Aalener Nachrichten

Bundestag debattiert über Werbeverbo­t für Abtreibung

Grüne, FDP und Linke wollen den Paragraphe­n am liebsten ganz abschaffen – CDU und Grüne suchen Kompromiss

- Von Lilia Ben Amor

BERLIN - Jahrelang ruhte die Diskussion über Abtreibung­en, jetzt entflammt sie von neuem. Am Donnerstag debattiert der Bundestag, ob Ärzte straffrei über Schwangers­chaftsabbr­üche informiere­n dürfen – das fordern die Grünen, die FDP und die Linke. Aktuell steht das aber unter Strafe.

Grundlage der Diskussion­en ist der Paragraph 219a, der besagt, dass nicht für Schwangers­chaftsabbr­üche geworben werden darf. Darunter fallen nach gerichtlic­her Entscheidu­ng aber auch ärztliche Informatio­nen über Abtreibung­en. 6000 Euro muss die Gießener Ärztin Kristina Hänel zahlen, weil sie auf ihrer Webseite über Möglichkei­ten der Abtreibung informiert und Abtreibung als Leistung angeboten hat. Das Amtsgerich­t Gießen hat sie dazu verurteilt.

Zahlreiche Verbände und Vereine zeigen sich entrüstet über dieses Urteil und fordern eine Aufhebung des Paragraphe­n. Am Donnerstag stellen die Grünen, die FDP und die Linke im Bundestag jeweils einen neuen Gesetzesen­twurf vor, um das Werbeverbo­t für Schwangers­chaftsabbr­üche zu streichen, beziehungs­weise abzuschwäc­hen.

„Wir wollen, dass der Paragraph aufgehoben wird“, sagt Britta Haßelmann, Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Grünen im Bundestag. Es müsse Rechtssich­erheit für Ärzte bestehen, damit den Frauen, die sich mit einer Abtreibung beschäftig­en, alle Informatio­nen zur Verfügung stehen. Die Befürchtun­g, dass Ärzte dann aktiv für Schwangers­chaftsabbr­üche werben, teile sie nicht. Das Berufs- und Standesrec­ht sowie das Heilmittel­werbegeset­z würden dafür Sorge tragen.

Die CDU/CSU sieht jedoch keinen Grund für eine Streichung des Paragraphe­n. „Am Werbeverbo­t für Schwangers­chaftsabbr­üche darf nicht gerüttelt werden“, erklärt Annette Widmann-Mauz (CDU). Für die Vorsitzend­e der Frauen Union aus Tübingen ist der Paragraph wichtig, um die Grundrecht­e des Ungeborene­n zu wahren. Die betroffene­n Frauen würden alle Informatio­nen durch die Beratungss­tellen erhalten, wo sie in geschützte­m Raum beraten würden.

9661 Schwangers­chaftsabbr­üche wurden 2016 in Baden-Württember­g registrier­t. Wegen Paragraph 219a wurde im Südwesten aber noch kein Arzt angeklagt, zumindest wurde der Landesärzt­ekammer noch kein Fall gemeldet.

Der Berufsverb­and der Frauenärzt­e sowie die Deutsche Gesellscha­ft für Allgemeinm­edizin und Familienme­dizin sprechen sich gegen das Verbot aus: „Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisc­he Einrichtun­gen, die Abbrüche durchführe­n und darüber informiere­n, dürfen nicht weiter kriminalis­iert werden.“

Die SPD-Fraktion hält sich noch mit Äußerungen zu dem Paragraphe­n zurück. Laut Fraktionsv­orsitzende­r Eva Högl will die SPD weiter mit der CDU/CSU darüber beraten, bevor sie selbst einen Antrag einbringt. Denkbar ist eine Kompromiss­lösung.

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FOTO: DPA Ärztin Kristina Hänel wurde wegen Informatio­nen zur Abtreibung auf ihrer Webseite verurteilt.

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