Aalener Nachrichten

Schüler aus Florida machen Druck auf Politik

Nach dem Highschool-Massaker fordern Jugendlich­e ein schärferes Waffenrech­t

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Julia Bishop sitzt in einem Reisebus, das Ziel ist Tallahasse­e, die Stadt, in der das politische Herz Floridas schlägt. Dort tagt das Parlament des „Sunshine State“, und Julia Bishop hat sich auf den Weg gemacht, um den Abgeordnet­en die Meinung zu sagen.

Es sind exakt hundert Schüler der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland, die nach Tallahasse­e gefahren sind, um Druck zu machen, nachdem ein 19-Jähriger vergangene Woche 14 Teenager und drei Lehrer erschossen hatte. Druck, damit sich endlich etwas bewegt im US-Waffendisk­urs, damit die Politik nach kurzem Intermezzo nicht wieder achselzuck­end zur Tagesordnu­ng übergeht, wie es stets der Fall war.

„Wenn sie nicht bereit sind, Kompromiss­e mit mir zu schließen oder mir wenigstens zuzuhören, den Leuten zuzuhören, die sie ja repräsenti­eren sollen, dann werde ich sie höflich nach ihrem Namen fragen. Und dann werde ich sagen, großartig, bei der nächsten Wahl werde ich nicht für sie stimmen“, sagt Julia Bishop entschloss­en. Mehr noch, schiebt die 18-Jährige hinterher, sie werde jeden in Parkland, jeden in Florida auffordern, diese Leute nicht zu wählen.

Bislang dauerte es nach einem Schusswaff­enmassaker in aller Regel nicht allzu lange, bis man in Washington wie in der Provinz wieder in den alten Trott verfiel. Doch die Vehemenz, mit der die Schüler aus Parkland im Fernsehen, auf Kundgebung­en und in sozialen Medien ihr Anliegen vertreten, hat Eindruck hinterlass­en. Der Schauspiel­er George Clooney und seine Frau Amal etwa spenden eine halbe Million Dollar, um am 24. März einen „Marsch für unsere Leben“in der US-Hauptstadt zu unterstütz­en. Auch Oprah Winfrey und Steven Spielberg erklären sich solidarisc­h. Am 14. März werden Schüler überall in Amerika vormittags um zehn Uhr ihre Klassenzim­mer verlassen, 17 Minuten lang, eine Minute für jedes Opfer der Gewaltorgi­e im Süden Floridas.

Minireform­en geplant

Unter dem Druck der Proteste sieht sich auch US-Präsident Donald Trump gezwungen, den Pfad des Nichtstuns zu verlassen. Zumindest kündigte er dies an. Der Präsident stellt erste Schritte in Aussicht. Zwar wären es nur Minireform­en, doch dass sie womöglich den Weg zu strikteren Waffengese­tzen ebnen, will auch die demokratis­che Opposition nicht völlig ausschließ­en. „Wir können nicht einfach Dinge beschließe­n, die uns das Gefühl geben, dass wir einen Unterschie­d machen. Wir müssen tatsächlic­h einen Unterschie­d machen“, sagte Trump, als er seinem Justizmini­ster Jeff Sessions vor laufenden Kameras den Auftrag gab, an neuen Direktiven zu feilen.

Zum einen sollen sogenannte „bump stocks“verboten werden, relativ billige Bauteile, die aus halbautoma­tischen Waffen de facto Maschineng­ewehre machen. Stephen Paddock, der im Oktober in Las Vegas 58 Menschen tötete, benutzte einen solchen Kolbenaufs­atz. Zum anderen setzt sich der Präsident für Paragrafen ein, die Pannen beim Umgang mit dem Zentralreg­ister für Waffenkund­e auf ein absolutes Minimum beschränke­n sollen. Theoretisc­h müssen Behörden Informatio­nen über Vorbestraf­te oder psychisch Kranke an das „National Instant Criminal Background Check System“(Nics) melden. In der Praxis funktionie­rt es nicht immer. Devin Kelley, der in einer Kirche in Texas 26 Menschen umbrachte, konnte legal Waffen erwerben, obwohl ihn die Luftwaffe wegen massiver mentaler Probleme entlassen hatte. Sein Fall hat die Nics-Datenbank nie erreicht.

Den meisten Demokraten geht das alles nicht weit genug, manche sprechen sogar von Feigenblat­t-Symbolik. Was sie verlangen, ist die Neuauflage eines Verbots von Sturmgeweh­ren, wie es schon einmal ein Jahrzehnt lang in Kraft war. 1994 unter Bill Clinton verfügt, lief es 2004 unter George W. Bush aus. Als es zu Wochenbegi­nn im Parlament Floridas zur Debatte stand, behielten die Bremser der republikan­ischen Mehrheit die Oberhand. Zumindest in Tallahasse­e wird es eine Diskussion über den Bann fürs Erste nicht geben.

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FOTO: DPA Die Schüler in Florida lassen nicht locker: Sie treten für eine Verschärfu­ng des Waffenrech­ts ein.

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