. Aktuell steht das aber unter Strafe.
Grundlage der Diskussionen ist der Paragraph 219a, der besagt, dass nicht für Schwangerschaftsabbrüche geworben werden darf. Darunter fallen nach gerichtlicher Entscheidung aber auch ärztliche Informationen über Abtreibungen. 6000 Euro muss die Gießener Ärztin Kristina Hänel zahlen, weil sie auf ihrer Webseite über Möglichkeiten der Abtreibung informiert und Abtreibung als Leistung angeboten hat. Das Amtsgericht Gießen hat sie dazu verurteilt.
Zahlreiche Verbände und Vereine zeigen sich entrüstet über dieses Urteil und fordern eine Aufhebung des Paragraphen. Am Donnerstag stellen die Grünen, die FDP und die Linke im Bundestag jeweils einen neuen Gesetzesentwurf vor, um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche zu streichen, beziehungsweise abzuschwächen.
„Wir wollen, dass der Paragraph aufgehoben wird“, sagt Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag. Es müsse Rechtssicherheit für Ärzte bestehen, damit den Frauen, die sich mit einer Abtreibung beschäftigen, alle Informationen zur Verfügung stehen. Die Befürchtung, dass Ärzte dann aktiv für Schwangerschaftsabbrüche werben, teile sie nicht. Das Berufs- und Standesrecht sowie das Heilmittelwerbegesetz würden dafür Sorge tragen.
Die CDU/CSU sieht jedoch keinen Grund für eine Streichung des Paragraphen. „Am Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche darf nicht gerüttelt werden“, erklärt Annette Widmann-Mauz (CDU). Für die Vorsitzende der Frauen Union aus Tübingen ist der Paragraph wichtig, um die Grundrechte des Ungeborenen zu wahren. Die betroffenen Frauen würden alle Informationen durch die Beratungsstellen erhalten, wo sie in geschütztem Raum beraten würden.
9661 Schwangerschaftsabbrüche wurden 2016 in Baden-Württemberg registriert. Wegen Paragraph 219a wurde im Südwesten aber noch kein Arzt angeklagt, zumindest wurde der Landesärztekammer noch kein Fall gemeldet.
Der Berufsverband der Frauenärzte sowie die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin sprechen sich gegen das Verbot aus: „Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Einrichtungen, die Abbrüche durchführen und darüber informieren, dürfen nicht weiter kriminalisiert werden.“
Die SPD-Fraktion hält sich noch mit Äußerungen zu dem Paragraphen zurück. Laut Fraktionsvorsitzender Eva Högl will die SPD weiter mit der CDU/CSU darüber beraten, bevor sie selbst einen Antrag einbringt. Denkbar ist eine Kompromisslösung.